Wohnungsmangel: Reiter hofft auf Hilfe vom Umland

München - Das Verhältnis zwischen München und dem Umland ist seit jeher – naja, sagen wir: etwas angespannt. Schon der Beziehungsstart im Jahr 1158 war eher unfreundlicher Natur. Da ließ Herzog Heinrich der Löwe der lukrativen Zolleinnahmen wegen eine Isarbrücke des Fürstbistums Freising niederbrennen, um ein Stück flussaufwärts eine eigene errichten zu können. Mit diesem Akt begann der Aufstieg einer Kleinsiedlung namens Munichen.
Die Beziehung hat sich seitdem kaum verbessert. Denn aus Munichen wurde München, aus der Kleinsiedlung eine Millionenmetropole – und die vermittelte bis zuletzt meist den Eindruck, alle Probleme selbst lösen zu können. Wo auch immer Münchner Politiker mit Kollegen aus der Region zusammentrafen: Am Ende hatten die Umlandgemeinden stets das Gefühl, vom großen Nachbarn ein bisschen untergebuttert worden zu sein.
Beim Wohnungsbau braucht München Hilfe aus dem Umland Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will an dieser Situation nicht nur etwas ändern, er muss sogar. München wächst bis 2030 um weitere 15 Prozent, die Menschen drängen ungebremst in die Stadt. Doch die freien Flächen für Wohnungsbau sind nahezu aufgebraucht. Nirgendwo ist noch Platz, um Häuser darauf zu stellen. Und alleine kann München dieses Problem keinesfalls lösen.
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Reiter hat gestern deshalb zu einer regionalen Wohnungsbaukonferenz eingeladen. Um die 400 Bürgermeister, Landräte und Vertreter von Wirtschaft sowie Interessenverbände kamen im Alten Rathaus zusammen, um darüber zu diskutieren, wie sich die Zusammenarbeit von München und den umliegenden Gemeinden verbessern lässt. Es sollte ein Austausch „völlig ohne Denkschranken“ werden, sagte Reiter bei der Eröffnung der Konferenz.
Natürlich hatte der Münchner OB auch nach vier Stunden Gesprächsdauer weder seinem Grünwalder noch seinem Pullacher Amtskollegen eine Zusage für sozialen Wohnungsbau am Isarhang abgerungen. Ohnehin waren konkrete Ergebnisse insgesamt eher Mangelware. Unzufrieden waren die Teilnehmer der Konferenz dennoch nicht. Wann kämen schon einmal Erdinger mit Sauerlachern ins Gespräch, wann Rosenheimer mit Dachauern? Für die Stimmung sei das Treffen allemal gut gewesen, hieß es.
Erfolg oder Desaster: In einem Jahr soll Bilanz gezogen werden Ob die Wohnungsbaukonferenz tatsächlich Wirkung hat oder doch als ergebnisloses Get-together in die Geschichte eingehen wird, lässt sich also erst in einem Jahr sagen. Dann will Reiter erneut zu einem Treffen einladen – und dann Bilanz ziehen, was aus den Initiativen geworden ist.
Schon jetzt ist allerdings klar, dass Reiter ohne Zugeständnisse seinerseits kein Entgegenkommen zu erwarten hat. Als greifbares Resultat der Konferenz wünscht sich Münchens Oberbürgermeister etwa, dass die Umlandgemeinden ihre Bauvorschriften überdenken.
Tausend Quadratmeter Grundfläche als Voraussetzung für den Bau eines Einfamilienhauses, das könne sich die Region nicht mehr leisten, sagte Reiter. Auch in ländlichen Gegenden müsse mehr über Geschossflächenbau nachgedacht werden.
Als Gegenleistung erwarten sich die Umlandgemeinden, dass in der Region das Nahverkehrsnetz ausgebaut wird und dass München sein politisches Gewicht in Berlin besser einsetzt, um neue Bahnverbindungen einzufordern. 1158 wird zwar auch das nicht ganz vergessen machen, aber immerhin werden keine Brücken mehr niedergebrannt. Vielleicht entstehen durch die Konferenz sogar neue – zumindest in den Köpfen.