Zeuge: CSU verhinderte Verfolgung betrügerischer Ärzte

Ein Kripokommissar beschuldigt Justiz, Staatsregierung und CSU, faktisch die Verfolgung einer Vielzahl betrügerischer Ärzte verhindert zu haben. Der Polizist sieht einen Justizskandal.
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Kriminalhauptkommissar Robert Mahler (r) und sein Anwalt Roland Weiler.
dpa Kriminalhauptkommissar Robert Mahler (r) und sein Anwalt Roland Weiler.

Es ist die brisanteste Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss Labor: Ein Kripokommissar beschuldigt Justiz, Staatsregierung und CSU, faktisch die Verfolgung einer Vielzahl betrügerischer Ärzte verhindert zu haben. Der Polizist sieht einen Justizskandal.

Schwere Manipulationsvorwürfe gegen die bayerische Justiz und die Staatsregierung hat ein Polizist im Untersuchungsausschuss Labor erhoben. Kriminalhauptkommissar Robert Mahler warf am Montag bei seiner Zeugenvernehmung im Landtag der Generalstaatsanwaltschaft München und dem Justizministerium vor, in den Jahren 2007 und 2008 die Betrugsermittlungen gegen zahlreiche Ärzte beeinflusst und behindert zu haben.

Mahler geht zudem davon aus, dass aus der CSU heraus Einfluss genommen wurde. «Was ich in den vergangenen acht Jahren erlebt habe, bewerte ich als Justizskandal in mehreren Akten», sagte Mahler. Die Täter seien nicht verfolgt worden, wohl aber er und der ehemalige Leiter der SoKo Labor.

Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, ob Druck von oben dazu führte, dass mehr als 3700 betrugsverdächtige Ärzte in ganz Deutschland nicht bestraft wurden. Im Zentrum steht der Augsburger Laborarzt Bernd Schottdorf, dessen Kunden die Mediziner waren.

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«In den vergangenen acht Jahren ergaben sich durchaus Anhaltspunkte für Schnittmengen mit der Politik», sagte Mahler dazu. Schottdorf habe 2007 bei einer Vernehmung zum Leiter der SoKo Labor gesagt: «Es ist kaum etwas so spottbillig wie ein korrupter Politiker.» Schottdorf habe Parteispenden an die CSU gezahlt und sich CSU-Politiker als Anwälte genommen. Prominentester Schottdorf-Anwalt war der heutige CSU-Vize Peter Gauweiler.

Mahler berichtete weiter, er habe im Sommer 2008 aus der Münchner Staatsanwaltschaft erfahren, ein Haftbefehl gegen Schottdorf sei «schwierig, weil nicht gewünscht». Das Justizministerium habe außerdem zwei Landtagsanfragen falsch beantwortet.

Nach Mahlers Angaben war zudem Anfang 2009 das Justizministerium direkt in die Entscheidung eingebunden, den Großteil der Schottdorf-Kunden trotz des laufenden Pilotverfahrens nicht zu verfolgen. Das habe ihm die damals zuständige Staatsanwältin gesagt. Und die LKA-Vizepräsidentin habe zu ihm gesagt: «Ständig ruft das Justizministerium bei mir an und beschwert sich über Sie.» Im LKA habe es zudem die Überlegung gegeben, ihn «zum Schutz meiner Person vor Dr. Gauweiler aus dem Verfahren zu nehmen».

Sowohl innerhalb des LKA als auch innerhalb und zwischen den Staatsanwaltschaften München und Augsburg gab es im Laufe der Ermittlungen schwere Konflikte. Die Auseinandersetzungen mündeten schließlich in ein Ermittlungsverfahren gegen den Polizisten wegen Verdachts der Verfolgung Unschuldiger, das auf Betreiben Gauweilers zustande gekommen war. Das Verfahren wurde erst Jahre später eingestellt. Mahler verklagte seinerseits den Freistaat auf Schadenersatz. «Während die Täter sich's bequem machen konnten mit 'nem Gläschen Rotwein, habe ich mich bis heute mit den juristischen Folgen herumzuschlagen», sagte Mahler.

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