Zocken und Gutes tun: Computerspielen für die Forschung

Zocken und dabei nicht nur Spaß haben: Wie ein Münchner Entwicklerstudio die Krebstherapie unterstützen will.
von  Carmen Merckenschlager
Zocken und dabei gutes tun - das geht mit Zombie Cure Lab. (Symbolbild)
Zocken und dabei gutes tun - das geht mit Zombie Cure Lab. (Symbolbild) © Oliver Berg/dpa

München - Eigentlich sollte das Medikament Sildenafil gegen Herzbeschwerden helfen, die Testpersonen bemerkten aber eine Nebenwirkung – häufige Erektionen. Viagra war geboren. Weil Medikamente meist nicht nur eine Wirkung haben, sucht die Medizin stetig nach weiteren Anwendungsbereichen, um auch andere Krankheiten zu kurieren. Dabei hilft nun der Münchner Computerspielentwickler Thera Bytes.

Am 7. Dezember kommt das Spiel von Geschäftsführer Thorsten Feldmann und seinem Team und dem Publisher Aerosoft auf den Markt. Zombie Cure Lab heißt das Aufbaustrategiespiel, also ein Heilungslabor für Zombies. Die Grafik ist bunt, die Gegner sind Untote mit Kulleraugen, die nicht getötet, sondern von Wissenschaftlern geheilt werden müssen.

So sieht es aus: Der Spieler baut mit der Zeit ein Labor aus. Die Zombies werden dort in drei Entwicklungsstufen geheilt.
So sieht es aus: Der Spieler baut mit der Zeit ein Labor aus. Die Zombies werden dort in drei Entwicklungsstufen geheilt. © Daniel von Loeper

Gesucht: Ein Wirkstoff zur Behandlung des Aderhautmelanoms

Das ist schon mal weit freundlicher als die üblichen Szenarien einer Zombieapokalypse. Das Besondere an dem Spiel: Der Anwender kann sich entscheiden, im Hintergrund eine App laufenzulassen, von der er oder sie nichts mitbekommt – und die hilft der Forschung.

Die entwickelte Software heißt Docking Hero

"In der App werden sogenannte Protein-Liganden Dockings berechnet. Einfach erklärt: Es gibt ein Schloss und Abertausende von Schlüsseln. Der Computer probiert im übertragenen Sinne solange alle Schlüssel aus, bis einer passt", erklärt Feldmann. Aus einer Medikamenten-Datenbank wird also abgeglichen, an welchen Rezeptoren im menschlichen Körper diese andocken.

Thera Bytes Geschäftsführer Thorsten Feldmann ist schon ein wenig nervös, wie sich das Computerspiel Zombie Cure Lab am Markt behauptet - denn damit würde er auch der Forschung helfen.
Thera Bytes Geschäftsführer Thorsten Feldmann ist schon ein wenig nervös, wie sich das Computerspiel Zombie Cure Lab am Markt behauptet - denn damit würde er auch der Forschung helfen. © Daniel von Loeper

Das Konzept nennt sich drug repurposing, also die Umnutzung von Medikamenten. Dafür arbeitet Thera Bytes mit dem Universitätsklinikum Erlangen und der Universität Rostock zusammen. Die entwickelte Software heißt Docking Hero, und dient der Unterstützung der Krebsforschung – im Speziellen der Forschung zum Aderhautmelanom. Eine seltene Krebsart, die sich im Auge bildet und auch tödlich enden kann.

"Besonders bei selteneren Krankheitsbildern wird weniger geforscht, weil es für die Pharmaindustrie oft nicht rentabel ist. Die Entwicklung eines neuen Medikaments dauert zwischen zehn und 15 Jahre und kostet rund zwei Milliarden Euro. Deshalb sucht die Wissenschaft nach anderen Wirkungsbereichen von schon existierenden Medikamenten", sagt Feldmann. Docking Hero soll bei dieser Suche helfen.

"Wenn die Spieler die App aktivieren, bildet sich sozusagen ein Supercomputer. Die Rechenleistung aller wird genutzt. Das nennt sich crowd sourcing", so Feldmann. Dabei soll der Nutzer auch noch Spaß haben und kaum etwas von der fehlenden Rechenleistung merken. Er kann sich mit anderen Spielern austauschen und Errungenschaften freischalten.

Die Kosten für die Entwicklung liegen im siebenstelligen Bereich

Für die Spielentwicklung erhielt Thera Bytes auch eine staatliche Förderung. Aber: "Die Entwicklungskosten eines solchen Spiels liegen im siebenstelligen Bereich", sagt Feldmann. Deshalb will er mit Zombie Cure Lab auch Geld verdienen. "Anders würde es ja gar nicht gehen", meint er. Aber das damit Menschen beim Zocken auch einen Beitrag zur Krebsforschung leisten, scheint ihn durchaus zu motivieren.

Feldmann: "Jetzt muss es bei den Leuten nur noch angenommen werden. Da sind wir gerade schon noch ein bisschen nervös. Aber wenn es wirklich gelingt, dadurch Wirkstoffe gegen das Aderhautmelanom zu finden. Das wäre schon wirklich toll."


Zombie Cure Lab ist ab dem 7. Dezember auf der Spieleplattform "Steam" im Internet zu finden. Kosten samt der Forschungsapp: 24, 99 Euro

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