Wirtschaftsminister in München: Robert Habeck zu Gast bei Freunden

München - Ein Grünen-Politiker, dazu noch aus dem höchsten Norden, unter bayerischen Wirtschaftsvertretern? Kann nur gutgehen - wenn es sich um Robert Habeck handelt.
Schon bei der Begrüßung durch den Präsidenten der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Wolfram Hatz, der dem zum Bayerischen Wirtschaftsgespräch geladenen Bundeswirtschaftsminister seinen Respekt ausspricht, spürt man: Der Schleswig-Holsteiner hat ein Heimspiel in München.
Habeck ist gekommen, um zu beruhigen. "Wir können handeln, und wir müssen handeln." Aus der Krise erwachse auch eine Chance, indem man sehe, was tatsächlich machbar sei, wenn der Druck wächst - etwa in Bezug auf die Infrastruktur im Bereich LNG-Terminals. Habeck: "Wir lernen gerade, wie Entbürokratisierung und Beschleunigung eigentlich funktionieren kann."
Reaktivierung von Kohlekraftwerken: "klimapolitisch erbärmlich", aber notwendig
Am Montag war der vorzeitige Beginn der Arbeiten für den Bau des ersten deutschen LNG-Terminals genehmigt worden. Ab Ende 2022, sagt Habeck, soll Gas über Brunsbüttel und Wilhelmshaven nach Deutschland kommen. Dass auch Kohlekraftwerke reaktiviert werden, sei zwar "klimapolitisch erbärmlich", räumt der Minister ein, aber dennoch notwendig.
Zudem, so kündigt er an, soll im nächsten halben Jahr - statt wie zuvor geplant 2024 - ein sogenanntes "Wasserstoff-Backbone" für Europa und Deutschland entworfen werden. Dabei gehe es darum, wie das neue Energiesystem aufgebaut werde, wer es trage und wie es angeschlossen werde.
Dass man sich über alle unterschiedlichen Standpunkte hinweg auf eine Strategie habe einigen können und in der Krise nicht auseinanderfalle, zeige, "dass dieses Land bereit ist, den billigen politischen Vorteil beiseitezulegen und zusammenzustehen".
Habeck kündigt weitere Sanktionen gegen Russland an
Habeck spricht frei und lässt das Rednerpult links liegen, wendet sich direkt an die Zuhörer, die in stiller Sympathie seine Worte aufnehmen - auch, als er die eigene Koalition lobt: "Deutschland hat die letzten zehn Jahre keine handelspolitische Stimme gehabt", sagt er. Jetzt aber sei es gelungen, auch in neue Verträge Themen wie Arbeitnehmerrechte und Klimaschutz aufzunehmen, "weil Deutschland wieder eine wahrnehmbare Stimme in der EU gefunden hat".
Die Sanktionen gegen Russland bezeichnet er als wirksam. Es werde über weitere Schritte nachgedacht. "Wir sind noch lange nicht am Ende. Von mir aus laden wir noch mal nach."
Am Ende muss der Grüne Habeck doch noch die Harmonie mit den bayerischen Wirtschaftsvertretern stören: Die Verlängerung der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke, die Hatz gefordert hatte, lehnte er ab. Diese nutzten nichts in der Industrie und bei der Wärmeversorgung. Außerdem müsse man einen Weg finden, sie weiter zu betreiben, ohne eine Neugenehmigung durchzuführen. Dies würde einen Abstrich bei rechtlichen Sicherheitsnormen bedeuten und die Türen für eine riesige gesellschaftliche Debatte öffnen. Das zerstöre eventuell den gesellschaftlichen Frieden.
In Frieden scheidet Habeck von seinen Gastgebern. Hatz überreicht als Geschenk einen bayerischen Löwen. Eine Stichelei beinhaltet das zweite Geschenk: ein Notstromaggregat mit Dieselmotor, das Habeck doch bitte verschenken solle, neckt ihn Hatz. Der Minister schluckt's und verlässt die heftig applaudierenden Bayern - dieses Spiel hat er gewonnen.