Zeugin sorgt im NSU-Prozess für Eklat

Eigentlich sollte die Mutter des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt aussagen. Doch dazu kommt es nicht: Silvia S. sagt nicht viel und hält dennoch alles auf
von  Matthias Maus

München - Es sollte ein denkwürdiger Tag werden im NSU-Prozess sollte aussagen. Doch dazu kam es nicht. Ein denkwürdiger wurde der 54. Verhandlungstag  am Dienstag vor dem Oberlandesgericht aber doch.

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Silvia S. trat in den Zeugenstand und brachte den Terminplan, die Prozessbeteiligten und alles andere durcheinander. Sie ist Friseurin und aus dem rechten Umfeld, sie hat ihre AOK-Karte an Beate Zschäpes Mitangeklagten Holger G. weiter gegeben. Die Karte landete bei Zschäpe im Untergrund. 2005 war das.

Was denn der Holger mit der Karte wollte? Sie habe das „alles nicht näher hinterfragt.“ Sie sei nur „eine arme Friseurin" und: „Holger hat mir gleich 300 Euro gegeben." Die Zeugin gibt die Ahnungs- und Arglose, sehr zum Unwillen von Richter Manfred Götzl: Sie hat sich nicht gefragt, warum G., ein Freund ihres Mannes, mal so schnell 300 Euro rüberschiebt – für eine Karte, die sie irgendwie für wertlos hielt.

Es sei halt lustig gewesen an dem Abend, „vielleicht haben wir auch einen geraucht", mault die Zeugin: „Wenn ich das gewusst hätte, was mit der Karte passiert, dann könnte ich ja gleich ins Gefängnis gehen." Sie sei „ein wenig durch den Wind". Wohl wahr.

„Überlegen Sie doch mal, was Sie mir hier sagen", schimpft Richter Götzl. Er beißt auf Granit wie die Bundesanwaltschaft und die Anwälte: „Was kann ich tun, damit sie mir glauben?", fragt sie. Nicht viel. Die „arme Friseurin“ antwortet auf alle Fragen derart ausweichend, „dass es an Aussage-Verweigerung grenzt", sagte eine Anwältin der Nebenklage.

Bis in den Abend, so lange wie noch nie, geht die „Ich-hatte-doch-keine-Ahnung!-Show“. Bis Bundesanwalt Jochen Weingarten der Kragen platzt: „Es ist nicht ihres Amtes, mich hier zu verhohnepiepeln." Das hat Silvia S. vermutlich auch nicht verstanden.

 

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