Wiesn-Countdown: Zoff um Preise, Rätsel ums Jubiläum
MÜNCHEN - München rüstet sich für das größte Volksfest der Welt. Doch drei Wochen vor dem Wiesn-Anstich gibt es jede Menge Stoff für Spekulationen und Skandälchen - zwischen Schweinegrippe, Wahnsinnspreisen und Gerüchten.
Die Aufbauarbeiten für das Oktoberfest sind in vollem Gange, vom 19. September bis 4. Oktober werden auf der Theresienwiese sechs Millionen Besucher erwartet. Neue Attraktionen wie das 35 Meter hohe Schaugeschäft „The Tower“, das gerade in Düsseldorf Premiere hatte, und das Highspeed-Karussell „Techno Power“ sollen die Gäste locken. Schon jetzt gibt es Stoff für Spekulationen und Skandälchen: Die Ängstlichen fürchten, die Wiesn könnte wegen der Schweinegrippe platzen, andere schimpfen, die Reservierungspreise seien viel zu hoch - und die Neugierigen schielen schon auf das nächste Jahr: Dann nämlich feiert das Oktoberfest sein 200-jähriges Bestehen – die Planungen sind streng geheim.
„Es wird ein Riesenfest für alle an der Wiesn Beteiligten“, verspricht Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl, und Wirtschaftsreferent Dieter Reiter betont: „Wir haben uns alle vorgenommen, dass wir für die Münchner eine Überraschung draus machen.“ Fast wie an Weihnachten: Vorher wird nichts verraten. „Wir haben jetzt 199 Jahre“, gibt sich Wirtesprecher Toni Roiderer einsilbig, und auch SPD-Wiesn-Stadtrat Helmut Schmid sagt nur: „Jetzt haben wir die Wiesn - dann machen wir die nächste.“
Doch die Gerüchteküche brodelt. Ein Pferderennen wie zu Beginn des Spektakels soll es geben, heißt es. Das Volksfest entstand aus dem fünftägigen Hochzeitsfest des damaligen Kronprinzen Ludwig von Bayern mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen am 12. Oktober 1810. Die Feiern endeten mit einem Pferderennen am 17. Oktober, die Festwiese wurde zu Ehren der Braut „Theresienwiese“ getauft. Zur Freude der Münchner beschloss der Königshof, das Rennen im Jahr darauf zu wiederholen – so begann die Tradition des Oktoberfests.
Wo allerdings zur Jubiläums-Wiesn ein Pferderennen stattfinden könnte, kann sich bisher kaum jemand so recht vorstellen. Denn anders als vor 200 Jahren ist die Theresienwiese zum Oktoberfest dicht mit Buden, Zelten und Fahrgeschäften zugestellt, der Aufbau allein dauert zwei Monate. Und die Gegend rund um die Theresienwiese, damals noch ländlich vor den Toren der Stadt gelegen, zählt heute fast zur Innenstadt. 1938 wurde das Pferderennen als ältester Bestandteil des Volksfestes aus organisatorischen Gründen abgeschafft.
Die Maß zum alten Preis wird's nicht geben
Ein Kuratorium soll schon Vorschläge für die Jubiläumswiesn erarbeitet haben. Gemunkelt wird auch, dass neben den alljährlich wiederkehrenden Traditionsgeschäften wie das Live-Musik-Karussell Krinoline und der Flohzirkus weitere historische Buden und Geschäfte herangeholt werden könnten.
Dass die Wirte zum Jubiläum die Maß Bier zum Preis von früher ausschenken, gilt hingegen als unwahrscheinlich. Vielmehr steigen die Preise auf historisches Niveau: Um einen der begehrten Plätze in einem Zelt zu ergattern, sollen manche Wirte bis zu 65 Euro Vorkasse in Form eines Verzehrgutscheins verlangen. Das entspreche einem Essen und fünf Maß Bier, hat entrüstet die grüne Stadträtin Lydia Dietrich errechnet. Jetzt will die Stadt die Sache prüfen, denn zuviel Alkohol und üppiges Essen schaden bekanntlich der Gesundheit.
Beim ersten Oktoberfest vor 200 Jahren sollten die ausgelassenen Feiern wenige Jahre nach der Erhebung Bayerns zum Königreich nicht zuletzt das Gemeinschaftsgefühl fördern und die Ausrichtung auf das bayerische Herrscherhaus in München unterstreichen. Der Zusammengehörigkeit stiftende Charakter des Volksfestes besteht bis heute. Zum Anstich sitzen einträchtig Politiker aller Parteien in der Ratsbox des Schottenhamel-Zeltes, Politik ist hier tabu. Italiener schunkeln mit Australiern, Bayern mit den sonst geschmähten Preußen. Der internationale Charakter des Volksfestes schürt bei manchen Ängste vor der Schweinegrippe – schließlich geht es eng zu in den Zelten, und mit dem Alkohol kommt man sich auch schneller näher.
Doch die Verantwortlichen bleiben gelassen. „Wir sehen ohne Panik auf das Fest“, sagte Festleiterin Weishäupl kürzlich. Reiter betont, die Grippe sei kein spezielles Thema des Oktoberfests. „Wir sind vorbereitet.“
dpa