"Wir haben keine andere Wahl": Autobahn-Auffahrten um München blockiert bei Bauernprotest

München - Die ersten Traktoren trudeln gegen 8.30 Uhr an der Autobahn A8 München-Salzburg ein. Sieben Landwirte und Landwirtinnen sind es, sie kommen aus Hofolding, Brunnthal und Umgebung. Die Stimmung ist gut. Es ist nicht ihre erste Protestkundgebung und vermutlich auch nicht die letzte. "Wir waren Anfang Januar dabei, später auf der Theresienwiese und als die Fuhrleute protestierten, haben wir sie auch unterstützt", sagt Anna Strohmeier. Sie und ihr Mann Simon bewirtschaften einen Hof in Brunnthal, 40 Hektar mit Ackerbau, Gerste, Weizen, Raps. "Wir wollen uns nicht mehr alles gefallen lassen", sagt sie, "immer mehr Bürokratie, Verordnungen und Vorschriften, das macht keinen Spaß mehr."

Der Entschluss der Ampel-Koalition, die geplante Streichung der Dieselsubvention teilweise zurückzunehmen, dämpft nicht die Wut der Bauern. "Ob jetzt oder in drei Jahren, das ist doch gehüpft wie gesprungen", sagt Anna Strohmeier, ihr Mann Simon nickt zustimmend. Um 9.03 Uhr rollen die sieben Protestler mit ihren Traktoren in Position. Sie wollen die Zufahrten nach München und Salzburg blockieren. Ein paar Autofahrer geben Gas, möchten durchschlüpfen, bevor die Bauern den Sack zumachen.
Der Fahrer eines weißen BMW hupt hysterisch. Er braust mit Vollgas an den Traktoren vorbei, steuert seinen Touring rechts direkt in die Ausfahrt, überfährt dann die durchgezogene Linie, um auf die Spur nach München zu kommen. "Was für ein Narrischer", schimpft ein Bauer. Ein Polizeiauto nimmt mit Blaulicht die Verfolgung auf. Weit kommt der weiße BMW nicht mehr.

Bauernproteste auf der A8: Traktoren blockieren die Zufahrten nach München und Salzburg
Viele Autofahrer haben es morgens im Berufsverkehr eilig, sie wollen in die Arbeit, die Blockade nervt sie. Die Bauern dürfen drei Mal pro Stunde die Zufahrten für jeweils 15 Minuten blockieren, dann wird für fünf Minuten wieder aufgemacht. Das gilt zwischen 9 Uhr und 14 Uhr. Bei jeder Sperrung stauen sich immer wieder aufs Neue Dutzende Fahrzeuge. Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht. Alle Zufahrten in der Umgebung sind dicht. Wer nach München will, müsste bis nach Holzkirchen, dort auf die A8 und dann wieder zurück in Richtung Sauerlach. Ein Umweg von mehr als 20 Kilometern, den nimmt niemand in Kauf.

Immer wenn einer im Auto die Abkürzung durch die Ausfahrt nimmt, ziehen hinter ihm die anderen im Stau sofort nach. "Wie die Lemminge", sagt ein Polizist verärgert. Zwei Beamte stellen ihren Streifenwagen quer, um weitere Autofahrer an dem riskanten Manöver zu hindern. Wer von der Polizei erwischt wird, riskiert eine Anzeige und zahlt mindestens 50 Euro Bußgeld.
Verkehrschaos auf der A8: Bauernproteste sorgen für Staus im Berufsverkehr in München
Es gibt aber auch Autofahrer am Mittwoch, die feiern die Landwirte für ihre Aktion. Ein Mann im dunklen Volvo hupt im Vorbeifahren, er lächelt und hebt die linke Hand aus dem offenen Seitenfenster, den Daumen hochgestreckt. Die Landwirte winken entspannt zurück und lachen. "Wir wollen die Leute nicht nerven, aber man lässt uns einfach keine andere Wahl", sagt einer.
Theresa Pavlik ist aus Egmating an der Grenze des Landkreises Ebersberg mit ihrem Schlepper nach Hofolding zur A8 gekommen. Für Proteste hat die alleinerziehende Mutter eigentlich keine Zeit. Sie ist Bürokauffrau und hält im Nebenerwerb den Hof am Laufen, den sie von ihrer Mutter vor Jahren übernommen hat. 20 Pferde stehen in ihrem Stall. "Es ist ein toller Job, der mir viel Spaß macht", sagt sie, "doch ständig sehen wird uns mit noch mehr Regulierungen und Papierkram konfrontiert. Ich verbringe inzwischen fast so viel Zeit am Schreibtisch wie im Stall. Es bleibt mir immer weniger Zeit für meine Tiere."

Das sind die eigentlichen Probleme, die die 36-Jährige belasten, nicht der subventionierte Diesel für ihren Traktor. "Das sind im Jahr nur ein paar Hundert Euro", sagt sie. Um kurz nach 14 Uhr rücken die Protestierer auf ihren Traktoren wieder ab. Die Polizei im Präsidium zieht später eine positive Bilanz, an keiner der 18 Stellen rund um München kam es zu dramatischeren Vorfällen.