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"Wunderheiler" vergewaltigt und behandelt Kind mit Froschgift – Angeklagter streitet Vorwürfe ab

Am Dienstag sagt der Angeklagte in einem Vergewaltigungsprozess aus. Er streitet jegliche Schuld ab und hat stattdessen seltsame Erklärungen parat.
von  Julia Wohlgeschaffen
Ein Polizist bringt den selbsternannten Wunderheiler in den Gerichtssaal.
Ein Polizist bringt den selbsternannten Wunderheiler in den Gerichtssaal. © Matthias Balk/dpa

München - Im Prozess um den mutmaßlichen sexuellen Missbrauch einer damals 14 Jahre alten Patientin hat ein selbsternannter Wunderheiler und Schamane die Vorwürfe gegen sich abgestritten. "Zu jedem einzelnen Sachverhalt gibt es eine Vorgeschichte", teilte der Angeklagte am Dienstag zu Beginn seiner Aussage am Münchner Landgericht über eine Dolmetscherin mit.

Vergewaltigung sei Teil der "Therapie" gewesen

Wie absurd sich das anhört, was er dem Gericht da erzählt, scheint der Angeklagte nicht zu merken. Im Gegenteil, Pablo D. (Name geändert) wirkt sehr überzeugt von sich und hat für alle Ungereimtheiten die passende Erklärung parat: "In einem tiefen, tiefen Unterbewusstseinszustand, da kann alles Mögliche passieren", erklärt er auf Spanisch, eine Dolmetscherin übersetzt.

Kurz: Die Vergewaltigung hat sich das Mädchen quasi nur eingebildet. Eine Art übernatürliche Erfahrung also, im Rahmen einer "Therapie", die der selbst ernannte Wunderheiler und Schamane bei der Minderjährigen durchführte.

Nackt durch einen Wald gejagt und von Klippe geschubst

Für diese "Behandlung" steht der 64-jährige Chilene nun vor Gericht, wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, Vergewaltigung und Körperverletzung. Laut Staatsanwaltschaft nahm er in einem Wald sexuelle Handlungen an dem Mädchen vor, schubste es eine drei Meter hohe Klippe hinunter in einen Bach und massierte und vergewaltigte es danach in einem Wohnwagen. Auch bei einer weiteren Patientin soll er einen Missbrauch versucht haben.

Doch der Angeklagte mit dem lichten, grauen Haar, das er im Nacken zusammengebunden hat, wirkt während der Verhandlung nicht angespannt. Mit ausgestreckten, überschlagenen Beinen sitzt er in seiner schwarzen Kapuzenjacke auf der Anklagebank und erzählt seine Version der Geschichte mit ruhigen Handbewegungen.

Zunächst sei die Mutter der 14-Jährigen bei ihm aufgrund einer Vergewaltigung in der Kindheit in Behandlung gewesen und später auch die Tochter, so der Angeklagte, wegen der Trennung ihrer Eltern.

Schamane will Trauma mit Exorzismus austreiben

Seine Therapiemethode: Ängste und Traumata überwinden, durch eine bestimmte Atemtechnik, bei der das Unterbewusstsein aktiviert wird. "Während der Behandlung erlebt eine Person alle Traumata erneut", sagt Pablo D. und spricht dabei sogar von einer "Art Exorzismus".

Der entscheidende Punkt in seiner Argumentation: "Vor seiner Geburt bekommt ein Kind im Mutterleib die Traumata seiner Mutter mit", behauptet er. Und deshalb spürte das sexuell unerfahrene Mädchen während der Trance die Vergewaltigung ihrer Mutter. Er selbst habe die 14-Jährige laut eigener Aussage aber nie sexuell berührt.

Auch auf die Frage des Vorsitzenden Richters Martin Hofmann, wie seine DNA-Spuren dann in den Slip des Mädchens geraten seien, hat Pablo D. eine Erklärung: "Während der Behandlung kam etwas heraus, was sie nicht kontrollieren konnte. In diesem starken Moment fühlte ich mich wie eine Hebamme. Als sie gezittert hat, habe ich sie festgehalten." Der Prozess wird fortgesetzt, die Patienten sollen angehört werden.

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