Wo Münchner nun Terrassen an die Straßen bauen

München - Zum ersten Mal hat Elisa Maschmeier im Frühling 2020 aus Paletten Sitzmöbel und aus einem Sandkasten ein Beet gebaut und es am "Breisässer Platz" in Haidhausen aufgestellt. Sie ist 27, eine Architektin und beim Kollektiv "die Städtischen" dabei. Die Gruppe pflanzt Sonnenblumen an kargen Ecken, projiziert Filme auf Hauswände, versucht, den öffentlichen Raum etwas schöner zu machen - so wie an der Straßenecke von Elsässer und Breisacher Straße, wo Elisa Maschmeier wohnt - und den Platz humorvoll als "Breisässer Platz" bezeichnet.
Im Frühling 2020 hat die Gruppe das Holz, das Werkzeug, die Schrauben selbst bezahlt oder es irgendwo zusammengesammelt. Eine offizielle Erlaubnis der Stadt für ihre kleine öffentliche Paletten-Sitzecke hatten die Freunde nicht.
2020 musste die Stadtterrasse noch abgebaut werden
Doch weil Genehmigungen in München wichtig sind, musste Elisa Maschmeier nach einer Beschwerde alles wieder abbauen. Diesen Frühling stellte sie ihre Palettenmöbel wieder auf den Platz. Eigenes Risiko, denn wieder hatte kein Verwaltungsmensch ein Antragsformular unterschrieben.
Diesmal durften die Möbel allerdings stehenbleiben. Denn seit diesem Sommer sind sogenannte Stadtterrassen erlaubt. SPD-Stadträtin Lena Odell hatte beantragt, dass die Münchner nicht nur ihre Balkone mit Liegestühlen, Palettenmöbeln, Gartengarnituren und Sonnenschirmen ausstatten sollen, sondern auch Plätze und Wiesen in der Stadt.
Seitdem haben Anwohner laut Kreisverwaltungsreferat fünf Stadtterrassen geschaffen: an der Blutenburgstraße, am Kaiserplatz, an der Adams-Lehmann-Straße und an der Heimeranstraße 39, an der Ecke Ganghoferstraße. Ein Antrag an der Volkartstraße ist noch in Bearbeitung.

In den meisten Fällen stecken so wie am Breisässer Platz keine Einzelpersonen dahinter, sondern Vereine oder Kollektive, sagt Stadträtin Odell. An der Adams-Lehmann-Straße half zum Beispiel die Nachbarschaftsbörse, Palettenmöbel aufzubauen.
"Corona hat München verändern"
Organisiert zu sein und Erfahrung mit Behörden zu haben, hilft wahrscheinlich beim Projekt Stadtterrasse: Denn man braucht eine Genehmigung des Bezirksausschusses, man muss einen Antrag bei der örtlichen Bezirksinspektion stellen. Das kostet 50 Euro. Elisa Maschmeier bekommt dieses Geld voraussichtlich vom Bezirksausschuss zurück.
Ihre Gruppe hat zudem noch weitere Fördertöpfe angezapft. 2.500 Euro bekommen sie vom Kulturreferat und ebenso viel vom Kreisjugendring. Damit wollen sie ihre Stadtterrasse erweitern. Vergangenes Wochenende verkleideten sie schon mal die Möbel. Dass plötzlich so viel Geld da ist für ein Projekt, das noch bis vor einem Jahr verboten war, freut Maschmeier.

Corona, sagt sie, habe München verändert. "Früher hat die Stadt einen oft gelähmt, weil alles so chic und so fertig war." Plötzlich gibt es Raum für Kreativität. In ihrem Viertel werde die Stadtterrasse gut angenommen, sagt die Architektin. Entstanden sei ein Treffpunkt für die Nachbarschaft - kein neuer Party-Hotspot. Aber sind fünf Terrassen für 1,5 Millionen Einwohner nicht etwas mau?
Im Gegenteil, finden Elisa Maschmeier und Lena Odell. Es sei erst der Start gewesen, nächstes Jahr machen sicher mehr Leute mit, glauben beide.

Heuer dürften nicht mehr viele neue Anträge eingehen. Denn Ende Oktober müssen die Terrassen abgebaut sein.