Zu alt für einen Kredit: 84-Jährige scheitert mit Schmerzensgeld-Klage

Eine 84 Jahre alte Freiburgerin bestellt Schmuck in einem Teleshop und will in Raten bezahlen – doch der Anbieter lässt sich nicht darauf ein. Mit ihrer Klage auf Schmerzensgeld scheitert die Frau.
John Schneider |
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Älteren Menschen darf eine Ratenzahlung verweigert werden, obwohl dies eine Diskriminierung darstellt.
dpa Älteren Menschen darf eine Ratenzahlung verweigert werden, obwohl dies eine Diskriminierung darstellt.

Manchmal muss man ins Gericht gehen, um wieder an grundlegende Wahrheiten erinnert zu werden. Zum Beispiel ans Münchner Amtsgericht. Dort stellte jüngst ein Richter fest: "Dass das Leben zwangsläufig mit dem Tode endet, darf das Gericht als bekanntes Faktum voraussetzen."

Der Mann hat recht. Und natürlich einen guten Grund, um auf den Weg alles Irdischen hinzuweisen. Eine 84-jährige Freiburgerin hatte geklagt, weil ihr von einem Münchner Teleshopping-Unternehmen die Ratenzahlung beim Kauf von Schmuckstücken verweigert wurde.

Die Begründung des Unternehmens: Die Käuferin habe die intern festgelegte Altersgrenze für die Kreditvergabe überschritten. Daher könne man ihr nur die Zahlungsarten Rechnung, Bankeinzug, Nachnahme oder Kreditkarte anbieten.

Klägerin: Auch junge Menschen können sterben

Für die 84-Jährige ein Grund zur Klage. Die Diskriminierung aufgrund ihres Alters sei ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sie verlangt für den erlittenen Schmerz 3.000 Euro Schmerzensgeld.

Die Begründung der Klägerin: Die Benachteiligung sei sachlich nicht gerechtfertigt, da keine individuelle Bonitätsprüfung durchgeführt worden sei. Der Frau sei die Möglichkeit der gleichberechtigten Teilhabe am Rechtsverkehr auf eine zutiefst persönlichkeitsverletzende und menschenverachtende Art und Weise genommen worden.

Vor Gericht geht es hin und her. Die Klägerin führt aus, dass die Gefahr des Ablebens sowohl bei alten als auch jungen Menschen bestehe. Auf statistische Erhebungen zur geringeren Lebenserwartung von alten Menschen abzustellen, sei unzulässig.

Die Beklagte lehnt eine Zahlung von Schmerzensgeld ab, da es sich nicht um ein Massengeschäft im Sinne des AGG handele, sondern sich die Ratenvereinbarung auf das individuelle Ansehen der Person stütze. Der Gläubiger gehe ein wirtschaftliches Risiko ein. Das Unternehmen frage deshalb nicht nur das Alter des Bestellers ab, sondern auch die Adresse und die individuelle Bonität.

Verweigerung der Ratenzahlung ist Diskriminierung, aber...

Auch der Amtsrichter sah in dem Fall keinen Anspruch wegen einer unzulässigen Diskriminierung. Ein Teilzahlungsgeschäft ist definitionsgemäß eine auf einen längeren Zeitraum angelegte geschäftliche Beziehung und es sei "nun einmal so, dass mit gesteigertem Alter auch das Risiko des Ablebens ansteigt". Forderungen an den Nachlass eines verstorbenen Kunden sind mit höheren Kosten verbunden.

Fazit: Ja, einem Kunden aufgrund seines Alters die Ratenzahlung zu verweigern, ist eine Diskriminierung. Aber es handelt sich dabei laut Gericht um eine zulässige Altersdiskriminierung. Da mit fortschreitendem Alter die Gefahr des Ablebens (und damit des Nichtbegleichens der Schuld) größer wird, darf ein Verkäufer älteren Käufern die Ratenzahlung verweigern.

Nachdem die Klägerin auch in der Berufung verlor und ihre anschließende Revision inzwischen zurückzog, ist das Urteil jetzt rechtskräftig geworden.

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