Wo ist die Polit-Prominenz in München? Der Nockherberg rutscht in die Bedeutungslosigkeit

Wie die Staatsminister am Nockherberg auf den Appell von Maxi Schafroth reagieren, eine Debatte um fehlende Bundesprominenz – und ein Krug voll Wasser.
von  Felix Müller, Christina Hertel
Fastenprediger Maxi Schafroth forderte die Politiker zu einem anständigeren Umgang miteinander auf.
Fastenprediger Maxi Schafroth forderte die Politiker zu einem anständigeren Umgang miteinander auf. © IMAGO / Sven Simon

München - Manchmal wird es beim Derblecken auch dann noch lustig, wenn die Kameras längst aus sind. Die AZ entdeckt bei einem sehr bekannten Münchner Politiker Wasser im Maßkrug. Wasser?! Ja, stimme schon, aber vorhin habe er ein Bier getrunken, erklärt der errötend auf Nachfrage. Aus dem Hintergrund schießt ein Parteifreund herbei, der es sichtbar nicht bei einem Bier belassen hat. Und ruft: "Das Wasser ist von seinem Bruder!"

Fastenpredigt am Nockherberg: Maxi Schafroth kritisiert "verbale Aufrüstung"

Brüder sind in der Politik ja plötzlich ein großes Ding – seit Hubert Aiwanger in der Flugblatt-Affäre eben jenen ins Feld geführt hatte. Um diesen Aiwanger, die Staatsregierung und deren Ton in den öffentlichen Debatten geht es an diesem Abend an den Tischen auf dem Nockherberg viel. "Eine Spirale der verbalen Aufrüstung", hatte Fastenprediger Maxi Schafroth zu Beginn seiner Rede bemängelt – und appelliert, zu einem anständigeren Umgang zurückzukehren. Ob sich das wohl jemand zu Herzen nimmt? Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger meint zwar, dass er "natürlich" immer reflektiere. "Aber eine Landtagsdebatte ist eben auch etwas anderes als ein Bierzeltauftritt."

CSU-Verkehrsminister Christian Bernreiter gibt sich sicher, dass er sein "Vokabular immer im Griff habe". Und CSU-Justizminister Georg Eisenreich stellt in Frage, ob der Nockherberg überhaupt der passende Ort für solche Appelle ist. Und Markus Söder? Hat eine ziemlich södereske Sicht auf die Dinge. Er sei "verbal die Friedensbewegung", erklärt er.

Robert Habeck kam nicht: Das Derblecken am Nockherberg hat an Bedeutung eingebüßt

Nur Landtagspräsidentin Ilse Aigner gibt zu, dass es bei der Art und Weise, wie ihre Kollegen im Landtag kommunizieren, noch Luft nach oben gibt: "Ich versuche alles, um den Laden zusammenzuhalten und zu appellieren, dass wir zwar hart in der Sache sein dürfen, aber vermeiden müssen, dass es ins Persönliche geht." Sie fürchtet, dass sich sonst für kommunale Ämter wie Landrat oder Stadtrat eines Tages kein Personal mehr findet.
 
Bundespolitisch hat das Derblecken offenbar weiter an Bedeutung eingebüßt. Bis zuletzt wurde geraunt, dass Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) vorbeischauen könnte. Schließlich war er an dem Tag sogar in München auf der Handwerksmesse.

Ludwig Hartmann, der lange Fraktionsvorsitzender Grünen im Landtag war, wirkt darüber ein wenig enttäuscht. "Ich hab ihm noch eine SMS geschrieben und gefragt, ob er kommt", erzählt er auf dem roten Teppich, bevor’s los ging. Hartmann holt sein Smartphone heraus. "Leider nein, schreibt er." Vielleicht, vermutet Hartmann, weiß Habeck noch nicht, wie wichtig, der Nockherberg in Bayern ist.

Kaum Polit-Prominenz in München – Aber Ude meint, dass "die anderen Bundesländer vor Neid erblassen"

Claudia Roth weiß das, trotzdem fehlt sie. Auch sonst lässt sich kein richtig prominenter Grüner blicken. Auch CDU und FDP haben niemanden aus Berlin nach München geschickt. Nur Kevin Kühnert von der SPD sitzt in der ersten Reihe. Kühnert hat offenbar auch mit mehr Prominenz gerechnet, schaut ganz erstaunt, als die AZ ihm erzählt, dass er das bekannteste (und eigentlich auch einzige) Berliner Gesicht im Saal ist.
 
Alt-OB Christian Ude grantelt dann auch ein bisserl über die Polit-Kollegen aus dem Rest Deutschlands. "Über diese Veranstaltung sagt das eigentlich wenig aus", sagt er der AZ, "eher darüber, dass die anderen Bundesländer vor Neid erblassen". Dass sie "nichts beitragen" sei doch "kleinkariert", findet er.

OB Dieter Reiter sorgt mit seinem Auftritt beim Nockherberg-Singspiel für Jubel

Beneidet wird in dem Saal vor allem einer: Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der beim Singspiel als gemütliche Biene auftritt. Applaus und Gejubel gabs für den Auftritt. Der letzte SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl Florian von Brunn sagte nach der Vorstellung zur AZ: "Ich mach dem Dieter einen Vorschlag. Er übernimmt die bayerische Spitzenkanditatur und ich werde OB." Anne Hübner, die Fraktionschefin der SPD im Stadtrat, hörte das und rief gleich: "Neeein, wir behalten unseren Dieter."
 
Reiter verriet der AZ noch, wie zufrieden er mit seinem Darsteller gewesen ist. "Der ist mir schon fast ähnlicher, als ich es mir selber bin." Das muss man erstmal schaffen!

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