Zwei Drittel der Müller-Angestellten stehen auf der Straße
Ostendorf rettet Müller-Brot. Aber von den bislang 1.080 Angestellten übernimmt er nur 400. Der Rest ist ab Montag arbeitslos. Für den Insolvenzverwalter: ein Erfolg, für die Gewerkschaft: eine Katastrophe.
Neufahrn - Die Rettung der nach einem Hygieneskandal insolventen Großbäckerei Müller-Brot kostet zwei Drittel der Jobs bei dem oberbayerischen Unternehmen. Eine Gruppe um den bisherigen Geschäftsführer und Mehrheitseigner Klaus Ostendorf übernimmt die Fabrik in Neufahrn, die Marken-, Lizenz- und Patentrechte sowie 151 der 230 Filialen, wie der Insolvenzverwalter am Donnerstag mitteilte. Allerdings werden nur 400 von 1.080 Angestellten übernommen. Alle anderen würden umgehend freigestellt, hieß es.
Die schärfsten Einschnitte sind in der Produktion geplant. Dort bleiben nur 80 bis 90 Mitarbeiter. Wenn das Kundenvertrauen wieder da sei, könne diese Zahl wieder aufgestockt werden, sagte Ampferl.
Von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten kam scharfe Kritik am Stellenabbau. Das sei „eine Katastrophe“, sagte Gewerkschaftsvertreter Mustafa Öz. „Ich weiß nicht, ob man von einer Rettung von Müller-Brot sprechen kann, wenn derjenige, der die Misere verursacht hat, das Unternehmen wieder kauft, nachdem zuvor mit öffentlichen Mitteln die Anlagen gereinigt und saniert wurden, die er zuvor selbst so lange vernachlässigt hat.“
Die Mitarbeiter, die nicht übernommen würden, seien ab Montag freigestellt, sagte Öz. Sie bekämen dann Arbeitslosengeld. Auch hier werde wieder die öffentliche Hand zur Kasse gebeten, kritisierte er.
Nach der Betriebsversammlung, auf der sie am Donnerstag informiert wurden, standen viele Mitarbeiter mit Tränen in den Augen und vor Wut zitternden Händen vor dem Gelände in Neufahrn. Viele zeigten sich empört, dass derjenige, der in ihren Augen den Betrieb, zugrunde gerichtet hatte, nun auch der neue Eigentümer werde. „Er hat uns Millionen geklaut und jetzt bekommt er den Betrieb. Die Lügner und Betrüger dürfen weitermachen“, sagte eine langjährige Mitarbeiterin. Eine andere bezeichnete Ostendorf als „Heuschrecke“. Aber auch der Betriebsrat stand in der Kritik, weil er die jetzige Lösung mitgetragen habe. Vor Beginn der Betriebsversammlung war der Betriebsratsvorsitzende deswegen sogar mit Eiern beworfen worden.
Insolvenzverwalter Hubert Ampferl wertete den Verkauf dagegen als Rettung von Müller-Brot. „Angesichts der äußerst schwierigen Umstände hätte es weit schlimmer kommen können“, sagte er zum geplanten Arbeitsplatzabbau. „Insgesamt freue ich mich, dass es gelungen ist, einige hundert Arbeitsplätze und das Unternehmen zu erhalten.“ Der Verkauf sei ein Erfolg. „Schließlich hatte zuletzt kaum noch jemand daran geglaubt, dass eine Rettung möglich wäre.“ Wegen des Stellenabbaus hat der Insolvenzverwalter bereits Gespräche mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufgenommen.
Nachdem die Gesundheitsbehörden jüngst einen Neustart der Produktion verweigert hätten, habe es nur noch zwei Interessenten für das Unternehmen gegeben, erklärte Ampferl. Der Gläubigerausschuss habe sich schließlich für die Gruppe um Ostendorf entschieden. Der Kaufvertrag solle in Kürze geschlossen werden und bereits zum 1. April wirken. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
Die neuen Eigner wollen sich laut Ampferl schnellstmöglich um die Genehmigung für einen Neustart der Produktion bemühen.
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