Zweiter Teil des AZ-Interviews mit Focus-Gründer Helmut Markwort

Teil zwei des Interviews mit "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort zu seinem 80. Geburtstag. Er spricht über den Rechtsruck, die AfD und eine Bundes-CSU.
von  Clemens Hagen
Einer der bekanntesten deutschen Medienmänner: Helmut Markwort an seinem Schreibtisch im Burda-Haus in Bogenhausen.
Einer der bekanntesten deutschen Medienmänner: Helmut Markwort an seinem Schreibtisch im Burda-Haus in Bogenhausen. © Viviane Simon/API

München - Das Geburtstagskind feierte am Donnerstag 80. Geburtstag. Vorab hat der berühmte Blattmacher und Medien-Geschäftsmann der AZ ein Interview gegeben. Im zweiten Teil äußert er sich zur aktuellen Politik.

Herr Markwort, vor wenigen Tagen hat Österreich einen neuen – grünen – Bundespräsidenten gewählt. Und Italien einen alten – sozialdemokratischen – Ministerpräsidenten aus dem Amt gejagt. Überrascht?
HELMUT MARKWORT: Italien ist natürlich der Hammer und viel schwerwiegender als Österreich. Die Situation dort betrifft direkt die Finanzen der EU und damit den deutschen Steuerzahler. Italien ist die drittgrößte und höchstverschuldete Volkswirtschaft Europas. Für Griechenland ist ja ein Rettungsschirm entwickelt worden, was schwer genug war, für Italien ist ein solcher nicht in Sicht. Die Schulden gehen in die Billionen. Das Worte Bancarotta stammt ja auch aus dem Italienischen.

Und Österreich?
Der Rechtsruck in Europa ist unverkennbar. Man kann es in Österreich ja auch so sehen: Der FPÖ-Kandidat Hofer hat 46 Prozent der Stimmen geholt – fast die Hälfte. Das Entscheidende an der österreichischen Wahl ist ja, dass die Mitte überhaupt nicht vertreten war. Die SPÖ und ÖVP hatten keinen Kandidaten im Rennen. Im Finale kämpften eine grüne Randfigur und eine rechte Randfigur.

Wie gefährlich ist die neue Rechte in Europa?
Ich rege mich darüber auf, dass alles, was rechts ist, negativ dargestellt, ja regelrecht verdammt wird. Ich bin ein Rechtsliberaler. In Deutschland ist das Wort rechts ein Kampfwort. Frau Merkel hat rechts von der Mitte ein Riesenloch gelassen. Wie Meinungsforscher herausgefunden haben, wird die CDU von den Bürgern als links von der Mitte wahrgenommen. Rechts ist nichts, nur die CSU. In diese Lücke gehen natürlich rechte Parteien rein.

Wird die CSU ihre eigenständigen Ansichten in Sachen Flüchtlingspolitik halten können? Oder wird sie auf kurz oder lang auf CDU-Linie einschwenken müssen?
Höchstens nach der Bundestagswahl, wenn es in Koalitionsverhandlungen geht. Dann ist die Frage, wie stark die CSU sein wird. Die CSU ist eine eigenständige Partei und hat diese Eigenständigkeit in den letzten Monaten stark dokumentiert. Ich gehe mal davon aus, dass wir wieder eine Große Koalition kriegen.

Wenn sieben Parteien in den Bundestag einziehen, was mir bei der AfD sicher erscheint und bei der FDP wünschenswert, dann wird es für Schwarz/Grün nicht reichen, da kann die Merkel so viel träumen, wie sie will. Und in einer Großen Koalition könnte es nach meiner Einschätzung so sein, dass die CSU stärker und die CDU schwächer wird. Dann wird die CSU mehr von ihren konservativen Standpunkten – Stichwort Obergrenze – durchsetzen können. Diese vor der Wahl aufzugeben, wäre geradezu töricht.


Geburtstagskind Helmut Markwort im Gespräch mit AZ-Redakteur Clemens Hagen.     Foto: Agency People Image/Viviane Simon

Was halten Sie von der Idee einer bundesweiten CSU?
Der "Focus" hat dazu eine große Untersuchung gemacht, wonach die CSU auf doppelt so viele Abgeordnete käme, wenn sie bundesweit antreten würde. Aber sie tut es nicht, weil es in Bayern viele kleine Landräte und Bürgermeister gibt, die um ihre Mehrheit zittern müssten, falls es auch noch einen CDU-Kandidaten gäbe. Ich halte das für einen strategischen Fehler. Aber mir haben führende CSU-Politiker gesagt, dass sie auch vor dem ganzen Gschwerl Angst haben, das käme, wenn man bundesweit eine neue Partei gründen würde.

Wie gefährlich ist die AfD?

Die Partei hat die klassischen Geburtswehen einer neuen Partei. Da sind Leute eingetreten, die andere Ansichten haben als die Gründer der Partei. Die spannende Frage ist: Wer setzt sich durch? In der AfD sind Leute, die lange in der SPD oder CDU hoch angesehene Politiker waren. Die Dämonisierung der AfD verstehe ich nicht. Der Alexander Gauland ist ein aufrechter Demokrat, der 40 Jahre lang in der CDU war, zum Beispiel als Kabinettschef in Hessen unter dem damaligen Ministerpräsidenten Walter Wallmann. Man müsste mal untersuchen, wie viele führende Köpfe aus dem konservativen Milieu inzwischen in der AfD sind. Die fühlen sich von Bundeskanzlerin Angela Merkel vernachlässigt.

Wie viel Prozent holt die AfD bei der Bundestagswahl?
Das führt zu der Frage, wie aufgebläht der nächste Bundestag sein wird. Wenn man den Meinungsforschern glaubt, wird die AfD so zehn bis zwölf Prozent holen. Dann könnten um die 70 AfD-Abgeordnete im Bundestag sitzen.

Thema Flüchtlingspolitik. Die Vorgänge zu Silvester in Köln jähren sich bald, und jetzt sorgt der Mord an einer jungen Medizinstudentin in Freiburg, der aller Wahrscheinlichkeit nach von einem afghanischen Flüchtling begangen wurde, für Schlagzeilen.
Was Freiburg betrifft, da lesen wir geradezu phrasenhaft, dass nun kein Generalverdacht gegenüber Flüchtlingen entstehen dürfe. Aber wer hegt den denn? Ich finde es verrückt, dass die Tagesschau über diesen Fall überhaupt nicht berichtet hat. Ich habe jetzt eine Erklärung von der ARD, dass es sich um ein regionales Ereignis handelt. Danach dürfte man über überhaupt keinen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim mehr berichten, weil die immer ein regionales Ereignis sind. Dahinter steckt wohl die Überlegung, dass man keine Animositäten gegenüber Ausländern schüren dürfe. Die regionale Begründung ist nur vorgeschoben.

Verstehen Sie das Vorgehen der ARD?
Ich glaube nicht, dass die Masse der Leute Ausländer unter Generalverdacht stellt. Die gehen alle zum Italiener, zum Griechen, kaufen Gemüse beim Türken.

Ist Freiburg da ein Einzelfall?
Nein, keineswegs. In Hameln, wo so ein widerlicher Mensch seine Frau ans Auto gebunden und durch die Stadt geschleift hat, habe ich erst beim Studium des dritten Mediums den Hinweis gefunden, dass der Täter zwar ein Deutscher ist, aber ein gebürtiger Kurde. Wenn die Herkunft eines Täters verschwiegen wird, schürt das Misstrauen gegenüber Medien. In der Gegend, wo ich wohne, wird oft eingebrochen. Leider. Da sagen sie bei der Polizei, das waren wieder rumänische Banden oder georgische oder ukrainische, im Wirtshaus genauso. Im Straßenfunk weiß das auch jeder. Wenn dann in den Zeitungen nichts über die Ethnien steht, ist das nicht gut für die Glaubhaftigkeit.

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