Zwei tote Junkies: Arzt war zu acht Jahren Haft verurteilt
München/Augsburg Deutschlands Ärzte schauen nach München. Hier läuft seit gestern am Landgericht ein wegweisender Prozess in einer medizinisch-juristischen Grauzone: Einem Augsburger Substitutionsarzt (Mediziner, der Drogenabhängige mit Ersatzstoffen behandelt) wird vorgeworfen, ohne Untersuchung und Therapieplan zwei Junkies im Alter von 30 und 45 Jahren Fetanyl-Pflaster verschrieben zu haben.
Die beiden Drogenabhängigen kochten das starke Schmerzmittel aus und spritzten sich die Flüssigkeit – und starben an einer Überdosis. Das Landgericht Augsburg verurteilte Peter T. (63, Name geändert) wegen Körperverletzungen mit Todesfolge zu acht Jahren Gefängnis.
Ein Fehlurteil, sagte der Bundesgerichtshof. Die Eigenverantwortlichkeit der Süchtigen sei von den Augsburger Richtern nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Karlsruher Richter verwiesen den Fall zur Neuverhandlung ans Münchner Landgericht.
Lesen Sie auch: Drogenarzt muss vor Gericht
„Ich habe nie damit gerechnet, dass die beiden die Fetanyl-Pflaster missbrauchen. Ich wusste gar nicht wie Drogenpatienten das machen“, verteidigte sich Peter T. gestern vor dem Schwurgericht. Bei seinen Patienten sähe das aber anders aus: „Die beiden wussten genau was sie tun und kannten das Risiko.“
Er selber sei keineswegs der erfahrene Substitutionsarzt, den das Landgericht Augsburg in ihm gesehen habe. Als er 1999 die Augsburger Praxis übernahm war die weitere Behandlung von Substitutionspatienten eine Bedingung seines Vorgängers gewesen.
Fällt der Totschlagsvorwurf der Anklage weg – so wie Verteidiger Adam Ahmed das glaubt – bliebe allerdings immer noch der Vorwurf der Beihilfe zum Drogenhandel. Peter T. hatte einem Rollstuhlfahrer über Jahre Methadon-Rezepte in rauen Mengen ausgeschrieben. Insgesamt 599 Rezepte, die dem Mediziner laut Anklage über 20000 Euro einbrachten.
Der Schmerzpatient verwendete das Schmerzmittel aber nicht nur für sich, sondern handelte rege mit dem Stoff. Dafür kassierte er eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Auch in diesem Fall sei er ahnungslos gewesen, gab Peter T. gestern an. Sobald er von dem Verdacht hörte, habe er seinen Sprechstundenhilfen untersagt, weitere Rezepte für den Mann auszustellen.
Der Prozess wird fortgesetzt.
- Themen:
- Bundesgerichtshof
- Landgericht München