Zwei Maß kosten 0,3 Prozent

Becksteins Bier-Rede und die Folgen: Wahlforscher prognostizieren, die Zwei-Maß-Theorie könnte die CSU rund 0,3 Prozent Stimmen kosten. Auf der Wiesn drohen dem Ministerpräsidenten ohnehin Pfiffe. Und zu allem Übel gehen jetzt auch vermeintliche Parteifreunde auf Distanz.
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Augen zu und durch? Becksteins Aussage, nach zwei Maß könne man noch Auto fahren schlägt gewaltige Wellen und könnte sich zu einem größen Schaden bei der Landtagswahl auswachsen.
AP Augen zu und durch? Becksteins Aussage, nach zwei Maß könne man noch Auto fahren schlägt gewaltige Wellen und könnte sich zu einem größen Schaden bei der Landtagswahl auswachsen.

MÜNCHEN - Becksteins Bier-Rede und die Folgen: Wahlforscher prognostizieren, die Zwei-Maß-Theorie könnte die CSU rund 0,3 Prozent Stimmen kosten. Auf der Wiesn drohen dem Ministerpräsidenten ohnehin Pfiffe. Und zu allem Übel gehen jetzt auch vermeintliche Parteifreunde auf Distanz.

Was zwei Maß Bier doch so alles bewirken können. Günther Beckstein (CSU) kommt aus der Katerstimmung nach seiner Bier-Rede im Erdinger Weißbräuzelt jedenfalls nicht mehr so recht heraus. Nach der harschen Kritik, die er sich am Dienstag von der Bundesregierung, der Polizei und Opposition gefallen lassen musste, prophezeien nun auch die Wahl- und Parteienforscher dem Bayerischen Ministerpräsidenten Schlimmes: „Solche Aussagen passen zum Chaos, das in der CSU ausgebrochen ist“, sagt der Tübinger Parteienforscher Josef Schmid – und prognostiziert: „Bis zu 0,3 Prozent könnten Beckstein die zwei Maß bei der Wahl kosten.“ Das sind rund 15000 Stimmen.

Rund 20 Prozent der Wahlberechtigten wissen noch nicht, für wen sie am 28. September ihr Kreuz machen sollen. „Gerade sie reagieren sehr empfindlich auf solche Sätze“, so Schmid. Die Gefahr, dass die Partei einen oder sogar zwei Stimmen im neuen Landtag verliere, sei deshalb hoch.

So sieht’s auch Michael Weigl vom Centrum für angewandte Politikforschung in München: „Becksteins Äußerungen sind unglücklich, weil sie den Ministerpräsidenten angreifbar machen.“ Sein Gesamtbild werde dadurch angekratzt. Und auch der Passauer CSU-Experte Heinrich Oberreuter ist sich sicher: „Vor allem bei Wählern, die sich politisch nicht so auskennen, kann eine solche Aussage Persönlichkeitsbilder formen, die auf das Wahlergebnis Auswirkungen haben können.“

Wohl auch deshalb hat Beckstein seine Aussagen vollends zurückgenommen: „Alkohol und Fahren verträgt sich nicht. Wer fährt, trinkt am besten gar nichts“, sagte er und ging am Morgen in Nürnberg sogar zum Gegenangriff über. Der Ministerpräsident warf der SPD und den Grünen einen „schmutzigen Wahlkampf“ vor. Aussagen von ihm seien verdreht worden.

Allerdings gehen auch vermeintliche Parteifreunde auf Distanz zu Beckstein: „Ich trinke eigentlich privat nur Milch“, sagte CSU-Vize Horst Seehofer, der betonte, dass die meisten Besucher von der Wiesn mit öffentlichen Verkehrsmittel nach Hause fahren: „Das ist Lebensfreude, verbunden mit Verantwortung.“ Ob das die Wiesn-Gänger im Schottenhamel genauso sehen? Schon gestern prophezeiten langjährige Stammgäste dem Ministerpräsidenten bei seinem ersten Wiesn-Einzug am Samstag einen unangenehmen Empfang: „Er wird viele Pfiffe einstecken müssen“, sagt Carolin Mayer, die seit zehn Jahren einen Platz in der Brauerei-Box hat: „Beckstein sollte sich am Samstag warm anziehen.“

Vor allem seine Äußerungen zum Rauchverbot, aber auch die Diskussion um die Tracht seiner Frau Marga, dürfte vielen Gästen nicht gefallen haben: „Ich gehe deshalb von verhaltenem Jubel mit spürbaren Gegenlauten aus“, sagt Ex-Moderator Gerhard Schmitt-Thiel, der seit 1982 einen Tisch in der Nähe der Anzapfbox hat. Deshalb appellierte Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl an die Gäste, politische Auseinandersetzungen nicht im Bierzelt auszutragen: „Ich hoffe, dass die Besucher das Gesetz der Gastfreundschaft achten werden.“

Immerhin kann sich Beckstein der Unterstützung des Vereins gegen betrügerisches Einschenken sicher sein: „Wir finden es respektabel, dass der Ministerpräsident den Mut hat, deutlich auszusprechen, dass die Maßkrüge schlecht eingeschänkt sind“, sagte Präsident Jan-Ulrich Bittlinger und bot Beckstein eine Mitgliedschaft an: „Er ist bei uns immer herzlich willkommen.“

Daniel Aschoff

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