Studie: Wie steht es um die Work-Life-Balance in München?
München – Schuften bis zum Umfallen und null Freizeit? Das ist das Gegenteil vom so gern verwendeten Begriff "Work-Life-Balance". Also dem Einklang zwischen Arbeit und der eigenen freien Zeit. Gerade mit Beginn der Pandemie verschwamm bei vielen die klare Abgrenzung zwischen Büro, Privatleben und Home-Office am heimischen Küchentisch.
75 Städte weltweit im Check
Das Unternehmen Blueground, das sich nach eigenen Angaben darauf spezialisiert hat, Top-Arbeitskräfte beim Umzug in neue Städte zu unterstützen, hat jetzt eine Studie veröffentlicht: Wo sind Arbeit und Leben besonders in Balance?
Berücksichtigt wurden übergeordnet die Arbeitsintensität, die Lebensqualität, die Gesellschaft und Institutionen in der jeweiligen Kommune. Insgesamt wurden 75 Städte auf 17 Faktoren untersucht.
Eine Richtlinie für Städte, um die Erholung der Menschen zu fördern
Den Machern ist vorab wichtig einzuordnen: "Dieser Index ist weder als Lebensqualitätsindex für Städte gedacht, noch soll er die besten Städte zum Arbeiten hervorheben; er soll vielmehr als Richtlinie für Städte dienen, um ihre Fähigkeit zu bewerten, die Erfüllung des Lebens ihrer Bewohner zu unterstützen, indem sie die Aspekte des Lebens verbessern, die dazu beitragen, arbeitsbedingten Stress und Arbeitsintensität zu lindern."
Die Auswahl der Städte ergibt sich aus Metropolen weltweit, zu denen ausreichend und zuverlässige Datensätze vorlagen. "Dabei handelte es sich um Städte, die dafür bekannt sind, aufgrund ihrer Arbeitsmöglichkeiten und vielfältigen Lifestyle-Angebote Berufstätige und Familien anzuziehen." Künftig sollen auch weitere Städte miteinbezogen werden, so der Plan.
Bevor es zu den Ergebnissen geht, noch ein Blick auf die einzelnen Faktoren. Im Bereich Arbeitsintensität ging es zum Beispiel um die Mindestanzahl an Urlaubstagen und wie viele wirklich genommen wurden. Oder aber auch, ob man sich abmelden konnte und nicht dauernd erreichbar sein musste.
Helsinki landet vorne
Weitere Faktoren in Sachen Lebensqualität: Wie erschwinglich ist es in der Stadt? Wie schaut es mit Wohnen aus? Wie viel Grün gibt es? Und wie sicher ist es? Weitere Faktoren: Inklusion, Toleranz, Gender-Pay-Gap und Zugang zu gesundheitlicher Versorgung.
Die ersten fünf Plätze lesen sich fast wie aus wiederkehrenden Glücks-Rankings: Helsinki, Oslo, Kopenhagen, Stockholm und Ottawa. Work-Life-Balance scheint besonders im Norden daheim zu sein. Die erste deutsche Stadt im Ranking ist: München! Und zwar auf Platz elf von 75, vor Berlin und Hamburg auf den Folgerängen.
Insgesamt konnte München einen Score von 91,8 Punkte ergattern – gleichauf mit Paris und Zürich. Die überarbeitete Bevölkerung liegt demnach bei 5,4 Prozent, das heißt, dass Vollzeitbeschäftigte mehr als 48 Stunden arbeiten pro Woche.
Im Schnitt werden 26 Urlaubstage genommen
Im Schnitt würden 26 Urlaubstage in Anspruch genommen, was in den Top Zehn nur von Helsinki (30), Kopenhagen (28) und Paris (27) getoppt wird. Die wirtschaftlichen Chancen in München werden mit einem Score von 92,5 hoch eingestuft und sogar besser als beim Spitzenreiter Helsinki.
Das Recht auf Abmeldung wird dagegen als schwach (wie in den anderen deutschen Städten im Ranking) eingestuft: "Abgesehen von den Bestimmungen zu Überstunden und Ruhezeiten gibt es keine spezifischen Gesetze bezüglich Kontakt und Erwartungen nach der Arbeitszeit."
Psychiatrische Versorgung überzeugt nicht
Dafür punkten die deutschen Städte mit der Anzahl an bezahltem Elternurlaub. Überraschend: Der Münchner würde wahrscheinlich bei Wohnung sowie Erschwinglichkeit schlechtere Werte erwarten, hier gibt es für München den Score 84,5 für letzteres und fürs Wohnen 86,6.
Die Sicherheit wird hoch bewertet (94,2), dafür bemängelt die Studie Außenbereiche (69,7). Ebenso scheint es Nachholbedarf im Wellness- und Fitnessbereich (76,6) zu geben sowie beim Zugang zu psychiatrischer Versorgung (60,9). Tolerant und inklusiv samma dafür schon recht gut (90,9).
Es ist freilich nicht die erste Studie zum Thema Work-Life-Balance. Erst Anfang September veröffentlichte die Plattform Xing Zahlen dazu - auf die Beschäftigten in Deutschland bezogen.
"Weniger denn je bereit, Privatleben ihrem Job unterzuordnen"
Demnach gaben rund die Hälfte der Beschäftigten an, mit der eigenen Work-Life-Balance zufrieden oder sogar sehr zufrieden zu sein. Mit 49 Prozent waren Frauen weniger zufrieden als Männer (55 Prozent).
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten will demnach weniger arbeiten. Mit den richtigen finanziellen Anreizen könnten sich mehrere Befragte aber vorstellen, zusätzliche Stunden zu leisten: Geeignet wären der Umfrage zufolge Bonuszahlungen und Prämien, ein höheres Gehalt oder zusätzliche Urlaubstage.
"Diese Ergebnisse zeigen uns, dass Beschäftigte in Deutschland weniger denn je bereit sind, ihr Privatleben ihrem Job unterzuordnen, es sei denn, die Bedingungen stimmen", sagte Xing-Geschäftsführer Thomas Kindler zum Ergebnis.
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