Zu teuer: Immobilienpreise sinken trotz hoher Inflation – auch in München

Alles wird teurer – nur Haus und Wohnung werden plötzlich billiger. Doch das ist kein gutes Zeichen. Die eigene Immobilie ist für viele unerschwinglich geworden.
AZ/dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
5  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Auch in München sind die Preise für Häuser und Wohnungen leicht gesunken. (Archivbild)
Auch in München sind die Preise für Häuser und Wohnungen leicht gesunken. (Archivbild) © imago/Heinz Gebhardt

München - Am deutschen Immobilienmarkt ist eine Wende eingetreten: Gegen den allgemeinen Trend der hohen Inflation sind die Preise für Häuser und Eigentumswohnungen nach Daten des Finanzierungsvermittlers Interhyp im dritten Quartal gesunken. Demnach lag der Durchschnittspreis für eine finanzierte Immobilie inklusive Nebenkosten im dritten Quartal bei 512.000 Euro. Das sind 23.000 Euro oder 4,3 Prozent weniger als im zweiten Quartal.

Gestiegene Zinsen: Viele können sich Haus oder Wohnung nicht mehr leisten

Hauptgrund ist nach Einschätzung von Interhyp-Vorstandschef Jörg Utecht, dass sich viele Menschen Haus oder Wohnung wegen der gestiegenen Zinsen nicht mehr leisten können. "Die Leitzinserhöhungen aufgrund der hohen Inflation und die Erwartungen an die weitere Geldpolitik haben die Bauzinsen vervierfacht", sagte Utecht. Grundlage der Auswertung sind die über Interhyp vermittelten Immobilienkredite von gut 500 Banken, Bausparkassen und anderen Kreditgebern.

Damit wäre eine zehnjährige Preisspirale gebrochen: Vom ersten Quartal 2012 bis zum ersten Quartal 2022 hatte sich der bundesweite Durchschnittspreis einer Wohnimmobilie laut Interhyp von 290.000 Euro auf 540.000 Euro nahezu verdoppelt. Schon im zweiten Quartal waren die Immobilienpreise laut Interhyp um 0,9 Prozent gesunken.

Dass der Anstieg der Zinsen Immobilien für viele potenzielle Käufer unbezahlbar gemacht hat, legen auch die Zahlen der Bundesbank nahe. In der ersten Jahreshälfte gab es einen kurzen Boom bei Wohnungsbaukrediten an private Haushalte. Viele Käufer wollten sich noch günstige Zinsen sichern. Rekordmonat war der März mit in Summe über 32 Milliarden Euro. Bis September halbierte sich das, die deutschen Banken verliehen nur noch 16 Milliarden Euro Wohnungsbaukredite an private Käufer.

"Deutet sich an, dass sich der Markt gedreht hat"

"Es deutet sich an, dass sich der Markt gedreht hat", sagt Stephan Kippes, der Marktforscher des Immobilienverbands IVD Süd in München. Die Zeiten, in denen in den Städten zum Verkauf stehende Wohnungen und Häuser den Maklern quasi aus den Händen gerissen wurden, sind vorbei. "Die Anzahl der im Markt befindlichen Immobilien ist deutlich gestiegen", sagt Kippes – in manchen Regionen habe diese sich verdoppelt. "Das führt dazu, dass manche Verkäufer mit sich über den Preis reden lassen."

Deutlich billiger geworden sind Immobilien nach Kippes' Worten beispielsweise in Stuttgart, Preisnachlässe gab es auch in München. In Hamburg und Berlin sind Wohnungen und Häuser im dritten Quartal laut Interhyp zwar wieder etwas teurer geworden, aber das könnte von kurzer Dauer sein. "Die Zahlen aus den ersten Wochen des vierten Quartals aus München, Hamburg und Berlin zeigen, dass weitere Korrekturen nach unten wahrscheinlich sind", sagte Utecht.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Es dauert länger, bis Käufer gefunden sind

Ursache des größeren Angebots ist nicht, dass sehr viel mehr gebaut worden wäre, sondern dass es länger dauert, bis Käufer gefunden sind. Der Preisrückgang ist vor allem deshalb auffällig, weil das Bauen als solches in diesem Jahr rasant teurer geworden ist. Bayerische Baufirmen etwa haben ihre Preise in diesem Jahr im Schnitt um 25 bis 30 Prozent erhöht, wie die Bauinnungen im Freistaat Anfang der Woche berichteten.

Schwierig ist die Lage vor allem für Bauträger, die offenbar zunehmend Probleme haben, ihre Neubauten an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen. Interhyp bezifferte den Preisrückgang für Neubauten vom Bauträger im dritten Quartal auf 5,1 Prozent. Die Kosten gebrauchter Häuser und Wohnungen sind demnach nur um 2,3 Prozent zurückgegangen.

Bauträger haben große Probleme

"Die Bauträger haben mehrere Probleme gleichzeitig", sagt Kippes. Dazu zählen steigende Zinsen, unkalkulierbare Preissprünge und Knappheit bei Baumaterialien sowie Personalmangel bei Handwerkern und Baufirmen. Auf der anderen Seite stehen die Käufer, die nicht mehr so viel bezahlen können.

So wird der Rückgang der Preise aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Rückgang der Neubauzahlen einhergehen. Was das wiederum für die Preisentwicklung im nächsten Jahr bedeutet, ist schwer abzuschätzen.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
5 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Optimist99 am 18.11.2022 16:53 Uhr / Bewertung:

    Endlich! Ein SEHR GUTES Zeichen! Das Platzen einer (Immobilien)Blase (u.a. in München) ist doch ein sehr positives Zeichen. Viele Bauträger und Immobilienhaie haben sich die letzen Jahre goldene Nasen verdient. Jammern die jetzt etwa? Schade nur, dass viele Käufer auf die Haie reingefallen sind und jetzt bei der Anschlussfinanzierung Probleme bekommen.

  • loewenhund am 18.11.2022 12:18 Uhr / Bewertung:

    jetzt geht den Immobilien Haien der Arsch auf Grundeis ist auch richtig so die haben ja den Hals nicht voll genug gekriegt die Vermieter brauchen auch dringend einen Dämpfer denn immer mehr geht einfach nicht mehr länger

  • Rudi 678 am 17.11.2022 18:27 Uhr / Bewertung:

    Naja die Korrektur war überfällig. Im Großraum München waren Immobilien auch vor der Zinswende unbezahlbar. Gekauft haben letztlich nur Leute die durch Eltern oder Erbteile entsprechend abgesichert waren.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.