Wo die Mandolinen blühen
Jeden Freitag erzählt in der AZ ein bekannter Münchner von seinem Wochenende. Heute ist das der Kabarettist Holger Paetz.
Die Tragik eines Kabarettisten ist es ja, von Oktober bis April immer unterwegs zu sein. Dieses Wochenende habe ich aber tatsächlich Freitag und Samstag frei, das erste Mal seit Langem. Da weiß man fast gar nicht, was man mit sich anstellen soll.
Der Kabarettist hockt dann ganz gern mal daheim und glotzt blöde aus dem Fenster. In West-Schwabing, wo ich wohne, kann man das gut machen. Viele schöne Jugendstil-Fassaden. Aber bei den Mieten darf man ja auch erwarten, dass einem optisch was geboten wird.
Für dieses Wochenende habe ich allerdings schon Pläne, ziemlich konkrete sogar. Am Freitag werde ich einen alten Freund am Ammersee besuchen. Der ist Bootsbauer und hat selten Zeit, eigentlich immer nur dann, wenn ich keine Zeit habe. Am Freitag aber kommen wir mal wieder zusammen und jammen ein bisschen. Gitarristisch. Er ist genau so ein Musikverrückter wie ich. Ich habe ja als Liedermacher angefangen und das auch nie ganz aufgeben können. Jetzt wollen wir wieder etwas Musikalisches aufbauen. Falls es zeitlich klappt.
Bei mir daheim häufen sich alte Instrumente. Als Sammler sehe ich mich aber nicht, ich glaube eher: die sammeln mich! Vor allem die amerikanische Mandolinen-Kultur hat es mir angetan. Da kann man leider richtig viel Geld ausgeben. Suchtgefahr! Aber es hat halt jeder so seinen Spleen. Und ich gehe eben beim Mandoline-Spielen richtig auf. Wenn ich so ein altes Ding in der Hand habe, vergesse ich die Zeit. Für mich ist das pure Meditation.
Für den Samstag habe ich mir vorgenommen, ins
Stadtmuseum zu gehen. Da wird derzeit ein berühmter Fotograf ausgestellt, Hermann Landshoff. Der Name wird dem einen oder anderen etwas sagen. Er war Jude, ist in Solln aufgewachsen, musste 1933 nach Frankreich emigrieren, ist von dort in die USA gegangen und hat Karriere gemacht. Landshoff war einer der ersten, der darauf kam, dass man hübsche Frauen nicht nur auf dem Laufsteg fotografieren kann, sondern auch in ganz alltäglichen Situationen. Er hat auch viel Architektur abgelichtet und einige weltberühmte Porträtfotos gemacht. Und da gibt es im Stadtmuseum eben gerade eine Retrospektive.
Danach werde ich mich noch ins Stadtcafé setzen. Das ist ein wilder Laden mit viel Betrieb. Gefällt mir. Ich kann da auch gut schreiben, da geht am besten im größten Trubel. Am Sonntag muss ich dann für einen Auftritt nach Tübingen. Sonst trete ich ja jeden letzten Sonntag im Monat mit meinem satirischen Monatsrückblick im Valentin-Musäum auf. Aber der Februar ist ja so kurz. Wir haben dann ja tatsächlich schon März.
Ins Valentin-Musäum gehe ich auch gerne einfach mal so. Sehr zu empfehlen übrigens: die Hommage an Christian Moser! Aber natürlich auch die ständige Ausstellung mit Liesl Karlstadt und
Karl Valentin.
Ansonsten bin ich viel in meinem Viertel unterwegs. Ich streife oft über den Alten Nordfriedhof und spreche meine Texte vor mir her. Heute fällt das ja nicht mehr so auf, wenn einer vor sich hin brabbelt. Früher hätte man die Polizei gerufen, aber heute könnte es ja sein, dass er telefoniert.
Auch sehr schön ist das Café Clara in der Isabellastraße. Da bekommt man einen fantastischen Zupfkuchen, da hole ich mir sonntags gerne mal ein Stück. Was ich auch schwerstens empfehlen kann, ist die Trattoria Da Bello e Bello in der Elisabethstraße. Wunderbares Lokal. Warme Küche den ganzen Tag. Sehr praktisch, wenn man um 16 Uhr merkt, dass man Hunger hat. Vielleicht schaue ich dieses Wochenende wieder vorbei. Und anschließend – also wenn noch Zeit bleibt – gucke ich wahrscheinlich noch ein bisschen aus dem Fenster.
Protokoll: Florian Zick
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