Witwe des Herrsching-Opfers: "Sah in jedem den Mörder"

Im Gespräch mit der AZ schildert die Witwe von Josef Enzesberger, was sie in den 18 Jahren erlebte, nachdem ihr Mann im Januar 1996 vor der Haustür erschossen worden war.
Nina Job |
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Die Beerdigung: Am 13. Januar 1996 trägt Erika Enzesberger (2.v.re) ihren Mann zu Grabe.
az Die Beerdigung: Am 13. Januar 1996 trägt Erika Enzesberger (2.v.re) ihren Mann zu Grabe.

Im Gespräch mit der AZ schildert die Witwe von Josef Enzesberger, was sie in den 18 Jahren erlebte, nachdem ihr Mann im Januar 1996 vor der Haustür erschossen worden war.

AZ: Frau Enzesberger, nach so langer Zeit ist doch noch der Mörder Ihres Mannes ermittelt worden. Haben Sie noch damit gerechnet?
ERIKA ENZESBERGER: Ich bin sehr froh, dass es jetzt endlich geklärt ist. Für mich war das sehr, sehr wichtig. Wo auch immer mein Mann jetzt ist, hoffentlich kann er nun zur Ruhe kommen. Ich bin durch die Hölle gegangen die letzten 18 Jahre. Die Polizei hat ja auch mich verdächtigt. Vielleicht habe ich zu oft nachgefragt, ob es etwas Neues gibt. Es gab auch böse Zungen im Ort, die behauptet haben, dass ich meinen Mann loswerden wollte und ihn umbringen ließ.

Tödliche Verwechslung: Mörder gesteht nach 18 Jahren


Wie fühlt sich das an, wenn andere denken, man sei eine Mörderin?

Ich wusste ja, dass ich nichts damit zu tun hatte. Aber durchstehen konnte ich das alles nur, weil ich viele liebe Menschen hatte, die mich all die Jahre begleitet haben. Wer war das? Das sind vor allem meine Schwester, mein Schwager, mein Chef und meine Chefin. Ich bin seit 43 Jahren Haushälterin. Diese Vier haben immer gesagt: „Egal, was rauskommt, wir stehen zu dir.“

Haben Sie für möglich gehalten, dass der Täter Ihren Mann gar nicht gekannt hat?

Ich hatte einen ganz konkreten Verdacht gegen einen Menschen. Das habe ich damals auch der Polizei gesagt. Aber ich habe mich getäuscht.

Belastet Sie das, dass Sie jemanden falsch verdächtigt haben?

Ich habe mich in Gedanken bei ihm entschuldigt. Er hat es ja nicht gewusst.

Hatten Sie Angst, dass der Mörder wieder kommen und auch Sie töten könnte?

Angst kenne ich nicht. Am Anfang dachte ich, soll er doch kommen und mich auch noch umbringen, dann habe ich Ruhe.

Sind Sie nach dem Mord weggezogen?
Nein, ich wohne immer noch in dem selben Haus. Am Anfang hat mich die Polizei begleitet, da durfte ich keinen Schritt alleine machen. Kurz nachdem mein Mann erschossen worden war, wurde das Haus eingerüstet und renoviert. Da bin ich immer durchs Gerüst geklettert, um nicht über die Treppe gehen zu müssen, wo er gelegen ist. Manchmal sehe ich ihn noch dort liegen.

Wo waren Sie zur Tatzeit?
Ich war arbeiten. Mein Vater hat mich benachrichtigt. Ich bin dann sofort hin. Mein Mann lag noch bis 13.45 Uhr dort vor dem Haus.

Erinnern Sie sich an das letzte Gespräch mit ihm?
Wir saßen beim Frühstück und sprachen über meinen Geburtstag am 10. Januar. Er wollte einen Dynamo fürs Fahrrad besorgen und er wollte zur Bank. Deswegen dachte ich zuerst, dass es ein Raubmord war.

Denken Sie oft an Ihren Mann?
Ich besuche ihn und unseren Sohn jeden Tag auf dem Friedhof. Unser Sohn starb vier Jahre vor meinem Mann bei einem Autounfall.

Wie geht es Ihnen heute?
Man wird härter im Leben, wenn man so etwas erlebt hat. Aber ich lebe noch und ich möchte noch ein paar Jahre leben. Seit drei Jahren habe ich einen neuen Lebenspartner. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas noch passiert. Ich wollte keinen anderen Mann mehr, ich habe ja in jedem Mann den Mörder gesehen. Es hat sich einfach ergeben.

Voraussichtlich im Herbst wird sich der Mörder vor Gericht verantworten müssen. Werden Sie dabei sein?

Ja, ich möchte als Nebenklägerin dabei sein. Ich will diesem Menschen auf jeden Fall einmal in die Augen sehen.

Was wäre eine gerechte Strafe?
Eine gerechte Strafe gibt es für diesen Menschen eigentlich nicht. Er hat ein Leben ausgelöscht, einen völlig Unschuldigen getötet. Aber so ist es eben. Das Wichtigste für mich ist, dass er überhaupt bestraft wird.

Was empfinden Sie für den Mörder Ihres Mannes?

Ich werde ihm nie verzeihen. Er hat meinen Mann hingerichtet. Und wie man heute weiß, total grundlos. Für ihn ist es ein Versehen gewesen.

 

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