Wirtshaus wird zum Ladenhüter

MÜNCHEN - Das Rauchverbot führt nun auch zu Umbrüchen am Immobilienmarkt für Gastronomieobjekte. Weil Gäste lieber zu Hause trinken, will auf dem Land keiner mehr Lokale pachten:
„Vor allem auf dem flachen Land tun sich die Brauereien zunehmend schwer, Wirte für ihre Objekte zu finden“, erklärte Dr. Lothar Ebbertz, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. Auch Pachtverlängerungen würden nur noch selten angefragt. Das Wirtshaus wird zunehmend zum Ladenhüter.
Während die Gastronomen früher Schlange standen, um den Zuschlag für ein Objekt zu bekommen, sei es jetzt genau umgekehrt: Pachtminderungsbegehren oder sogar Kündigungen seien laut dem Verein zur Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) keine Seltenheit mehr. „Das Verhältnis zwischen Gastronomen und den als Verpächtern auftretenden Brauereien gerät dadurch zunehmend in eine gefährliche Schieflage“, so Ebbertz. Zuletzt hatten unter anderem die Geschäftsführer der Erdinger Discothek Night Flight ihren abruptes Rückzug mit dem strengen Rauchverbot erklärt.
Der Hauptgrund
Hauptgrund für die Zurückhaltung der Gastronomen sei die zunehmende Verlagerung des Konsums in den privaten Bereich. „Wir stellen fest, dass viele Gäste ihr Bier heuer lieber zu Hause konsumieren, wo sie auch rauchen dürfen“, sagte der Brauerei-Experte. Wirtshäuser hätten dadurch Umsatzrückgänge von 10 bis 50 Prozent zu verzeichnen. Auch die Gastronomie von Hofbräu in Bayern verzeichnete in den ersten beiden Monaten des Jahres einen Absatzrückgang beim Bier um 17 Prozent.
Diese Beobachtungen machen auch die anderen Brauereien: Um 14 Prozent sei der Umsatz beim Fassbier bei der Schlossbrauerei Odelzhausen zurück gegangen. Osser-Bier verzeichnet einen Rückgang um 15 Prozent, die Brauerei Graf Törring klagt über 10 bis 15 Prozent weniger Verkauf.
27 Verfahren
Gegen das Rauchverbot in der Gastronomie sind derzeit beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe insgesamt 27 Verfahren anhängig, die sich unter anderem gegen die Rauchverbote in Hessen, Hamburg und Bayern richten.
Der Erste Senat will am 11. Juni über das Gesetz verhandeln. Dann soll eine Verfassungsbeschwerde von zwei Gastwirten mit kleinen Gaststätten und einer Diskothekenbetreiberin geprüft werden. Die Wirte sehen sich durch das Rauchverbot in ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt, zudem werde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
Daniel Aschoff