Neuer Trend bereitet Mietern in München große Sorgen: "Wird noch schlimmer"
München - Der Münchner Verein Haus und Grund Verein vertritt die Interessen von Wohnungs-, Haus- und Grundeigentümern. Er hat rund 40.000 Mitglieder, sie besitzen etwa 420.000 Wohnungen. Die AZ sprach mit dem Vorsitzenden Rudolf Stürzer über Eigenbedarfskündigungen.
AZ: Herr Stürzer, stellen Sie auch fest, dass immer mehr Vermieter langjährigen Mietern wegen Eigenbedarfs kündigen?
RUDOLF STÜRZER: Wir beobachten schon einen Trend. Wir führen keine Statistik darüber, aber das stellen wir schon auch fest.
Warum ist das so?
Das hängt damit zusammen, dass der Wohnungsmarkt immer enger wird. Kinder, Enkel, Nichten haben sich früher selbst eine Wohnung gesucht. Aber die finden auch nichts mehr. Da klopfen sie bei Papa, Onkel oder Opa an, die eine Wohnung haben. Da entsteht familiärer Druck.

Ist der so stark, dass man lieber einen alten Mieter vor die Tür setzt, der immer seine Miete gezahlt hat?
Ich kenne im Bekanntenkreis eine Frau, deren Sohn gesagt hat: Mama, du musst die Wohnung kündigen. Die hat sich dann selbst auf die Suche nach einer Wohnung begeben. Sie wollte ihrem Mieter nicht kündigen. Das Problem ist, dass nicht mehr gebaut wird. In München müssten jährlich 10.000 neue Wohnungen gebaut werden. Stattdessen stehen Bauruinen rum. Die Bauträger bauen nicht zum Spaß nicht. So einen Trend wie seit der Zinswende und den gestiegenen Baukosten hatten wir noch nie.
In welchen Fällen eine Kündigung wegen Eigenbedarf in München abwendet werden kann
Wann scheitert eine Eigenbedarfskündigung?
Wenn der Mieter einen Härtefall geltend macht, dann ist eine Eigenbedarfskündigung meist nicht durchsetzbar.
Was ist ein Härtefall?
Bei Krankheiten, Depressionen oder bei Suizidandrohungen des Mieters. Und wenn das ärztlich bescheinigt wird.
Wenn sich der Mieter juristisch wehrt gegen eine Eigenbedarfskündigung, wie lange dauert es dann, bis er ausziehen muss?
Es kann passieren, dass das Jahre dauert. Das hängt auch von der Mietdauer ab. Wenn er mehr als zehn Jahre in seiner Wohnung ist, beträgt ja die Kündigungsfrist schon neun Monate. Möglicherweise zahlt man ihm was, zum Beispiel eine Umzugshilfe, dann geht es schneller. Aber das geht nur, wenn der Mieter was Neues findet.
Wie viel wird so gezahlt, um Gerichtsverfahren zu vermeiden?
Das hängt davon ab, wie sehr es pressiert. Wenn die Frau beispielsweise schwanger ist, die einziehen will, eilt es natürlich. Es hängt immer von den Umständen ab.
Unterstützen Sie auch Vermieter, die nur deshalb kündigen, um nach einem Mieterwechsel mehr kassieren zu können?
Wir kümmern uns nur, wenn die Kündigungen astrein sind. Wenn einer nur seinen Mieter loswerden will, machen wir das nicht.
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