Zu Besuch in Münchens größter Waffenkammer

München - Rund 8.000 Waffen hat das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) im Keller. Die zweitgrößte Sammlung in Deutschland. Nur die des BKA ist noch umfangreicher.
Jede Waffe, die in Bayern gefunden oder beschlagnahmt wird, landet früher oder später beim LKA in München. So wie die 63 Gewehre, Pistolen und Revolver, die die Polizei kürzlich bei einem Rentner in Grafenau beschlagnahmte: eine illegale Sammlung und mehrere Tausend Schuss Munition.
Ähnlich wie die illegalen Sammlungen von zehn Waffennarren aus den Landkreisen Miesbach, Rosenheim, Tölz und Erding, die im Frühjahr aufflogen. Sie hatten sich sogar einige halbautomatische Waffen besorgt, die unter das Kriegswaffengesetz fallen.
"Eigentlich mag ich keine Waffen", sagt der Waffen-Techniker
Für die Experten im Waffenlabor des LKA nimmt die Arbeit kein Ende. Acht Sachverständige und zwei Techniker sind auf Monate hinaus ausgelastet und mit der Erstellung von Gutachten beschäftigt. "Eigentlich mag ich keine Waffen", erzählt einer der Techniker, "privat würde ich mir keine anschaffen." Trotzdem hantiert er jeden Tag mit ihnen.
Der 47-Jährige, der aufgrund seines exotischen Berufs lieber anonym bleiben will, setzt einen Gehörschutz auf, greift zu einer Pistole, lädt sie durch und hält die Mündung an ein kreisrundes Loch in der Wand. Ein Schuss kracht, Pulverqualm zieht durch den Raum.
Die Experten können Projektile genau zuordnen
Nebenan steht ein rund fünf Meter langer Tank, in dem das Wasser kurz aufpeitscht. "Durch den Schuss ins Wasser haben wir jetzt das Projektil haargenau so, wie es aus dem Lauf kommt, ohne Beschädigungen von außen", erklärt der Experte.
Der Pistolenlauf hat ganz individuelle Spuren an dem Projektil hinterlassen, genauso einmalig wie ein Fingerabdruck an einem Tatort.
Im Nebenraum steht eine Metallkiste aus neun Kammern, vollgepackt mit Watte. "Hier werden Langwaffen beschossen", erklärt Experte Ludwig Waldinger. Die Watte wirkt wie das Wasser im Tank, sie bremst Projektile, ohne sie zu verformen oder zu beschädigen.

Die LKA-Experten können anschließend das abgefeuerte Projektil einer ganz bestimmten Waffe zuordnen. Einer Waffe, die beispielsweise bei einem Mord verwendet wurde. Das tödliche Projektil kann dann mit dem aus dem Labor verglichen werden. Damit ist die Tatwaffe dann eindeutig identifiziert. "Das kann bei der Klärung von Kriminalfällen eine entscheidende Rolle spielen", betont Waldinger.
Wehrmachts-Waffen, Russische Granatwerfer, Gangster-MPs
Ein paar Meter weiter den Kellergang runter befindet sich die Waffenkammer. Hinter einer schweren Metalltür stehen rund 8.000 Waffen in Regalen aufgereiht. Jede Einzelne ist voll funktionsfähig. Es riecht nach Holz und Waffenöl. Über Jahrzehnte hinweg hat das LKA Schusswaffen aus aller Herren Länder zusammengetragen. Sogar ein russischer Granatwerfer steht in einer Ecke, daneben ein schweres Maschinengewehr aus ehemaligen Wehrmachtsbeständen. Auch eine Thompson Maschinenpistole mit Trommelmagazin ist dabei, eine MP, die in den Gangsterkriegen Chicagos in der 30ern des letzten Jahrhunderts verwendet wurde.
Die Armbrust dazwischen wirkt irgendwie fehl am Platz. "Auch mit solchen Waffen wurden in Bayern bereits Morde begangen", erzählt eine Waffenexpertin.
Amerikanische Sturmgewehre stehen neben Kalaschnikows. "Eine AK 47 bekommt man am Schwarzmarkt bereits für 1.000 Euro", sagt Ludwig Waldinger. Eine gefährliche Waffe, die auf der ganzen Welt verbreitet ist. Geschätzt 50 Millionen Exemplare der AK 47 wurden bisher gebaut.
Jede einzelne Waffe wird in ihre Einzelteile zerlegt
"Wir benötigen Vergleichswaffen", erklärt Waldinger. Wenn ein Bankräuber beispielsweise mit einer Schusswaffe droht und dann flüchtet, liegen Bilder der Überwachungskameras vor. Anhand dieser kann das LKA mithilfe der Vergleichswaffen herausfinden, mit welchem Typ der Täter ausgerüstet ist. Manchmal lässt sich so der Kreis der Verdächtigen eingrenzen.

Die meisten der Pistolen, Revolver und Gewehre, die beim LKA landen, bekommen die ursprünglichen Eigentümer nicht mehr zurück. Allesamt illegale Waffen, die eingezogen wurden. Natürlich können nicht alle aufgehoben werden.
Jedes Jahr werden nach LKA-Angaben 30 bis 35 Tonnen Waffen vernichtet. Sie werden nicht einfach weggeworfen, sondern recycelt. Jede einzelne Waffe wird in ihre Einzelteile zerlegt. Der hochwertige Stahl wird anschließend abtransportiert und in einem Hochofen eingeschmolzen.

Bauteile aus Holz werden separat gesammelt. Sie werden zusammen mit Munition zu einem Spezialbetrieb für Kampfmittelbeseitigung gebracht. Mit dem Holz wird ein munteres Lagerfeuer entzündet und die Munition dabei zur Explosion gebracht.
Lesen Sie hier der ersten Teil der Serie: Warum Spielzeugwaffen der Polizei Sorge bereiten