100 Tage Corona-Warn-App: Die wichtigsten Fragen

Der Verband Bitkom zum Beispiel lobt die Corona-Applikation. Sie soll bald neue Funktionen bekommen und in weiteren Ländern verfügbar sein.
von  Julia Sextl
Nähern sich zwei Handys mit der Corona-Warn-App, wird das via Bluetooth registriert.
Nähern sich zwei Handys mit der Corona-Warn-App, wird das via Bluetooth registriert. © Michael Kappeler/dpa

München - Die anfänglichen Pannen waren am Mittwoch (fast) vergessen: Die deutsche Corona-Warn-App ist 100 Tage alt geworden. Und zu diesem Anlass gab es durchaus App-laus.

Corona-App ist "internationales Vorzeigeprojekt"

Bitkom-Präsident Achim Berg etwa nannte die Anwendung, mit der Infektionsketten beobachtet werden sollen, "ein internationales Vorzeigeprojekt der deutschen Digitalwirtschaft". Für den Digitalverbands-Chef steht fest: "Es gibt einfach keinen Grund, die App nicht zu nutzen: Sie funktioniert, sie ist kostenlos und sie schützt die persönlichen Daten optimal."

Telekom-Chef Tim Höttges sagte am Mittwoch zum kleinen App-Jubiläum: "Ich habe gesagt, die App ist ein Rockstar, als wir sie verkündet haben. Wir haben mittlerweile genauso viele Follower wie die Rolling Stones, also vor dem Hintergrund sagen wir: Ja, wir sind ein Rockstar mit der App. Nichtsdestotrotz haben die Rockstars natürlich auch noch Schwächen."

Nutzer sollen App intensiver einsetzen

Der große Test wartet ohnehin noch auf die App, wenn im Herbst und im Winter die Zahlen wieder steigen könnten und sich dazu eine Grippewelle gesellt. Die Bundesregierung hat deswegen dazu aufgerufen, die Corona-Warn-App intensiver einzusetzen. "Bitte nutzen Sie dieses Werkzeug in der Pandemie", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei seiner Zwischenbilanz. Dazu gehöre, bei einem eigenen positiven Testergebnis seine Kontakte zu informieren. Bisher passiere dies nur in der Hälfte der Fälle.

Die deutsche Warn-App soll bald auch neue Funktionen bekommen und in zehn weiteren europäischen Ländern eingesetzt werden. Das kündigten die Hersteller SAP und Deutsche Telekom an. Die App werde künftig auch Krankheitssymptome abfragen, erklärte SAP-Technikchef Jürgen Müller. Die Eingabe sei freiwillig. Mit rund 18 Millionen Downloads wurde die App häufiger heruntergeladen als alle anderen Corona-Apps in Europa.


Die wichtigsten Fragen zur Corona-Warn-App

Wie funktioniert die Corona-Warnapp?

Die App ist vom Robert- Koch-Institut (RKI) herausgegeben worden mit dem Ziel, dass sich Smartphones erkennen, auf denen ebenfalls die App aktiviert ist und die in der Nähe sind. Die App speichert dann zufällige Bluetooth-IDs (Zufallscodes) für 14 Tage – sie merkt sich also die Begegnung. Diese verschlüsselten IDs erlauben übrigens keine Rückschlüsse auf den Handybesitzer oder dessen Standort.

Wie kann die App infizierte Personen – auch im Nachhinein – erkennen?

Indem die erkrankte Person, die die App ebenfalls nutzt, den Befund in die App eingegeben hat. Nachteil: Dadurch kann es zu zeitlichen Verzögerungen kommen, etwa wenn ein positiv Getesteter das Testergebnis nicht sofort in die App einträgt.

Was genau passiert, wenn eine Corona- positiv getestete Person ihren Befund in die App einträgt?

Es wird dann für jeden Tag der vergangenen zwei Wochen eine sogenannte Positivkennung hochgeladen. Diese wird nur für den Zeitraum von 14 Tagen angezeigt. Gab es beispielsweise eine Positivkennung für den 19. September, ist diese bis zum 3. Oktober sichtbar – danach erlischt sie. Die Positivkennungen lassen keine Rückschlüsse auf die Identität der positiv getesteten Person zu. Sie gleichen sich aber mit den gespeicherten Bluetooth-IDs der anderen App-Nutzer aus den letzten 14 Tagen ab – und schlagen bei Bedarf Alarm.

Nach welchen Kriterien werden mögliche Risiko-Begegnungen bewertet?

Die Bluetooth-Technik ermöglicht zwei Parameter: die Dauer einer Begegnung und die Distanz zwischen den Nutzern. Ein komplizierter Berechnungsschlüssel ergibt dann die Höhe des Risikos. Dabei fließen auch noch weitere Faktoren mit ein: Zum Beispiel, wie viele Tage seit der Begegnung vergangen sind oder ob es an einem Tag mehrere solche Begegnungen gegeben hat. Mitgeteilt werden dem Nutzer dann aber lediglich folgende Abstufungen: "niedriges Risiko", "erhöhtes Risiko" und "unbekanntes Risiko".

Wann werden Begegnungen als unbedenklich eingestuft?

Bei einer Dauer von weniger als zehn Minuten, egal, wie nah sich die Mobiltelefone dabei gekommen sind. Das gilt ebenso für Zusammentreffen, bei denen die Smartphones mehr als acht Meter voneinander entfernt waren.

Wann besteht ein "niedriges Risiko"?

Wenn Sie Personen begegnet sind, die zwar ein positives Corona-Testergebnis in ihre App eingetragen haben, das Messergebnis bei dem Zusammentreffen aber unter den definierten Schwellenwerten – also Dauer und/oder Abstand – lag.

Was ist zu tun, wenn die App eine "Begegnung mit niedrigem Risiko" anzeigt?

Im Prinzip hat das keine Konsequenzen für Sie – in dem Fall ist davon auszugehen, dass Sie keiner Gefährdung ausgesetzt waren. Die App will Sie jedoch dafür sensibilisieren, auf mögliche Krankheitssymptome zu achten: Falls Sie sich krank fühlen, gehen Sie zum Arzt, weisen Sie auf die Information aus der Warn-App hin – und lassen Sie sich gegebenenfalls testen

Was bedeutet es, wenn die App gleich mehrere "Begegnungen mit niedrigem Risiko" anzeigt?

Die App addiert die Risikobegegnungen. Sie zeigt aber nicht an, wann diese Begegnungen waren. Auch hier gilt: Sobald 14 Tage seit der jeweiligen Begegnung vergangen sind, verschwindet die Information wieder vom Handy. Hinweis: Bei manchen Geräten werden die Begegnungen rund drei Wochen lang angezeigt, dies hat jedoch technische Gründe.

Was bedeutet es, wenn die App eine "Begegnung mit erhöhtem Risiko" anzeigt?

Das bedeutet, dass Sie innerhalb der vergangenen 14 Tage eine Begegnung mit mindestens einer Coronapositiv getesteten Person hatten, der Sie nahe genug waren, um eine mögliche Infektion nicht mehr ausschließen zu können. Ein erhöhtes Risiko gilt ab einem Kontakt von mindestens 10 Minuten und bei einer Entfernung von unter 1,5 bis zwei Metern bekommt man eine warnende Push-Mitteilung, wenn man gerade eine "Begegnung mit hohem Risiko" hat? Wie schnell wird gewarnt? Es gibt keine Echtzeitwarnung durch die App. Das hat Datenschutzgründe, weil sonst möglicherweise die Identität der Corona-positiv getesteten Person nachvollzogen werden könnte. Sie werden aber von der App sofort informiert, sobald diese den sogenannten Risiko-Status aktualisiert und eine Risikobegegnung erkannt hat. Denn selbst wenn die Corona-Warnapp nicht geöffnet ist, läuft sie im Hintergrund weiter und aktualisiert die jeweiligen Daten. Diese Hintergrundaktualisierung geschieht normalerweise etwa alle 24 Stunden, die Uhrzeiten sind von Handy zu Handy unterschiedlich.

Was ist passiert, wenn die App beispielsweise an einem Dienstag eine Risikobegegnung anzeigt, diese einen Tag aber nicht mehr zu sehen ist?

Diese Konstellation kommt selten vor. Sie weist aber darauf hin, dass Sie offenbar eine Begegnung mit einem Infizierten hatten, die schon knapp zwei Wochen zurückliegt. Dass der Hinweis auf die Risikobegegnung am nächsten Tag verschwunden ist, liegt daran, dass die Positivkennung 14 Tage nach der Begegnung erlischt. Für die verspätete Warnung gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder hat die infizierte Person ihre Infektion erst jetzt in die App eingetragen (etwa, weil sie so lange gezögert hat oder weil sie erst jetzt ihr Testergebnis erfahren hat) – oder die automatische Hintergrundaktualisierung hat nicht funktioniert.

In welchen Fällen kann es Probleme bei der Hintergrundaktualisierung geben?

Im Juli war bekanntgeworden, dass bei iPhones die Aktualisierung vom Betriebssystem teils nicht aufgerufen wurde. Diese Probleme sollen aber mittlerweile behoben sein. Ist auf einem Smartphone jedoch der Stromsparmodus aktiviert, ist automatisch auch die Hintergrundaktualisierung deaktiviert. Achten Sie darauf, dass diese eingeschaltet ist, damit die App Sie warnen kann. Wer sichergehen will, dass die Aktualisierung auch wirklich stattfindet, kann dies ganz einfach aktiv auslösen: durch das Öffnen der App.

Was bedeutet es, wenn die App ein "unbekanntes Risiko" anzeigt?

Diese Benachrichtigung taucht nur kurz nach der Installation der App auf: Wenn die Risiko- Ermittlung noch nicht lange genug aktiviert war und deshalb zu diesem Zeitpunkt kein Infektionsrisiko berechnet werden konnte. Spätestens nach 24 Stunden schaltet die Statusanzeige dann von "unbekannt" auf "niedrig" oder "erhöht" um.

Wo liegen die Schwächen der App?

Es wird beispielsweise nicht erfasst, ob bei der Begegnung mit einem Infizierten ein Mund-Nasen-Schutz getragen wurde oder ob diese im Freien oder in einem Raum stattfand – was bei der Übertragung durch Aerosole durchaus eine Rolle spielt. Dass die Hintergrundaktualisierung nur alle 24 Stunden stattfindet, kann zu Verzögerung bei der Information führen.

Welche Voraussetzungen sind für die Nutzung der App nötig?

Die App läuft auf iOS-Smartphones ab dem iPhone 6s unter iOS 13.5, bei Android-basierten Smartphones ab Android 6. Wer die App schon länger auf dem Handy hat, sollte von Zeit zu Zeit kontrollieren, ob es ein Update der Corona-Warn-App gibt – und dieses gegebenenfalls installieren.

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