Zahlen zur Fußgängerzone: Die Münchner bummeln wieder
München - Natürlich, die Läden in der Sendlinger Straße spüren es auch so, dass drüben in der Kaufinger- und Neuhauser Straße in der Regel viel mehr flaniert wird als vor ihrer eigenen Ladentür. Aber der Blick auf die nackten Zahlen ist dann doch ein bisserl frustrierend. Und zeigt, dass die Sendlinger, obwohl längst auch Fußgängerzone, eben nicht Münchner 1a-Lage ist, sondern allerhöchstens 1b.
So jedenfalls liest das ziemlich unverblümt Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland (IVD), der gestern die neusten Passantenzahlen in der Münchner Innenstadt vorgestellt hat. "Ich weiß schon", sagt er, "dass man das an der Sendlinger Straße nicht so gerne hört."
Aber beschönigen hilft ja nichts. An zwei warmen Juli-Tagen in diesem Sommer habe man an zwölf Punkten in der Fußgängerzonen-Altstadt gemessen und verglichen. Heraus kam: Die Kaufingerstraße führt klar die Passantenfrequenz-Liste an. Über 8.000 Menschen pro Stunde sind am dortigen Messpunkt vorbeispaziert. Auf Platz zwei steht die Rosenstraße (rund 5.100 Passanten pro Stunde), auf drei der Stachus (5.000), gefolgt von Theatinerstraße (4.900), Weinstraße (3.700) und Dienerstraße (2.800).
Erst dahinter, abgeschlagen auf Platz sieben, kommt die Sendlinger Straße, und zwar mit ihrem marienplatznahen Teilstück Ecke Hackenstraße - mit mageren 2.400 Passanten. Das ist gerade mal ein Drittel der Menge an Flaneuren, die an der Kaufinger shoppen.
Noch dünner sieht es am hinteren Ende der Sendlinger aus, nahe der Dauerbaustelle Sendlinger-Tor-Platz. Dieses Stück liegt mit nur noch 1.800 Passanten nochmal drei Plätze weiter hinten auf der Liste. Hinter Residenzstraße und dem Tal (2.000 Passanten), welches damit als ziemlich verschlafenes Geschäftseck verortet wird. Nur die sauteure Luxus-Maximilianstraße wird mit knapp 800 Passanten noch weniger frequentiert.
Derselbe Laden kostet jetzt 22.400 Euro im Monat - statt 32.800
Aber all das sind nur Details eines Trends, der den Händlern zuletzt Hoffnung gemacht hat. Weil: Diesen Sommer waren in der Fußgängerzone teils sogar mehr Menschen bummeln als noch vor der Pandemie 2019.

Nach den Lockdowns und Beschränkungen der letzten zwei Jahre (Kippes: "Die Passanten-Kurve zeigt die schaurige Entwicklung") ist die Lust massiv wiedererwacht, Kleider, Bücher, Haushaltswaren und Co nicht nur online zu bestellen, sondern wieder richtig anzuschauen beim Bummel in der Stadt. Schwung bringen da auch die Touristen mit, deren steigende Zahl man gut an den wieder zunehmenden Hotelübernachtungen ablesen kann. Wären da nicht Inflation, Energiepreise und die Probleme mit den Lieferketten, könnten Händler langsam wieder entspannen.

Laden-Vermieter werden ohnehin eher lange Gesichter ziehen. Denn die krassen vorpandemischen Ladenmieten in den 1a-Lagen bekommen sie heute längst nicht mehr (im Schnitt 410 Euro pro Quadratmeter im Monat bei kleineren 80-Quadratmeter-Geschäften.

Wer damals seinen Ladenmieter verloren hat, etwa, weil er nicht bereit war, in der Pandemie, die Miete zeitweise zu reduzieren, bekommt vom Nachmieter im Schnitt nur noch 280 Euro pro Quadratmeter. Der neue Mieter zahlt fürs selbe Geschäft also statt satten 32.800 Euro Miete im Monat nur noch 22.400 Euro, rechnet Kippes vor. "Und auch das", sagt er, muss man ja erst mal erwirtschaften.
Bürohäuser trotz Homeoffice gefragt
In 1b-Lage sind die Ladenmieten ebenfalls rapide gefallen: von 180 Euro pro Quadratmeter noch im Frühling 2020 auf jetzt 110 Euro im vergangenen Herbst. Auf diesem Niveau pendelt es sich nun schon seit einem Jahr ein.
Besser gelaunt sind da sicherlich Vermieter von Büros, denn der Trend zum Homeoffice führt nicht dazu, dass zentrale Bürohäuser nicht mehr gefragt wären. Im Gegenteil. Ein schickes Büro in 1a-Innenstadtlage kostet pro Quadratmeter jetzt schon 38 Euro im Monat (2021 waren es noch 34,50 Euro). Und Firmen, die ihre Mitarbeiter aus dem Homeoffice zurück locken wollen, zahlen das auch.
München und seine Altstadt - das ist eben doch ein Magnet.