Zu Gast in der eigenen Stadt

Millionen von Touristen kommen jährlich nach München. Wann haben sie zuletzt Urlaub in der eigenen Stadt gemacht? Die AZ gibt Tipps, welche Orte Sie trotz großer Bekanntheit unbedingt (mal wieder) besuchen sollten.
von  Carmen Merckenschlager, Christina Hertel, Ben Sagmeister, Julia Wohlgeschaffen, Irene Kleber, Antonia Benz
Wahl-Münchnerin Theresa (l.) lebt seit 2022 in der Stadt. Zu Besuch ist ihre Mama Karola. Gemeinsam sind die das erste Mal auf dem Alten Peter und genießen den Panoramablick über die Stadt.
Wahl-Münchnerin Theresa (l.) lebt seit 2022 in der Stadt. Zu Besuch ist ihre Mama Karola. Gemeinsam sind die das erste Mal auf dem Alten Peter und genießen den Panoramablick über die Stadt. © AZ

München – Sommerzeit ist Urlaubszeit. Aber nicht alle haben das Glück, gerade am Strand, in den Bergen oder in einem Straßencafé in einer fremden Stadt zu weilen. Wen die Sehnsucht plagt, dem sei gesagt: München ist so schön, da muss man gar nicht wegfahren. Das denken sich auch die Touristen. Nicht ohne Grund liegen die Zahlen auf Rekordniveau. Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) prognostizierte bereits 20 Millionen Übernachtungen für das Jahr 2024.

Und so viele Menschen können sich kaum irren, oder? Warum also nicht mal durch die eigene Stadt wandeln, als wäre man zu Gast. München hat so viel Kunst und Kultur zu bieten, in zwei Tagen Wochenend-Urlaub ist das ohnehin nicht zu schaffen. Deshalb am besten mal unter der Woche die vermeintlich touristischen Orte besuchen - und die Stadt neu entdecken.

Der Südturm der Frauenkirche ist wieder begehbar

Plötzlich ist da gleich gar nicht mehr so viel Trubel, wie so mancher Münchner meinen mag. Oder waren Sie schon mal an einem Dienstagmittag im Wirtsgarten des Hofbräuhauses? Oder haben Sie schon mal an einem sonnigen Vormittag die Aussicht vom Südturm der Münchner Frauenkirche genossen, der seit 2022 wieder zu besteigen ist?

Der Südturm der Münchner Frauenkirche ist wieder begehbar.
Der Südturm der Münchner Frauenkirche ist wieder begehbar. © imago images/Heinz Gebhardt

Entweder mit Besuch, mit der Familie oder alleine: Am besten gönnen Sie sich mal einen Tag in der eigenen Stadt; ganz im Zeichen des Urlaubs. Denn welcher Ort würde sich dafür so gut eignen wie unser schönes München.


München von oben: Der Alte Peter

30 Grad Außentemperatur, der Schweiß läuft den Touristen, die am Kassenhäuschen vor dem Turmeingang stehen, schon vor dem Aufstieg die Stirn hinunter. "Münchens schönste Aussicht" steht auf der offenen Holztür am Turmeingang - die Aufschrift ist vielversprechend, aber ist es die Anstrengung bei der Hitze wert?

Die Gesichter der Leute, die aus der Eingangstür herauskommen, verraten's: Sie lachen und sehen zufrieden aus. Das motiviert, um selbst hinaufzusteigen. Im Treppenhaus ist es eng, weil sich die Besucher von oben und unten entgegenkommen, aber wegen des Gewölbes ist es angenehm kühl.

Hier geht es hoch zum Alten Peter.
Hier geht es hoch zum Alten Peter. © Daniel von Loeper

Es sind 306 Stufen hinauf zur Aussichtsplattform. Beim Weg hinauf empfiehlt sich, etwas zu trinken mitzunehmen. Das Treppensteigen ist weniger mühsam als erwartet, findet Theresa (24): "Der Aufstieg ist gut machbar, vor allem weil das Treppenhaus gerade und mit wenigen Kurven nach oben führt, da wird einem nicht schwindelig." Oben angekommen hat man einen weiten Blick über die Stadt - inklusive des 100 Kilometer weiten Fernblicks über die Alpen "Man hat eine tolle Aussicht über die Stadt, das werde ich weiterempfehlen", sagt Karola (52), die ihre Tochter Theresa besucht. Theresa lebt seit 2022 in München und ist das erste Mal auf dem Petersturm: "Das stand schon lange auf meiner To-Do-Liste", erzählt sie.

Auf der Aussichtsplattform ist man in luftiger Höhe, denn der Turm ist 57 Meter hoch. Zu sehen gibt es den Marienplatz, die Frauenkirche, den Viktualienmarkt - und das Alpenpanorama im Hintergrund. Die beiden Touristen Kathy (67) und Michael (69) aus Texas finden: "Die Aussicht ist wunderschön." Michael fügt lachend hinzu: "Auch wenn man etwas älter ist, kommt man die Treppen gut rauf - auch ohne Pause."

Von April bis Oktober ist täglich von 9 bis 19.30 Uhr (letzter Einlass 19 Uhr) geöffnet. Erwachsene zahlen fünf Euro Eintritt, ermäßigt drei Euro, Schüler zwei. Kinder unter 6 Jahren dürfen kostenlos nach oben.


Werksviertel: Eine Runde im Umadum

Wer aus dem Italienurlaub über die Salzburger Autobahn zurück Richtung München fährt, kann es kaum übersehen: das Riesenrad Umadum im Werksviertel. Also nicht wehmütig werden, weil der Urlaub zu Ende ist, sondern einfach weitermachen und sich München mal wieder von oben anschauen.

Das Riesenrad Umadum im Werksviertel.
Das Riesenrad Umadum im Werksviertel. © IMAGO/Volker Preußer

Knappe 30 Minuten dreht sich das Riesenrad. Mit 78 Metern Gesamthöhe ist es übrigens größer als das Wiesn-Riesenrad, das ab dem 21. September wieder seine Runden auf der Theresienwiese dreht. Das ist etwa 50 Meter hoch.

Immer wieder gibt es im Umadum auch Veranstaltungen. Dann wird zum Beispiel ein Menü in der Gondel angeboten. Sonst regulär von Dienstag bis Donnerstag und Sonntag von 12 bis 20.30 Uhr und Freitag und Samstag von 12 bis 21.30 Uhr. Achtung, diesen Sonntag ist geschlossen. 


Schlosspark Nymphenburg: Venezianisches Flair in München

Wozu in den Süden reisen, wenn Sie das italienische Dolce-Vita-Lebensgefühl auch mitten in der Stadt genießen können? Etwa beim Gondelfahren auf dem Nymphenburger Schlosskanal. Während der Sommersaison (April bis Oktober) bieten Gondoliere Maximilian Koch und sein Sohn bei schönem Wetter dieses Erlebnis auf dem Mittelkanal an. Die Fahrten finden spontan oder mit einer Reservierung statt.

Im Grunde genommen ist es eine alte Tradition, denn schon zu Zeiten des Kurfürsten Max Emanuel fuhren goldene Prunk-Gondeln auf dem Schlosskanal. Eine 30-minütige Fahrt kostet 75 Euro. Der Gondoliere selbst singt nicht – wer aber nicht auf ein "O sole mio" verzichten möchte, kann sich einen Tenor dazubuchen.  

Freitag 12.30 bis 18 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag 11 bis 18 Uhr. Montag bis Donnerstag nach Vereinbarung.  089/48 12 90


Führung durchs Neue Rathaus: Mehr als nur Glockenspiel

Von außen kennt jeder Münchner das neugotische Rathaus am Marienplatz mit seiner Fassade aus filigranen Giebeln, Erkern, Türmchen, Loggien und Lauben (1909 vom Gotik-begeisterten Architekten Georg Hauberrisser gebaut). Man kennt das Glockenspiel und den Rathaus-Balkon, auf dem die Spieler des FC Bayern sich bei so vielen Meisterfeiern schon haben bejubeln lassen.

Eine Schau: die Juristische Bibliothek im Rathaus.
Eine Schau: die Juristische Bibliothek im Rathaus. © IMAGO

Aber sind Sie eigentlich mal drin gewesen? Das ist schon ein Erlebnis, weil man sich in manchen Winkeln fühlen kann wie in einem Harry-Potter-Buch. Im kleinen Sitzungssaal, zum Beispiel, mit seiner Wandvertäfelung, den langen Tafeln, Kamin, Standuhr und dem 24-armigen Bronzelüster. Oder im Lesesaal der Juristischen Bibliothek mit ihren Wendeltreppen, Leuchtern und hohen Bücherwänden. Kein Wunder, dass sie schon zwei Mal Filmkulisse war, für die Hexe Bibi Blocksberg und für die Verfilmung des Musicals Cabaret mit Liza Minelli.

Mehrere Touren von München-Tourismus führen am Wochenende durchs Rathaus und auch auf den Balkon (Erwachsene: 22 Euro, Kinder bis fünf Jahre frei, bis 14 Jahre 11 Euro).  Infos: muenchen.travel/angebote/buchen/rathausfuehrung-muenchen


Gemütliche E-Rikscha-Tour

Sie sind ja schon zu beneiden, die München-Gäste, die sich lächelnd in einer Rikscha durch Münchens schönste Fleckerl kurven lassen, während man selbst gerade zur Arbeit strampelt. Wieso also nicht mal selber so eine Rikscha-Tour genießen? Anbieter gibt es viele – und auch etliche Routen, die man mit eigenen Wünschen an den Fahrer oder die Fahrerin ganz praktisch erweitern kann.

Die City-Highlight-Tour der Pedalhelden, zum Beispiel, mit einem modernen E-Rikscha-Taxi, startet bequem am Viktualienmarkt, und los geht’s durch die Altstadt, am Hofbräuhaus vorbei und über den Hofgarten in den Englischen Garten (mit Surferwelle, Eisbach, Monopteros, Chinesischer Turm und zurück). 30 Minuten für zwei Erwachsene mit Kind kosten 47 Euro.

Man kann sich auch ein bisserl bilden, etwa bei Rikscha Guide München und der Runde "Königreich Bayern", die an diversen Prachtbauten der Wittelsbacher vorbeiführt (90 Minuten für 85 Euro). So oder so, einsteigen, zurücklehnen, Sonne und Fahrtwind genießen – und einfach nur zuhören und schauen.


Der Blick vom Doppeldecker aus

Mei, dann steigt man halt in den 54er und dreht eine Runde durch München vorbei an der Münchner Freiheit, dem Siegestor dem Friedensengel und der Isar. Da hat man mit dem MVG-Ticket kostenloses Sightseeing, mögen manche sagen.

Aber: Saßen sie schon mal in einem Doppeldeckerbus und haben sich die Stadt von ein paar Metern weiter oben angesehen? Also warum sich nicht mal im Doppeldecker-Cabrio-Bus den Münchner Wind um die Nase wehen und die Stadt an sich vorbei ziehen lassen und dabei vielleicht sogar neues über München lernen? Bei den drei unterschiedlichen Routen (City, Nymphenburg und Schwabing) ist jeweils ein Audio-Guide inklusive.

Das schöne außerdem: Die Hop-on-Hop-off-Busse heißen so, weil man beliebig oft zu und aussteigen kann.

Fahrkarten gibt es ab 21,60 Euro, je nach Linie. Weitere Infos zu Haltestellen, Linien und Abfahrtszeiten unter https://www.hop-on-hop-off-bus.de/muenchen/

 


Hofbräuhaus: Auf a Maß und a Brotzeit

Österreich, USA, China oder Niedersachsen – Egal wo auf der Welt man ist, wenn die Sehnsucht nach einem heimischen Bier quasi nicht mehr auszuhalten ist, stehen die Chancen gut, dass sich irgendwo ein Hofbräuhaus findet. Umgekehrt findet sich im Münchner Hofbräuhaus quasi die Welt wieder.

Das Hofbräuhaus am Platzl: Hier trifft sich die Welt.
Das Hofbräuhaus am Platzl: Hier trifft sich die Welt. © Max Ott /d-design.de

Warum also nicht einfach mal eintauchen in das Bilderbuch-Postkarten-Bayern und sich eine Maß am Platzl schmecken lassen. Und dabei die bayerische Gemütlichkeit gleich an die Touristen weitergeben und sich kennenlernen.

Wem es dann in der Schwemme doch zu urig wird, der sollte sich im Wirtsgarten eine Brotzeit schmecken lassen. Denn auch der ist wirklich schön! 

Hofbräuhaus am Platzl 9, täglich von 11 Uhr bis 24 Uhr geöffnet


In den Kopf gestiegen: Blick aus der Bavaria

Die Bavaria – eine wahre Beschützerin der Theresienwiese und auch während des anstehenden Oktoberfests ein wahrer Blickfang. Durch die Türe auf der Rückseite gelangen Sie nach oben. Man steigt der Mama Bavaria wortwörtlich in den Kopf. Je höher Sie kommen, desto wärmer wird es.

Lässt sich anschauen, wird angeguckt: Im Kopf der Bavaria ist eine Aussichtsplattform.
Lässt sich anschauen, wird angeguckt: Im Kopf der Bavaria ist eine Aussichtsplattform. © Heinz Gebhardt

Der letzte Abschnitt (durch den Hals) ist etwas eng, aber die atemberaubende Aussicht entschädigt für alle Mühen. Auf den Bronze-Bänken kann man dann entspannt sitzen und durch drei Gucklöcher die Aussicht genießen. An warmen Tagen ist es ratsam, Wasser mitzubringen und maximal etwa 15 Minuten dort zu verweilen. Die Aussicht geht über weite Teile der Stadt mit derzeitigem Fokus auf den Wiesn-Aufbau. Auch die Ruhmeshalle haben nicht viele Münchner von oben gesehen.


Stadtführung: München kulinarisch entdecken

Für Einheimische ist eine Stadtführung, bei der einem das Oktoberfest erklärt und das Glockenspiel gezeigt wird, wohl weniger interessant.
Aber auch über die eigene Stadt kann man noch was lernen – und wenn es dazu noch etwas zu schnabulieren gibt – ein Traum, oder?
Bei einer kulinarischen Stadtführung können Sie das erleben.

Zum Beispiel durch Schwabing. Man erfährt, wie sich hier die Künstlergruppe "Blauer Reiter" gründete, wo der Monaco Franze wohnte und wie Studenten das Viertel in den 60er Jahren aufmischten. Man sieht die tollen Jugendstilfassaden, die einem zuvor vielleicht noch nie aufgefallen sind. Und gleichzeitig zeigen einem die Stadtführer charmante Cafés und nette Restaurants, sie führen einen zu Weinhändlern und Feinkostläden und zu vielen anderen Stationen, wo es immer eine Kleinigkeit zu probieren gibt. Satt ist man hinterher auf jeden Fall.

Buchen kann man so eine Tour zum Beispiel auf www.kulinarische-touren-muenchen.de. Angeboten werden neben kulinarischen Führungen durch Schwabing auch welche durchs Westend, durch Haidhausen, durch die Altstadt, durchs Schlachthofviertel und über den Viktualienmarkt.

Die Tour kostet 44 Euro, inklusive der Snacks.


Eisbachwelle: "Den Surfern zuzuschauen wird nie langweilig"

Für die Münchner ein Klassiker, für andere wie ein Ausschnitt aus dem Reiseprospekt: die Eisbachwelle. Aber hier lohnt es sich auch für die, die sie schon zur Genüge kennen, zum Zuschauen vorbeizukommen. Denn: Die Surfer beim Wellenreiten zu bewundern oder dem rauschenden Wasser zuzuhören, ist einfach entspannend. Auf der Brücke über der Stromschnelle drängen sich die Touristen um den besten Platz – und damit um das beste Foto. Denn hier gibt’s Spannendes zu sehen: Surfer, die sich aufs Brett hinein in die Welle schmeißen, mal direkt wieder ins Wasser plumpsen oder grazil auf dem Brett zu tanzen scheinen.

Die Surfer am Eisbach haben immer viele Zuschauer.
Die Surfer am Eisbach haben immer viele Zuschauer. © Sigi Müller

Fast wie Urlaub, mitten in der Stadt an der Prinzregentenstraße. Das findet auch der Münchner Sebastian (48): "Ich wohne in der Nähe und komme gerne zum Zuschauen vorbei – das fühlt sich jedes Mal wie im Sommerurlaub an. Den Surfern zuzuschauen wird nie langweilig."

Katharina (25), die aus Hamburg für das Adele-Konzert angereist ist, ist vor allem vom Mut der Surfer beeindruckt: "Ich würde mich nicht trauen, reinzuspringen". Am Rand gibt es einige Bäume zum Anlehnen und hinsetzen.

Aber Vorsicht: Wer dann noch die Augen schließt und dem Wasserrauschen lauscht, muss aufpassen, vor lauter Entspannung nicht einzuschlafen. Im Schatten der Bäume lässt sich die Hitze aushalten – wem besonders warm ist, der kann die Füße ins Wasser baumeln lassen. Hin und wieder kommt eine kalte Brise vorbei – hier lässt es sich doch gut aushalten.

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