Wirtshaus-Wiesn: Das Schöne am Geschmeidigen

Die Wirtshauswiesn, erfunden im ersten wiesnlosen Coronajahr, ist ein Oktoberfestrenner geworden. Regenwetter? Ist egal. Anplärren muss man sich auch nicht trotz Live-Blasmusik.Und: Die Maß ist billiger.
von  Irene Kleber
Im Augustiner Klosterwirt am Dom hat Wirt Gregor Lemke jeden Tag andere Livemusiker auftreten lassen - wie hier die Urner Musi.
Im Augustiner Klosterwirt am Dom hat Wirt Gregor Lemke jeden Tag andere Livemusiker auftreten lassen - wie hier die Urner Musi. © privat

München - Hendl, Haxn, Steckerlfisch, Auszogne und eine Maß nach der anderen, so geht das früh um 11 Uhr schon los im Schneider Bräuhaus im Tal (das viele Münchner immer noch "Weisses Bräuhaus nennen), 14 Tage schon, seit Wiesn ist.

Die Freunde der Münchner Gmiatlichkeit, sie strömen zur Wirtshauswiesn in die Innenstadt. An manchem verregneten Mittag möchte man fast glauben: sogar lieber in die warmen Wirtshäuser zwischen Dom, Platzl und Isartor als raus, zur heuer gemein nasskalten echten Wiesn mit ihren zugigen Bierzelten auf der Theresienwiese.

Kristina Klaric (r.), Wirtin im Braunauer Hof, mit Bedienung Tena.
Kristina Klaric (r.), Wirtin im Braunauer Hof, mit Bedienung Tena. © privat

"Dass die Wirtshauswiesn so einschlägt", sagt Schneider-Bräuhaus-Wirt Otmar Mutzenbach, "das hab ich wirklich nicht gedacht." Die geniale Erfindung der Innenstadtwirte aus dem ersten wiesnlosen Coronajahr 2020, einfach Wirtshäuser zwei Wochen lang oktoberfestmäßig zu dekorieren und Blasmusik live spielen zu lassen, läuft heuer zum dritten Mal - und hört man sich um unter den 50 Wirtinnen und Wirten, die mitmachen, ist viel Begeisterung zu hören.

50 Wirtshäuser haben zeitgleich ozapft - mit 143 Schlägen

660 Plätze drinnen hat zum Beispiel Mutzenbach, schon vormittags ist da kein Platz mehr zu kriegen, draußen stehen Menschen Schlange. Gegen 14 Uhr leert sich der ein oder andere Tisch mal kurz, aber dann füllt sich's auch sofort wieder, bis halb elf in der Nacht. "Wir können uns grad vor lauter Gschäft gar nicht retten", sagt er, es laufe sogar besser als noch vor Corona zu dieser Jahreszeit. "40 Prozent der Gäste bringt die Wirtshauswiesn zusätzlich zu mir."

Und zwar nicht, wie früher oft, "die Besoffenen von der Wiesn, mit denen es keinen Spaß macht", sondern neues Münchner Publikum, "auch Leute aus dem Umland, Firmen von auswärts, schee is des".

"Wir können uns grad vor lauter Gschäft gar nicht retten", sagt Wirt Otmar Mutzenbach, hier mit Bedienung Ursa, im Schneider Bräuhaus.
"Wir können uns grad vor lauter Gschäft gar nicht retten", sagt Wirt Otmar Mutzenbach, hier mit Bedienung Ursa, im Schneider Bräuhaus. © Daniel von Loeper

Drüben am Dom ist das so ähnlich zu hören. "Die Leute haben das entspanntere, geschmeidigere Wiesnfeiern im Wirtshaus ohne Tanzen auf den Bänken lieb gewonnen", meint Wirt Gregor Lemke vom Augustiner Klosterwirt, der auch Sprecher der Innenstadtwirte ist. 60 Prozent seiner Gäste im fast durchweg vollen Wirtshaus mit 430 Innenplätzen kommen in diesen Tagen in Tracht, freuen sich am Akkordeon-Harfe-Duo oder an einer Blasmusikkapelle, "und müssen sich trotzdem beim Reden nicht anschreien".

Wirtshauswiesnmaß ist fast ein Schnäppchen

Noch so ein Pluspunkt: Die Wiesnmaß kostet bei der Wirtshauswiesn im Klosterwirt 9,80 Euro (im Schneider Bräuhaus sogar nur 9,38 Euro), fast schon ein Schnäppchen gegen die bis zu 13,80 Euro auf der Theresienwiese. Da bleibt mehr Geld übrig, um sich auch noch Hendl und Wiesnhaxn einzuverleiben, wie bei den Wirts-Geschwistern Kristina und Mario Klaric am Isartor im Wirtshaus im Braunauer Hof. "Für uns ist die Wirtshauswiesn inzwischen schon eine kleine Tradition geworden", sagt Kristina.

Übrigens hat die dritte Wirtshauswiesn die vom letzten Jahr in noch einer Zahl überboten: beim Anzapfen. Beachtliche 143 (statt 139) Schläge hat's gebraucht, bis in den 50 Wirtshäusern Wiesnbier geflossen ist. Aber daran lässt sich dann ja nächstes Jahr noch feilen.

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