Wiesn-Panik: Diese Software kann sie berechnen
München - Es ist ein Horrorszenario: An einem Freitagabend während der Wiesn kommt es zu einer Störung im U-Bahnhof Theresienwiese. Die Station muss geschlossen werden. Mehr als 100000 Menschen drängen nach Schließung der Zelte zu den Ausgängen. Das Chaos ist absehbar: Auf den Zugängen zum gesperrten U-Bahnhof kommt es zum Mega-Stau. Panik bricht aus... Ein an der TU München entwickelter Simulator könnte helfen, solche Gefahrensituationen zu entschärfen.
Mit erarbeitet hat diese Software die Informatikerin Angelika Kneidl vom Fachgebiet Computergestützte Modellierung und Simulation. Und ein bisschen fiebert die junge Doktorandin schon der ersten Bewährungsprobe ihres „Babys“ entgegen. Nicht beim Oktoberfest, für das gibt es solche Pläne (noch) nicht, sondern bei einem Bundesliga-Spiel auf dem „Betzenberg“ in Kaiserslautern.
Von den dortigen Sicherheitskräften stammt der Anstoß, das Verhalten von Besucherströmen bei Massenveranstaltungen vorherzusehen. Dies ist am dortigen Fußball-Stadion, das 40000 Menschen fasst, besonders heikel. Der „Betze“ liegt in einem Wohngebiet, durch das nur relativ enge, verschlungene Wege führen. Immer wieder gibt es Probleme, wenn die Massen aus dem Stadion drängen.
Außer der TU München haben sich auch verschiedene Fachrichtungen der Uni Kaiserslautern, Siemens und ein Fraunhofer-Institut beteiligt. Angelika Kneidls Aufgabe war es, den Simulator zu „füttern“. Wie viele Menschen sind nach dem Spielende wohin unterwegs? Wie verhalten sich einzelne Besucher, wie Gruppen, spielt irrationales Verhalten von Betrunkenen eine Rolle?
Zu diesem Zweck wurden sogar 150 Studenten losgeschickt, vom TU-Hauptgebäude zum Hofbräuhaus, und ihre Wege und ihr Verhalten genau protokolliert. Das Programm ist so gestaltet, dass es Anwender als Trainingssimulator selbst bedienen können. Die Simulation bildet jeden einzelnen der zehntausenden Besucher ab, so dass Sicherheits- und Rettungskräfte detailliert nachvollziehen können, welche Auswirkungen Entscheidungen im Ernstfall hätten.
Eine Simulation für die Wiesn wäre wesentlich aufwändiger, nicht nur wegen der größeren Menschenzahl. Angelika Kneidl: „Die Zusammensetzung der Wiesn-Besucher ist viel inhomogener, unterscheidet sich am Tag und am Abend. Es gibt Ortskundige und Fremde, Nüchterne und Betrunkene, Einzelgänger, Familien oder Gruppen.“ Trotzdem wäre sie machbar – und könnte vielleicht ein Horrorszenario verhindern.