Zum Bier wird weiter gequalmt
Neue Umfrage: Mehr als ein Drittel aller Gastbetriebe in Bayern lässt die Gäste rauchen. Nur 65,3 Prozent der Gaststätten seien derzeit noch rauchfrei, berichtet der Verein Pro Rauchfrei.
MÜNCHEN Undercover für den Nichtraucherschutz: Mehr als 50 Interviewer haben sich im April und Mai am Telefon als potentielle Gäste ausgegeben und in bayerischen Gastronomiebetrieben nachgefragt, ob sie dort rauchen dürfen. Insgesamt 7245 Gastbetriebe sind so überprüft worden. Das Ergebnis: Die Raucher gewinnen wieder die Oberhand.
Nur 65,3 Prozent der Gaststätten seien derzeit noch rauchfrei, berichtet der Verein Pro Rauchfrei. Die übrigen 35 Prozent der Betreiber hätten ihre Gaststätte entweder offiziell als Raucherlokal deklariert, ließen blauen Dunst in Hinterzimmern zu oder missachteten einfach die gesetzliche Nichtraucherregelung.
Der Verein sieht mit dem Umfrageergebnis die Angaben von Ordnungsbehörden und der Raucherlobby widerlegt, wonach rund 90 Prozent der bayerischen Lokale rauchfrei sind. „Das mag vielleicht kurz nach der Aufweichung des früheren Gesundheitsschutzgesetzes der CSU im Jahr 2008 der Fall gewesen sein“, sagt Pro-Rauchfrei-Vorstandsvorsitzender Siegfried Ermer. „Inzwischen wird aber bereits wieder in vielen Gaststätten die Atemluft mit Schadstoffen aus dem Tabakrauch kontaminiert.“
Gerade in ländlichen Regionen nehmen es die Wirte mit dem Rauchverbot demnach nicht so genau. Während in mittelgroßen und großen Städten in rund einem Drittel der Lokale blauer Dunst erlaubt sei, liege dieser Anteil in Dorfwirtschaften bei 40 Prozent.
Bars und Kneipen sind im Freistaat meistens fest in Raucherhand. Nur 23 Prozent der sogenannten getränkegeprägten Lokale haben den Nikotin-Dunst verbannt. Mit der Veröffentlichung der Umfrage untermauern die Befürworter eines ausnahmslosen Rauchverbots wenige Tage vor dem Volksentscheid am 4. Juli nochmal, für wie dringlich sie ihr Anliegen halten.
Gleichzeitig erklärte die FDP gestern den kommenden Samstag zum „FDP-Aktionstag“ gegen ein totales Rauchverbot. Als Slogan gaben die jungen Liberalen aus: „Mach den Staat nicht zum Türsteher!“ Thomas Hacker, FDP-Fraktionschef im Landtag: „Bayern hat eine effektive Nichtraucherschutzregelung, die sich bewährt hat.“ Restaurants, öffentliche Gebäude und Einrichtungen, zu denen Kinder und Jugendliche Zutritt haben, seien rauchfrei.
Eine kleine Panne ist beim Druck der Münchner Wahlbenachrichtigungen für den Volksentscheid passiert. Auf der Rückseite fehlen Kästchen. Dort markieren die Bürger normalerweise, wohin sie ihre Briefwahlunterlagen geschickt bekommen möchten – oder ob sie diese abholen. „Das ist natürlich ein bedauerliches Versehen“, heißt es dazu beim KVR. „Aber die Gültigkeit des Volksentscheids ist davon nicht betroffen.“ lj