Wiesn-Taschendiebe klauen in Tracht

Eine Dreierbande fischt Frauen im Bierzelt Handys und Bargeld aus den Taschen. Jetzt stehen sie vor Gericht.
von  Sophie Anfang
Die Angeklagten Kristof K., Katarzyna M. und Agnieszka F. mit den Anwälten Alexander Eckstein und  Erhard Weidlich beim ersten Tag der Verhandlung vor dem Landgericht.
Die Angeklagten Kristof K., Katarzyna M. und Agnieszka F. mit den Anwälten Alexander Eckstein und Erhard Weidlich beim ersten Tag der Verhandlung vor dem Landgericht. © anf

München - Ein Morgen nach der Wiesn kann bitter sein. Schwerer Schädel, unruhiger Magen und wenn man besonders viel Pech hat, fehlt auch noch der Geldbeutel oder das Handy. Für Taschendiebe ist das Oktoberfest ein lukratives Pflaster – drei der zahlreichen Bierzelt-Langfinger sitzen seit Freitag vor dem Landgericht. Sie waren für ihre Diebstähle im vergangenen Jahr extra nach München gereist.

Die Vorgehensweise von Kristof K., Agnieszka F. und Katarzyna M. war immer gleich. Sie schlugen dort zu, wo es besonders voll war, etwa im Hofbräu- oder Weinzelt, sobald in den Zelten Zapfenstreich war, auf den After-Wiesn-Partys der Diskotheken Heart oder 089-Bar. Die Opfer waren immer Frauen. Diese hätten oft Handtaschen dabei und seien im Gedränge unaufmerksam, lässt K. seinen Anwalt Alexander Eckstein für ihn erklären.

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K. fischte dann Handy oder Geldbeutel aus den Taschen, Katarzyna M. diente ihm als weibliche Tarn-Begleitung und schirmte ihn ab. Nach dem Diebstahl brachten die zwei Täter die Beute zu Agnieszka F., die unweit der beiden wartete, Handys und Bargeld an sich nahm und zunächst aufbewahrte. Um im Wiesntrubel nicht aufzufallen, trugen die Frauen bei ihren langfingrigen Streifzügen Dirndl.

Taschendiebfahnder ließen die Truppe auffliegen

Sieben Smartphones und mehrere hundert Euro zogen die drei ihren Opfern innerhalb von zwei Tagen aus den Handtaschen. Es wäre eine hübsche Beute gewesen, hätten Taschendiebfahnder die Truppe nicht auffliegen lassen. Das "auffällig unauffällige" Verhalten der drei habe sie verdächtig gemacht, sagt einer dieser Sonderbeamten am Freitag vor dem Landgericht aus. Sie hätten sich im Festzelt anders bewegt als die übrigen Gäste, seien "wie ein Pflug durch die Menschenmenge". Seine Einheit, die für die Wiesn extra aus Berlin angefordert wird, sei geschult, um solches Verhalten zu erkennen.

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K. habe er aufgrund dessen "Frisur" gut im Auge behalten können, berichtet der Beamte. Was einigermaßen amüsant ist, trägt K. doch zu seiner Bodybuilderstatur eine glänzende Glatze. Die Taschendiebe wurden beschattet, ihr Auto identifiziert, verfolgt und schließlich auf einem Parkplatz in Riem festgenommen. Seither sitzen die drei in U-Haft.

Die Haft zerstört auch die Liebe

Zumindest den Frauen scheint die zuzusetzen, vor allem Agnieszka F., eine hochgewachsene 38-Jährige, die recht müde dreinschaut. K. (47) war zu Wiesnzeiten noch ihr Lebensgefährte, die Haft hat die Liebe jedoch kaputt gemacht. Sie verfluche den Tag, an dem sie diesen Kerl kennengelernt habe, hat F. in einem Brief aus der Haft geschrieben.

F. und auch die jüngere M. (23) geben an, zunächst lediglich privat mit K. aus Polen zur Wiesn gefahren zu sein. Die Idee für die Diebstähle sei von K. gekommen. Das sagt er auch selbst so aus. Er habe Geldprobleme gehabt. 3.000 Euro habe er gebraucht, um nicht in Vollstreckungshaft zu kommen.

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Daher die Idee, den Wiesnbesuch gewissermaßen auch geschäftlich zu nutzen. Was er den Frauen aber erst in München eröffnet habe. So ein ganz neuer Ansatz, um an Geld zu kommen, war das für K. jedoch nicht: Die Polizei hat ihn schon einmal beim Klauen erwischt. Allerdings in Berlin und auf dem Christopher Street Day. Konsequenzen hatte das jedoch keine für ihn: Die Justiz in Berlin sah es damals nicht für notwendig an, einen Strafbefehl zu erlassen.


Der Prozess wird fortgesetzt.

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