Zeitumstellung in der Nacht auf Sonntag: Diese Menschen betrifft es besonders
München - Der Montag wird mit ziemlicher Sicherheit schwierig für uns alle – diese "gestohlene Stunde" wegen der Zeitumstellung in der Nacht auf Sonntag, über die beschwert sich der Körper schon.
Aber was ist schon ein bisschen Augenreiben, wenn es Lebensbereiche gibt, die so eng mit der Zeit verbunden sind, dass eine Stunde hin oder her einen großen Unterschied macht?
Aus Münchens Krankenhäusern können wir Entwarnung geben: "Wir haben hier schon seit Jahren keine Probleme mehr mit der Zeitumstellung gehabt", sagt zum Beispiel Johannes Berger, technischer Leiter am Rotkreuz-Krankenhaus.
Das Gebäude-Leitsystem und die meisten sonstigen Anlagen stellen automatisch um, dazu existiert eine eigene Funkuhr im Netzwerk der Betriebstechnik. Nur ein paar ältere Anlagen müssen von Hand gestellt werden. "Nach jahrzehntelanger Praxis ist die Umstellung schon in nahezu allen Systemen berücksichtigt."
Und wer jetzt dachte, die sensiblen Seelöwen zum Beispiel im Tierpark Hellabrunn müssten speziell betreut werden, immerhin werden Tiere ja auch bei einer Sonnenfinsternis nervös: keine Spur. "Denen ist es relativ egal", sagt eine Sprecherin. "Der Tag hat nach wie vor 24 Stunden und daher hat die Umstellung keinen Einfluss auf den Biorhythmus der Tiere."
Aber es haben eben nicht alle so leicht wie Hellabrunns Bewohner. Wir haben mit Münchnern gesprochen, an die Sie denken können, wenn Sie am Montag ein bisschen öfter gähnen.
"Das ist nicht schön"
Den Wildtieren selbst ist die Zeitumstellung "relativ wurscht", sagt Thomas Schreder, Jäger im Landkreis Erding. Aber durch sie verschiebt sich die Menschen-Rush-hour nach vorne, in den Wildwechsel hinein – und es kommt deutlich öfter zu Wildunfällen.
Solche Unfälle sind ohnehin sehr häufig, etwa 70 000 gibt es jedes Jahr in Bayern. "Aber in den Tagen nach der Zeitumstellung merken wir einen deutlichen Anstieg", sagt Schreder.
Jäger Thomas Schreder mit Jagdhund Ellie. F: M. Agel
In der Regel wird erst die Polizei zum Unfall gerufen, die ruft ihn. "Ich gehe dann mit meinen Hunden raus und versuche, das Tier schnell zu finden. Im Raum um München ist es meist Rehwild."
Ist das Tier nach dem Unfall nicht sofort tot, ist es in der Regel so schwer verletzt, dass eine Rettung nicht mehr möglich ist. Schreder erlöst es dann mit einem gezielten Schuss aus seinem Gewehr. "Das ist nicht schön und teilweise grausam, aber es muss eben manchmal sein."
"Man kann sich schon mal irren"
Vieles läuft natürlich auch bei der Flugplanung automatisch, der Flughafen München bekommt die Zeiten aus einem internationalen Datenverbund geliefert, schon umgerechnet auf London-Zeit.
Doch nicht alle Fluggesellschaften und privaten Flieger speisen ihre Zeiten ein, "und da müssen wir dann selbst rechnen, nach alter Methode", sagt Flugplaner Jörg Finke. "Meist sind das Flüge aus exotischeren Ländern oder von kleineren Gesellschaften." Zehn bis 15 Prozent aller Flüge betrifft das.
Flugplaner Jörg Finke. Foto: Flughafen München
Finke bändigt die Zeitzonen der Welt seit 28 Jahren am MUC, gemeinsam mit fünf Kollegen. Die Arbeit für Sonntag ist allerdings schon lange erledigt: Der Flugplan wird weit im Voraus angelegt, seit Februar ist er berechnet. "Es ist natürlich schwierig, dass nicht alle Länder gleichzeitig ihre Uhren umstellen, die USA zum Beispiel eine Woche nach uns – und manche gar nicht", sagt Finke.
"Da kann man sich schon mal irren. Aber das betrifft dann nur die Listen im Internet und die Anzeige am Flughafen. Wir merken das auch meist schnell." Und nun hofft er, dass Montag alles rundläuft.
"Dauert ein paar Stündchen"
Nirgendwo gibt es so viele Uhren auf einem Fleck wie in einem Uhrenladen. Ein Großteil seines Sortiments bestehe aus mechanischen Uhren und die stünden sowieso, weil sie aufgezogen werden müssten oder durch Bewegung am Laufen gehalten würden, erzählt der Juwelier Thomas Schwedler. "Wir haben aber 200 bis 300 Quarzuhren, die mit Batterie betrieben werden. Die müssen wir per Hand umstellen. Das dauert schon ein paar Stündchen."
Und auch wenn das für ihn am Montag nach der Zeitumstellung immer das große Zeigerdrehen bedeutet, ist Schwedler ein Befürworter der Sommerzeit.
Thomas Schwedler dreht ab Montag Hunderte Zeiger. Foto: Petra Schramek
Auch Uhrenmacher Christian Neugebauer von Uhren Hieber richtet sich zwei Mal pro Jahr auf Mehrarbeit ein: "Es kommen viele Kunden – sehr oft ältere Herrschaften –, die Hilfe beim Umstellen brauchen", sagt Neugebauer. "Manche bemerken dabei erst, dass die Batterie ihrer Uhr leer ist."
"Die Kühe sind da sehr sensibel"
Auf dem Nirschlhof in Grafing klingelt schon seit einigen Tagen der Wecker noch etwas früher als ohnehin schon – denn auf die Zeitumstellung muss das Milchvieh langsam vorbereitet werden. "Die Kühe sind da schon sehr sensibel", sagt Landwirtin Maria Veicht, "das merkt man schon, wenn man mal verschläft. Wenn man eine Stunde zu spät dran ist, dann sind die Euter schon prall gefüllt und die Kühe warten. Würden wir die Stunde nicht ausgleichen, würde denen das schon auch wehtun, das ist halt ein Druck, die Milch fängt dann auch zu tropfen an."
Die Eheleute Leonhard und Maria Veicht (l. junior, r. senior) mit Florian, Ludwig und Thomas, Hund Charly und den Kühen Orchidee und Kelly. F.: privat
Damit das nicht passiert, stellt Familie Veicht die Melk-Uhr peu à peu um, sobald eine Zeitumstellung ansteht. Maria Veichts Schwiegermutter – ebenfalls Maria Veicht – ist die Melkerin des Hofes, sie ist hauptverantwortlich für die Euter-Leerung der 60 Kühe. Sie hat in den vergangenen Tagen immer schon ab 5 gemolken und nicht wie sonst zwischen halb und viertel vor 6.
181 Uhren noch mal auf die Zeiger geschaut
Inzwischen läuft die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit und zurück fast überall automatisch und reibungslos, schließlich gibt es die Zeitumstellung schon seit 1980.
Allerdings ist auch ein Funksignal nur ein Mensch (zumindest hat es manchmal Aussetzer), und um sicherzugehen, dass das Signal aus der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Mainflingen bei Frankfurt am Main auch wirklich bei allen öffentlichen Uhren in München angekommen ist, kontrollieren Mitarbeiter des Baureferats ab Montag, ob sie die korrekte Uhrzeit anzeigen.
Insgesamt überprüfen sie 181 Anlagen: 119 Kirchturmuhren, drei Turmuhren, 15 Stadtuhren, 39 Schulturmuhren und drei Uhren an Altenheimen. Und stellen zur Not die großen Zeiger nach.
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