Zwischen Marienplatz und Stachus: Münchens gute Stube

München - Eine der ältesten Straßen Münchens, beginnend am Marienplatz, ist die Kaufingerstraße, die in der Verlängerung Richtung Stachus zur Neuhauser Straße wird und heute zu den wichtigsten Einkaufsstraßen Münchens gehört. Sozusagen die Verlängerung von Münchens guter Stube. Vielen sind die beiden Straßennamen kaum noch geläufig – deren richtige Schreibweise ebenso wenig. Sie sprechen ohnehin bloß von der Fußgängerzone – oder auch von der „Fuzo“, die nur rund 900 Meter lang ist.
Bis auf wenige Ausnahmen haben sich in der Zone Geschäfte und Ketten angesiedelt, die es in jeder Großstadt gibt. Das Angebot – leider kaum noch individuell. Dazwischen allerdings, als Besonderheit, einige Gebäude, die man in einer Einkaufsfußgängerzone eher nicht vermutet.
Als die Straße ein einziger Konzertsaal war
Da ist die Michaelskirche, das Jagd- und Fischereimuseum oder die Bürgersaalkirche. Als ich unterwegs war, um die Aufnahmen zu machen, fielen mir die 80er ein. Abends war die Straße damals ein einziger Konzertsaal. Alle 100 Meter spielte ein anderer Musiker. Mit Kreide wurde die Bühne, natürlich "Stage" genannt, auf den Boden gemalt und das zahlreiche Publikum durfte sich drumherum aufstellen. Ich erinnere mich an Andi, der meist einen zweiten Musiker dabei hatte, und seinen Lederrucksack, der abends in der Regel voller Kleingeld klimperte. Meist spielten die beiden Musiker einen Song zusammen, danach nur noch einer, während der Andere das Geld einsammelte. Kaum ein Zuhörer, der sich ohne zu zahlen verdrückt hat.
Da war der selbst ernannte "schönste Schotte Schottlands", der freilich immer wieder relativierend versicherte, dass Schottland aber eben auch ein kleines Land sei, der mit seinem Zylinder gleich immer die ganze Frisur mit lüftete, denn eigentlich hatte er keine Haare mehr. Seine Rockmusik war aber sehr gut. So lebte die Fußgängerzone auch abends nach Geschäftsschluss noch lange, und ich denke, die Künstler der Straße haben damals gutes Geld gemacht.
Heute abend spielte ein einsamer Cellist in einer kleinen Passage, klavierbegleitet von einem kleinen CD-Player. Und ein Stück weiter dröhnte stundenlang die Stimme eines selbst ernannten Predigers wie eine hängende Schallplatte: "Ich habe meine Frau geschlagen, ich habe meine Frau betrogen – und heute: Vergebung! Werden wir alle gerettet." Die Frau wird’s freuen.
Vielleicht war ich am falschen Abend da, vielleicht gibt’s noch ab und zu legendäre Fußgängerzonenauftritte. Aber sie scheinen selten geworden zu sein. Schad drum.