Wunsch nach Normalität

Eine Million Menschen in Bayern sind schwerbehindert – Kunststudentin Nicole Vorberg redet sich im Landtag beim 1. Tag behinderter Menschen ihren Frust von der Seele
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Wiedersehen nach 25 Jahren: Nicole Vorberg (rechts) und Landtagspräsidentin Barbara Stamm.
AZ Wiedersehen nach 25 Jahren: Nicole Vorberg (rechts) und Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

MÜNCHEN - Eine Million Menschen in Bayern sind schwerbehindert – Kunststudentin Nicole Vorberg redet sich im Landtag beim 1. Tag behinderter Menschen ihren Frust von der Seele

Sie ist winzige 84 Zentimeter groß. „Als Kind wollte ich es immer auf einen Meter bringen, aber das habe ich nicht geschafft“, erzählt Nicole Vorberg. Die 33-Jährige kam mit Glasknochen zur Welt. Einer angeborenen Krankheit, die meist mit Kleinwüchsigkeit verbunden ist. Nicole hat ihr Leben trotzdem fest im Griff: Sie lebt seit 13 Jahren in München, absolvierte hier die Realschule, machte Abitur und studiert seit 2003 Kunstgeschichte an der LMU. Nebenher arbeitet sie als studentische Hilfskraft beim Institut für Qualitätssicherung. „Gesunde Arbeit“, heißt das Projekt, in das sie eingebunden ist. Eine Sonderbehandlung gibt es für sie nicht. Darauf legt sie Wert.

Mit ihrem Lebenswillen und ihrer Leistungsfähigkeit beeindruckte die junge Frau gestern die Abgeordneten beim 1. Tag behinderter Menschen im Landtag. Eine Million Menschen in Bayern sind schwerbehindert. 300 Teilnehmer waren gekommen, um für ein besseres Miteinander zu sorgen. Erst einen Tag zuvor waren die Behinderten-Toiletten im Maximilianeum fertig geworden.

Nicole Vorberg ist eine fröhliche Frau. „Das ist meine Grundstimmung“, sagt sie lachend. Doch sie wird ernst, wenn sie an die bürokratischen Hürden denkt, die behinderte Menschen immer wieder überwinden müssen. „Jedes halbe Jahr muss ich aufs Neue Anträge stellen. Am liebsten würde ich drauf schreiben: Ich bin immer noch behindert. Dieses ständige Rechtfertigen und Begründen nervt“, redet sich Nicole vor den Parlamentariern den Frust von der Seele. Sie appelliert an die Politiker, in Behinderten nicht nur Aktenberge zu sehen, sondern Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, aber auch Fähigkeiten.

Als Nicole Vorberg im Steinernen Saal des Maximilianeums Landtagspräsidentin Barbara Stamm sieht, steuert sie mit ihrem blauen High-Tech-Rollstuhl auf sie zu: „Sie haben mir vor 25 Jahren geholfen, dass ich einen behindertengerechten Kinderwagen bekam“, bedankt sich die gebürtige Schweinfurterin bei Stamm. Sie hat diese Hilfe nie vergessen. Damals wurde ein Zwillings-Kinderwagen so umgebaut, dass sie darin Platz hatte. Stamm erinnert sich noch, wie es weiter ging: „Die fehlende Rampe vor der Schule war das nächste Problem“. Aber Nicole Vorberg hat sich durchgebissen, ihren Weg gefunden.

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