Wo die Münchner wohnen wollen

... und wo sie am Ende wirklich landen, haben Forscher der TU München untersucht. Das Ergebnis: Wunsch und Wirklichkeit klaffen oft weit auseinander.
Thomas Gautier |
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Die Altstadt: Hier will jeder wohnen - doch das ist meistens zu teuer. Also machen viele Münchner Abstriche und ziehen raus - zum Beispiel nach Aubing, Neuhausen oder Langwied.
Martha Schlüter Die Altstadt: Hier will jeder wohnen - doch das ist meistens zu teuer. Also machen viele Münchner Abstriche und ziehen raus - zum Beispiel nach Aubing, Neuhausen oder Langwied.

München - Die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit beträgt im Schnitt 5,8 Kilometer. Wer in München ins Zentrum ziehen will, landet meist knapp sechs Kilometer weiter draußen – das ist das Ergebnis einer großen TU-Studie, die am Freitag vorgestellt wurde. Statt Altstadt, Lehel, Schwabing, Gärtnerplatz oder Glockenbach finden die meisten ein neues Heim in Langwied, Neuhausen, Sendling, Berg am Laim – oder noch weiter draußen.

Für die Studie haben Forscher des Lehrstuhls für Raumentwicklung knapp 1800 Münchner Mieter und Eigentümer befragt, die zwischen 2009 und 2012 umgezogen sind. Sie wollten erfahren: Wo wollte wer hin? Wo ist wer gelandet? Welche Abstriche mussten sie machen und was spielte bei der Entscheidung die größte Rolle? Die Ergebnisse im Überblick:

AM LIEBSTEN ZENTRAL
Fast jeder Befragte gab an, so zentral wie möglich wohnen zu wollen – egal ob Singles, Paare oder Familien. Überdurchschnittlich oft wollen demnach junge Menschen wie Studenten oder Berufsanfänger und Haushalte mit niedrigeren Einkommen in die City. Besonders gefragt ist eigentlich alles innerhalb des Mittleren Rings: Altstadt-Lehel, Ludwigsvorstadt, Isarvorstadt, Westend, Maxvorstadt oder Schwabing.

DER CITY-AUFSCHLAG
Ein Heim in der City müssen sich die meisten aus dem Kopf schlagen, weil’s zu teuer ist. Wer in der Innenstadt nach viel Anstrengung doch eine Wohnung findet, zahlt durchschnittlich 100 Euro mehr Miete als geplant – wer eine Wohnung kauft, zahlt 53 000 Euro mehr als gewünscht. Die Folge des City-Aufschlags: Im Zentrum wohnen immer mehr Reiche in immer größeren Wohnungen. Das schlägt sich auch in der Statistik nieder: Wer innerhalb des Mittleren Rings sucht, wird laut Studie nur in 45 Prozent der Fälle fündig.

DIE ZWEITE REIHE
Die einzige Lösung für Normalbürger ist in den meisten Fällen: weiter draußen suchen, in der zweiten Reihe. Wer eigentlich in Schwabing-West leben will, sucht auf einmal in Schwabing-Freimann. Wer in der Maxvorstadt oder in Altstadt-Lehel nichts passendes (oder Bezahlbares) findet, sieht sich in Neuhausen-Nymphenburg um – oder in Berg am Laim statt in Haidhausen. Hier werden mehr Menschen fündig: 64 Prozent außerhalb des Mittleren Rings, sogar 84 Prozent in der Region.

ODER GLEICH AUFS LAND?
Viele landen bei ihrer Suche auch im Speckgürtel – meist aber in derselben Himmelsrichtung, in der sie am Anfang gesucht hatten. Die Studie spricht hier von „Suchkorridoren“ entlang der ÖPNV-Linien: Von Schwabing-Freimann und Bogenhausen geht’s oft weiter nördlich nach Unter- und Oberföhring, Garching und Neufahrn. Wem Trudering nicht gefällt, sieht sich weiter östlich in Vaterstetten, Poing oder Erding um – das gilt auch für den Westen oder den Süden mit dem typischen Verlauf Obersendling-Forstenried-Neuried-Gauting-Planegg. Nur wenige wechseln komplett die Stadtseite.

NEUE KRITERIEN
Bei der zweiten oder dritten Wahl spielen neue Entscheidungskriterien eine Rolle. Ganz oben auf der Liste: Supermärkte in der Gegend und die Nähe zur U- oder S-Bahn. „Alle Haushaltsformen geben die Nähe zu ÖPNV-Haltestellen als wichtigstes Kriterium der Umgebung an“, steht in der Studie.
Ansonsten unterscheiden sich die neuen Kriterien je nach Sucher: Singles wollen ÖPNV-Anbindung, das ist ihnen wichtiger als Grün. Auch das Kulturangebot in der Gegend ist ihnen laut Studie besonders wichtig, genau wie die Nähe zu Familie und Freunden. Familien suchen vor allem eine „kinder- und familienfreundliche Umgebung“, also eine schöne Wohnanlage, nette Nachbarn, Schule und Kindergarten vor Ort.  Sie legen bei ihrer Suche die größten Distanzen zurück – ziehen also weiter weg von Familie, Freunden, breiterem Kulturangebot und Arbeitsplatz. Dafür können sie oft die Größe und Ausstattung ihrer Wohnung verbessern.

DIE FLOP-VIERTEL
Besonders unzufrieden zeigen sich Befragte der Studie in den Neubaugebieten Hirschgarten und Parkstadt Schwabing. Wer dort hinzieht, hat zwar eine recht gute Anbindung mit den Öffentlichen, muss aber deutlich mehr für Miete oder Kauf zahlen als geplant. Er bekommt aber nicht die Vorteile, die er im Zentrum bekommen hätte.
Anders gesagt: Er hat einfach mehr erwartet. „Gut angebunden, aber schlecht versorgt“, so bringt es die Studie auf den Punkt. Und: „Besonders groß ist die Unzufriedenheit am Hirschgarten“, so die Forscher. Der Grund: Zu wenig Läden und Supermärkte.

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