Zweite Stammstrecke spaltet den Stadtrat

Hitzige Debatte um die Bau-Vorarbeiten am Marienhof. Bevor die Großbaustelle kommt, graben Archäologen acht Monate lang.
München - So richtig mit großer Begeisterung war niemand dabei, als der Stadtrat gestern den Bau-Vorarbeiten auf dem Marienhof für die zweite Stammstrecke zustimmen sollte: Es steht nicht einmal fest, ob die Röhre wirklich bezahlt und gebaut wird. Das machte es dem Stadtrat noch schwieriger, zu entscheiden. Er ist zerrissen, auch wenn es am Ende eine Mehrheit für die Bauvorbereitung gab. Dagegen waren: drei von elf Grünen, vier von fünf FDP’lern, zwei CSU’ler, Linke, Freie Wähler, Bayernpartei und ÖDP.
Die Sachlage: Von den drei Bauabschnitten für die sieben Kilometer lange Röhre gibt es erst für den Mittelteil vom Hauptbahnhof bis zur Isar einen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss. Für diesen Mittelteil geht es nur noch um die Beeinträchtigungen durch die Baustelle – um den Lärmschutz während der Vorarbeiten. Zum Lärmschutz ist das letzte Gerichts-Wort noch nicht gesprochen.
Was geschieht jetzt? Bevor die Hauptarbeiten beginnen (dafür wird nächstes Jahr eine große Baugrube am Marienhof ausgehoben), müssen nach dem Gesetz erst die Archäologen graben. Bei früheren Arbeiten am Marienhof wurden erst 30 Prozent der Fläche untersucht.
Wie geht es weiter? Am Donnerstag wird der Marienhof vermessen, Freitag und Montag soll die Baustelle eingerichtet werden. Danach werden nach Angaben der Bahn schrittweise 10000 Kubikmeter Boden abgetragen. In den Spitzentagen fahren dann sechs bis sieben Lkw pro Tag (über Sparkassenstraße, Maximilianstraße oder Promenadeplatz). Die 38 Bäume werden erst in etwa sechs Wochen ausgegraben und in eine städtische Baumschule verpflanzt: Dann ist die Austriebszeit vorbei. Die Bahn wollte sie erst alle fällen. Doch diesen Kahlschlag hinterm Rathaus hat der Stadtrat verhindert. Die Grabungen dauern sechs bis acht Monate.
Mit den Bauarbeiten am Marienhof soll erst nächstes Jahr begonnen werden. Vorausgesetzt, der Bund beteiligt sich an der Finanzierung und die zweite Stammstrecke kann auch gebaut werden.
Bringt es die zweite Stammstrecke wirklich? „Es wird nur läppische drei Fahrten mehr in einer Stunde geben“, kritisiert Grünen-Stadträtin Sabine Nallinger. Dann fahren 33 statt heute 30 Züge pro Stunde durch die Tunnel (21 in der alten Röhre). Das sei „nur das Startkonzept“. so Hans-Peter Göttler, Chefplaner des Wirtschaftsministeriums. Durch die Stammstrecke sollen auch Regionalzüge fahren – wenn sie das Format der S-Bahn haben.
Der Stadtrat hat seine Zusage an viele Bedingungen geknüpft. Die wichtigsten: Sie verlangen einen verbindlichen Zeitplan für den Bau. Und: Die Münchner sollen sofort besser informiert werden. Am Marienhof wird ein Infocontainer aufgestellt.