Wohltuende Worte für die kritisierte Kanzlerin

Auf der Internationalen Handwerksmesse in München loben die vier Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft Merkels Flüchtlingspolitik. Die CDU-Chefin revanchiert sich prompt.
von  Von Otto Zellmer
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag bei der Internationalen Handwerksmesse IHM in München.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag bei der Internationalen Handwerksmesse IHM in München. © dpa

München - "Guten Tag, was möchten Sie mir zeigen?", fragt Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag freundlich am Stand einer Tischlerei auf der Internationalen Handwerksmesse (IHM). Der Tisch sei doch was für eine Terrasse, meint sie. Später nimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Drohne für Dachdecker – gebaut von Guido Morgenthal von der Uni Weimar – unter die Lupe, dann geht’s bester Stimmung zu einem Aussteller, der ein Modellauto präsentiert, das von einem 3D-Drucker erstellt wurde.

Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel der IHM in München einen Besuch abstattet, ist nichts Besonderes. Das hat sie auch schon die vergangenen Jahre so getan. Die Messestände alleine sind aber wohl nicht der Grund dafür, warum Merkel nach Bayern gekommen ist. Und sie sind auch nicht ausschlaggebend für ihre überaus gute Laune. Vor dem Rundgang hat nämlich ein Spitzentreffen mit Vertretern der Wirtschaft angestanden. Und das dürfte der Kanzlerin wohl noch ein bisserl länger im Gedächtnis bleiben.

Hat sie in letzter Zeit von vielen Seiten – und sogar aus den eigenen Reihen – heftige Kritik für ihre Flüchtlingspolitik einstecken müssen, so dürften die Worte der Chefs der deutschen Wirtschafts-Spitzenverbände Balsam für die geschundene Kanzlerin-Seele sein.

 

Großes Wirtschaftstreffen bei Internationaler Handwerksmesse

 

"Sie widersetzt sich diesen populistischen Äußerungen, die in Deutschland immer wieder zum Vorschein kommen, und versucht, mit vielen Einzelschritten dieses Problem in den Griff zu bekommen", sagt Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Das sei der richtige Weg. Und in der Debatte um Obergrenzen für Flüchtlinge sagt Eric Schweitzer, Präsident des Handelskammertags (DIHK), dass es eine solche nicht geben dürfe, "weil sie nicht umsetzbar sind".

Auch dauerhaften Grenzkontrollen in der EU erteilt Schweitzer eine Absage. "Sollte es keine europäische Lösung geben, und kommt es zum Aufbau von Grenzen innerhalb Europas, werden wir einen sehr hohen Wohlstandsverlust in Deutschland erleiden, und wir werden erheblich Arbeitsplätze verlieren", warnt er. "Europa ist nicht das Problem, Europa ist die Lösung", meint etwa der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo.

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Merkel reagiert erfreut: "Ich möchte mich ausdrücklich bedanken für ihre positive und konstruktive Haltung gegenüber den Menschen, die zu uns kommen als Flüchtlinge." Die "große Bewährungsprobe" stehe aber noch bevor, "weil ja gerade im letzten Jahr viele gekommen sind". Die Kanzlerin nimmt das Vertrauen aus der Wirtschaft in ihre Politik gerne an – und sagt der Wirtschaft sogleich Erleichterungen bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu.

Merkel will Bürokratie abbauen, Einarbeitungsmöglichkeiten schaffen und Praktika für Flüchtlinge verlängern. "Ich verspreche ihnen, dass wir über die Bundesagentur für Arbeit sehr eng zusammenarbeiten", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ein Versprechen, dass die Spitzenvertreter der Wirtschaft gerne gehört haben. Zumindest sie und Bundeskanzlerin Angela Merkel, so scheint es, stehen nicht auf Kriegsfuß.

 

Ein neuer Vorstoß des Vize-Kanzlers passt Merkel gar nicht

 

Bei all den lobenden Worten für Bundeskanzlerin Angela Merkel fällt es fast unter den Tisch, dass die vier Spitzenverbände am Freitag eine Erklärung abgegeben haben, in der geschrieben steht, dass sie die gesetzliche Angleichung der Löhne von Frauen an das Niveau ihrer männlichen Kollegen ablehnen.

Was Bundeskanzlerin Angela Merkel zu diesem Schreiben sagt? Man weiß es nicht. Was ihr aber gar nicht geschmeckt hat, war der Vorstoß von Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD), der ein neues Sozialpaket für die deutsche Bevölkerung einführen will. In der Koalition sei vereinbart, "darauf hinzuarbeiten, dass wir den ausgeglichenen Haushalt bewahren", sagt Merkel auf der IHM. "Was Leistungen für die einheimische Bevölkerung betrifft, haben wir eine Vielzahl von Projekten, die wir noch gar nicht umgesetzt haben."

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Trotzdem: Die Lobeshymen aus der Wirtschaft dürften Merkel gefallen haben – ebenso wie ein Geschenk von Guido Morgenthal, dem dachdeckenden Drohnen-Bauer. Er hat der Kanzlerin ein Herz aus Stein geschenkt – als Symbol dafür, dass sie in der Flüchtlingskrise Herz gezeigt hat. Zumindest die Wirtschaft hat der Kanzlerin am Freitag bei ihrer München-Visite Freude bereitet.

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