Zeuge: Demjanjuk hat unter Eid gelogen
MÜNCHEN - Im Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk hat ein ehemaliger Anwalt des US-amerikanischen Office of Special Investigations (OSI) die Glaubwürdigkeit des Angeklagten in Frage gestellt.
Norman Moscowitz, der an den Vernehmungen Demjanjuks im Rahmen eines ersten Ausbürgerungsverfahren aus den USA im März 1981 teilgenommen hatte, sagte am Mittwoch vor dem Landgericht München, Demjanjuk habe in dem damaligen Verhör zugegeben, dass er bei vorangegangenen Befragungen unter Eid gelogen habe.
Der Angeklagte habe während seines Einbürgerungsverfahren in die USA Ende der 40er Jahre falsche Angeben zu seinen Aufenthaltsorten und Tätigkeiten während des Krieges gemacht. „Er hatte damals angegeben, er sei Bauer in Sobibór gewesen, nun gab er zu, dass das nicht stimmte“, sagte Moscowitz. Zudem seien Demjanjuks Angaben zu Aufenthaltsorten während des Krieges sehr vage gewesen. „Ich ging deshalb davon aus, dass er wieder nicht die Wahrheit sagte“, erläuterte der 63 Jahre alte Jurist dem Vorsitzenden Richter Ralph Alt.
Auch das Alibi, das Demjanjuk damals angab, war laut Moscowitz falsch. Die Kriegsgefangenenlager, in denen der Angeklagte vorgeblich gewesen sei, existierten laut Moscowitz zu den relevanten Zeitpunkten bereits nicht mehr.
Die Vernehmung des Zeugen verzögerte sich erneut aufgrund einer Reihe von Anträgen durch Demjanjuks Anwalt Ulrich Busch zu Verhandlungsbeginn sowie durch heftige Wortgefechte zwischen dem Vorsitzenden Richter und dem Verteidiger. Der Streit gipfelte in der Ermahnung Buschs, er habe aus Respekt vor der Schwurgerichtskammer eine Krawatte zu tragen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 90-jährigen Demjanjuk Beihilfe zum Mord in 27 900 Fällen vor. Im Sommer 1943 soll er in Sobibór in Polen Tausende Juden aus Deportationszügen, die aus den Niederlanden eintrafen, in die Gaskammern getrieben haben.
Demjanjuk verlor erst 1986 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Im selben Jahr wurde er an Israel ausgeliefert.
ddp
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