Zu viele Autos: Das Gehwegparker-Ärgernis

München - Zum Beispiel die Tuttlinger Straße, eine kleine Seitenstraße zur Fürstenrieder hinterm Laimer Platz. Schmale 5,40 Meter breit ist sie, und eigentlich sind hier keine Parkplätze vorgesehen. Trotzdem: Links und rechts ist die Straße von vorne bis hinten vollgeparkt, jeweils an die 25 Autos in einer Reihe, jedes zur Hälfte auf dem Gehsteig.
Zu wenig Platz kann sogar lebensgefährlich werden
Sonja Haider packt ihren Meterstab aus dem Rucksack, schiebt sich zwischen ein Auto und die Thujahecke des angrenzenden Grundstücks. "Schauen Sie mal, da bleiben auf dem Gehweg gerade mal 70 Zentimeter, um als Fußgänger durchzukommen", sagt die ÖDP-Stadträtin, und man sieht ihr den Grant an.
Kinderwagen und Rollatoren seien schon 60 Zentimeter breit, Rollstühle sogar 70. Das KVR empfehle eine minimale Durchgangsbreite von 1,60 Meter, damit Kinder radfahren und Menschen auch aneinander vorbeigehen können.

Der Fußgängerverein "Fuss" will sogar 2,50 Meter. "Das ist zu eng hier", sagt Haider, "und wenn man auf die Straße ausweichen muss, im schlimmsten Fall sogar lebensgefährlich."
Parken auf dem Gehweg ist verboten - aber Strafzettel verteilt keiner
Doppelt ärgerlich für die ÖDP-Frau, die seit drei Jahren kein Auto mehr hat: Parken auf dem Gehweg ist laut Straßenverkehrsordnung verboten. Kämen Knöllchenschreiber vorbei, würden die Autofahrer ab einer Stunde Parkdauer wegen eines "schweren Verkehrsverstoßes" einen 70- bis 160-Euro-Strafzettel kriegen, plus Punkt in Flensburg. Aber sie kommen nicht.
Polizei und Stadtverwaltung dulden die Gehwegparker stillschweigend, klagt Sonja Haider, nicht nur hier, sondern in vielen engen Straßen innerhalb des Mittleren Rings, von Bogenhausen über Sendling und Schwabing bis Nymphenburg.

Auch drüberhalb der Fürstenrieder an der Kirchmairstraße vor der Kita, wo ständig Kinderwagen unterwegs seien, parken Autofahrer ungerührt auf beiden Straßenseiten auf dem Trottoir. "München ist schleichend zur Parkplatzblechwüste geworden", sagt die Stadträtin.
Privatgaragen: Statt Autos beherbergen sie oft viel Kram
Dabei könnte aus der Sicht ihrer Partei alles so einfach sein. "Jeder fünfte Münchner Autofahrer sollte seinen Wagen verkaufen", sagt sie. Bei rund 736.000 angemeldeten Pkw (Stand Ende 2021) wäre das schon mal sehr viel Blech weniger - und dafür mehr Platz für spielende Kinder, Bäume, Wiesen, Sitz- und Flanierplätze.
"Und von den übrigen Autobesitzern sollte jeder zweite runter vom öffentlichen Raum und privat in seiner Doppelgarage oder in seiner Duplex parken" - stattdessen seien aber Privatgaragen oft mit Kellerkram vollgestellt. "Sie glauben nicht, wie oft ich das Argument höre."
Anwohner sollen ihr Mobilitätsverhalten überdenken
Die Stadtratsfraktion von ÖDP und München-Liste will das jetzt ändern. Stadt und Polizei sollen "mit größerer Konsequenz gegen Falschparker vorgehen, um die Sicherheit für Fußgänger, Menschen mit Mobilitätseinschränkung und Kinder zu gewährleisten", will die Fraktion noch in dieser Woche per Stadtratsantrag fordern. Und weiter: "Anwohner sollen angehalten werden, ihre Autos in privaten Garagen abzustellen und ihr eigenes Mobilitätsverhalten zu überdenken."