Wirtshaus im Wohnzimmer: Hier wird die Münchner Gasthauskultur gewürdigt

Der Lockdown ist ein Trauerspiel für Freunde des gepflegten Hellen, von Geschichten am Tresen und der Stammkneipe. Ein neues Buch würdigt Wirte, deren Rezepte und die Gasthauskultur in der Stadt.
Ruth Frömmer
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Kurze Konditoren-Pause im Café Erbshäuser.
Ingolf Hatz/Christian Verlag 4 Kurze Konditoren-Pause im Café Erbshäuser.
Auch die Bar Griabig ist im Buch.
Ingolf Hatz/Christian Verlag 4 Auch die Bar Griabig ist im Buch.
Hinter den Graffiti-Mauern kocht das Mural angesagte Sterne-Küche.
Ingolf Hatz/Christian Verlag 4 Hinter den Graffiti-Mauern kocht das Mural angesagte Sterne-Küche.
Das Buch "München: Gerichte. Porträts. Geschichten" vom Christian Verlag.
Christian Verlag 4 Das Buch "München: Gerichte. Porträts. Geschichten" vom Christian Verlag.

München - Erinnern Sie sich noch an Ihren letzten Wirtshausbesuch oder den letzten Kaffeeklatsch im Café? Für alle, die sich nach Wirtshaus- und Café-Kultur sehnen, gibt es jetzt das perfekte Trostpflaster.

In dem Buch "München. Gerichte. Porträts. Geschichten" von Hannelore Fisgus und dem Fotografen Ingolf Hatz dreht sich alles rund um die Münchner Gastronomie-Landschaft und ihre Menschen.

Schwerpunkt auf der bayerischen Küche

Die Autorin stellt nicht einfach querbeet irgendwelche Lokale vor, sondern führt einen kulinarischen Streifzug durch die Stadt anhand ausgewählter Restaurants, Bars und Cafés - immer mit dem Schwerpunkt auf bayerischer Küche. Interessant macht's die Mischung von traditionell bis experimentell, von edel bis Imbiss. Das Besondere: Zu jedem Lokal bekommt der Leser viele Bilder, Geschichten und ein oder mehrere passende Rezepte dazu.

Von Frühstück bis Süß, von Mittagessen über Brotzeit zum Bier

Los geht's mit dem Schwerpunkt Frühstück. Hier erfährt man zum Beispiel, dass es im Gründerzeit-Eckhaus, in dem sich heute das Haidhauser Café Reichshof befindet, schon 1897 ein Kaffeehaus gab. Dort traf sich einst der junge Karl Valentin mit seinen Freunden zum Billardspielen. Heute gibt es dort Kaffee, Kuchen und Gebäck der Bio-Bäckerei Ludwig Neulinger.

So funktioniert die moderne Weiterentwicklung der bayerischen Küche

Ein eigenes Kapitel widmet sich dem Thema Frühschoppen. Hier dürfen natürlich die Gaststätte Großmarkthalle, bei den Münchnern besser bekannt als "Beim Wallner" und ihre berühmten Weißwürste nicht fehlen.

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Wer zum Thema Mittagessen einfach ein paar typisch bayerische Gasthäuser erwartet, liegt falsch. Hier zeigt die Autorin, wie die moderne Weiterentwicklung der bayerischen Küche funktioniert. Die kreative Kartoffelküche des Viktualienmarkt-Standls Caspar Plautz und der Kiosk Milchhäusl im Englischen Garten werden neben dem Schneider Bräuhaus oder dem Café-Bistro Dallmayr vorgestellt.

Ein Abstecher zum Dantler nach Giesing erklärt, was ein bayerisches Deli ist. Hier wird die japanische Ramen-Suppe ebenso bayerisch interpretiert wie das New Yorker Pastrami-Sandwich.

Das Café Luitpold und die Frauenbewegung

Was das Café Luitpold mit der Frauenbewegung zu tun hat und warum man dort unbedingt einmal eine Stielkirsche probieren muss, erfährt man im Kapitel "München süß".

Das Buch "München: Gerichte. Porträts. Geschichten" vom Christian Verlag.
Das Buch "München: Gerichte. Porträts. Geschichten" vom Christian Verlag. © Christian Verlag

Tatsächlich fand dort 1899 der Erste Bayerische Frauentag statt. Mit prominenter Unterstützung (etwa von Rainer Maria Rilke) engagierten sich 50 Frauen gemeinsam für Unabhängigkeit und das Recht auf Bildung.

Café Erbshäuser: Heute eher puristisch geführt

Dort steht auch die Geschichte des weniger bekannten, aber nicht weniger geschichtsträchtigen Café Erbshäuser. 1875 von Heinrich-Georg Erbshäuser als "Conditorei & Schokoladenfabrik" gegründet, wurde es bald zu einem Stammcafé für den Adel und höfische Beamte. 1886 kreierte Erbshäuser dem Prinzregenten Luitpold von Bayern zu dessen 65. Geburtstag eine eigene Torte: die Prinzregententorte.

Heute führt die Urenkelin des Gründers, Gerti Karmann, das Café eher puristisch. Lediglich ein paar schwarz-weiße Fotografien an den Wänden erinnern noch an die alte Konditorei. Der Schwerpunkt liegt auf den Spezialitäten, die in der Backstube hinter dem Laden gefertigt werden.

Gastronomische Bandbreite der Stadt kurzweilig präsentiert

So könnte man noch ewig weiterschmökern. Andere Kapitel widmen sich den Themen Brotzeit, Bier, Abend oder Außergewöhnlich. Auch eingefleischte Münchner werden das ein oder andere Lokal oder eine Anekdote finden, die sie noch nicht kennen.

Vom Viktualienmarkt, der Craft-Beer-Spezial-Kneipe Frisches Bier über die Champagner-Bar Kubaschewski am Stachus bis zum jungen Xaver's präsentiert Hannelore Fisgus die gastronomische Bandbreite der Stadt, ohne zu langweilen.

Auch wenn es mit dem Lockdown noch etwas dauern wird, bis man die Lokale besuchen kann: Hiermit kann man sich in aller Ruhe einen Plan für die Zeit danach machen. Und in der Zwischenzeit daheim auch mal etwas aufwendiger kochen.


Hannelore Fisgus: "München: Gerichte. Porträts. Geschichten", Christian Verlag, 29,99 Euro.

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2 Kommentare
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  • am 17.04.2021 16:14 Uhr / Bewertung:

    Naja, wenn man ein Buch lesen muß, um Münchner Wirtshäuser zu kennen oder kennen zu lernen - oder gar Münchner Gerichte? Nein, nicht das Landgericht München II und den Freispruch von Uli H. Sondern Beauf a la mode oder Münchner Kalbshaxe. Und Semmelknödel. Darfs a Bisserl mehr sein? Den Tschaina-Tower? Wer redet denn heute noch vom Zerwirkgewölbe? Vor allem: Wie viele Wirtshäuser es in fast jedem Stadtviertel gibt, die man getrost abessen kann. Ach ja, nostalgisch auch noch den Augustinerkeller. Und dann fahrn manche aufs Land!???? Beste Grüße

  • Antisöder am 17.04.2021 12:14 Uhr / Bewertung:

    Gute Überschrift und so passend.
    Ich hab mein Wirtshaus auch im Wohnzimmer und ich muss sagen, läuft, gut besucht.

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