Winter-Tollwood: Ein Käfig vor der Kirche

Tollwood setzt sich in diesem Jahr mit dem Thema "ARTgerecht" auseinander und lädt Besucher ein, selbst mal die Massentierhaltung auszuprobieren. Außerdem gibt's Klassik - aber eben anders.
von  Jasmin Menrad
Aufbau der Stahlgitterkonstruktion des Künstlers Flatz auf dem Tollwood-Gelände
Aufbau der Stahlgitterkonstruktion des Künstlers Flatz auf dem Tollwood-Gelände © Katharina Alt

München - Wolfgang Flatz ist einer, der sich auf Provokation versteht. Gerne erzählt er, dass er schon in der "Irrenanstalt" war, weil er mit einem Sack über dem Kopf bei einer Ausstellungseröffnung war. Diese Psychiatrie-Erfahrung ist mit in sein neues Projekt eingeflossen, das am Haupteingang des Tollwood-Festivals stehen wird: Das "Cafe Bad Connection", neun Meter breit und fast genauso hoch, besteht es aus 18 großen Gitterboxen.

Die Sitzplätze in der dreistöckigen begehbaren Skulptur laden nicht wirklich zum Verweilen ein, denn es ist ungemütlich eng da drin. Kein Wunder, soll doch der Stahlklotz die Platzverhältnisse der Massentierhaltung auf den Menschen übersetzen. "ARTgerecht" ist heuer das Motto des Tollwood-Festivals, das seine Zelte wieder vom 26. November bis 31. Dezember auf der Theresienwiese öffnet.

Mit dem Deutschen Tierschutzbund werden im neuen Zelt namens "Stall" Unterschriften für ein Ende der industriellen Massenproduktion gesammelt. Und natürlich ist das Essen der 53 Gastronomen, die Standl betreiben, wieder bio-zertifiziert.

Höhepunkt sind drei Musikproduktionen im Zelt Grand Chapiteau, die "Klassik anders" zeigen: In "Operetta" (18.12. bis 21.12.) singt ein 24-köpfiges Ensemble ausschließlich a capella die größten Arien der Opern-Geschichte und spinnt Geschichten drumherum. Da wird zu Rossini die Tour de France gefahren und der Orchesterpart gleich mitgesungen.

Außerdem: Dominique Horwitz, den die Münchner aus dem Residenztheater und Vilsmaiers "Stalingrad" kennen, setzt sich musikalisch mit dem Mythos des Teufels auseinander. In "Me and the Devil" (13.12. bis 16.12.) mimt er das Böse, Erotische, Fantastische vom "Freischütz" bis zu "Black Rider". Mit Schlagwerk, Marimbas und Xylophon trifft in "Die Zauberflöte - Impempe Yomlingo" (26.11. bis 11.12.) Afrika auf Mozart.

Im Weltsalon mischen sich wieder Podiumsgespräche, Benefizkonzerte, Kino, Kabarett und Live-Reportagen bei meist freiem Eintritt. Der Geograf Nils Sparwasser vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen zeigt in "Planet Erde - Geschichten aus dem All" (30.11.) Bilder von ganz weit oben, die dokumentieren, welche Fingerabdrücke der Mensch hinterlässt: Da werden die Ozonschicht sichtbar und Wolken von Schiffsdiesel, die sich pittoresk über die Erde legen.

 

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