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Zu Besuch im München 72: Eine Bar im Zeichen der Spiele

Das Lokal München 72 von Thomas Zufall am Holzplatz setzt ganz auf die Nostalgie von Olympia 1972.
von  Ruth Frömmer
Dennis arbeitet im München 72. Bevor die ersten Gäste kommen, nimmt er auch mal auf einem Bock Platz und lacht in die Kamera. Sein Chef möchte nicht aufs Bild.
Dennis arbeitet im München 72. Bevor die ersten Gäste kommen, nimmt er auch mal auf einem Bock Platz und lacht in die Kamera. Sein Chef möchte nicht aufs Bild. © Daniel von Loeper

Glockenbachviertel - Thomas Zufall ist Jahrgang 1976 und geboren in Kassel. Trotzdem hat der Mann eine ganz enge Verbindung mit dem Jahr 1972 und der Stadt München.

Vor 25 Jahren zog der gelernte Hotelfachmann in die bayerische Landeshauptstadt. Eine ganze Weile arbeitete er als Bildredakteur für einen Verlag. Dann war da die Idee vom Retro-Lokal. Eines Tages sollte er Bilder zu den Olympischen Spielen in München recherchieren und da wusste er sofort: "Das ist retro, das ist lokal, das passt perfekt!" 2009 eröffnete er sein buntes Café München 72 in der Kohlstraße. Nach fünf Jahren zog er an den Holzplatz.

Lokal München 72: Einrichtung steht im Zeichen des Sports

Da das IOC 1972 noch keine Lizenzrechte vergab, konnte jeder Produkte zum Thema München 72 auf den Markt bringen. So war es ein Leichtes, sich auf Ebay ein Sammelsurium an Olympia-72-Gegenständen zu ersteigern. Vom Dackel Waldi über Kerzenständer, Salzstreuer, Aschenbecher, Kissen, Teller und Dosen.

Auch die Einrichtung im München 72 steht im Zeichen des Sports. Von Turnvereinen hat sich Zufall ausrangierte Kästen, Böcke und Pferde besorgt und daraus Möbel gebaut. Eine Wand ist mit lederbezogenen Oberseiten von Turnkästen bestückt. Aus den Unterseiten hat er das Regal hinter der Bar zusammengenagelt.

Thomas Zufall: "München 72 ist kein Museum"

Pferde und Böcke hat er gekürzt und zu Sitzhockern und -bänken umfunktioniert. Die Sprungkästen ebenfalls und aus den Resten seine Bar gebaut. Das Konzept ist so stimmig, dass manche Münchner das Restaurant mit einem Museum verwechseln und einfach nur zum Schauen kommen.

"Das München 72 ist aber kein Museum. Wir leben von den Umsätzen", sagt Zufall. Drum taucht man in die olympische Welt am besten bei Schinkennudeln (11,50 Euro), Schnitzel (15,50 Euro) oder Fish und Chips (13,90 Euro) ein. Die Speisekarte ist bunt wie die olympischen Ringe. Zu trinken bestellt man Bier, Cocktails oder gar Olympisches Feuer (4 Euro): ein Absinth, der am Tisch entzündet wird.

Schlafanzug, Trenchcoat, Dirndl: Große München-72-Sammlung

Ob's am Olympischen Feuer liegt? Der ein oder andere Gast lässt schon mal ein Teil aus Zufalls Sammlung mitgehen. "Manchmal rufen mich die Wirte anderer Lokale an und fragen, ob ich zum Beispiel ein Kissen vermisse", erzählt Zufall. Dann bringen sie es ihm zurück und bekommen dafür eine Halbe spendiert. Aber leider lassen die Gäste ihr Diebesgut nicht immer in der nächsten Kneipe liegen. So reduziert sich der Bestand von selbst.

Auf der anderen Seite kommen immer wieder Leute auf ihn zu und vertrauen ihm ihre persönlichen München-72-Gegenstände an. Manche bringen ganze Kisten mit Sachen vorbei. Und so nennt Zufall inzwischen eine beachtliche Sammlung sein eigen. Sogar ein Schlafanzug und ein Trenchcoat gehören dazu.

Besonders stolz ist er auf das Geschenk einer ehemaligen Olympia-Hostess: ein Dirndl inklusive Schürze, Jäckchen und Halstuch. "Der Dame war es wichtig, dieses Erinnerungsstück in guten Händen zu wissen." Und das ist es bei ihm. Getragen wird es ohnehin nicht. "Das Dirndl ist so klein, dass bis jetzt keine meiner Bedienungen reingepasst hat", sagt Zufall lachend.

Wer weiß, vielleicht findet sich die passende Dame ja noch. Das könnte eine romantische München-72-Geschichte mit Aschenputtel-Twist werden!


Holzstraße 16, Di-Do: 17 bis 1 Uhr, Fr: 17 bis 2 Uhr, Sa: 10 bis 2 Uhr, So: 10 bis 22 Uhr, Tel.: 089 / 973 437 85

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