Wie Künstler München im 19. Jahrhundert dargestellt haben
München - Drucke und Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert sind schön anzusehen. Darüber hinaus sind die Abbildungen für Historiker und Geografen wertvolle Quellen. Sie geben Hinweise darauf, wie sich die Landschaft in und um München verändert hat.
Einige interessante Aquarelle, Drucke, Zeichnungen und Bücher bietet das Antiquariat "Robert Wölfle" in Zusammenarbeit mit dem Antiquariat "Peter Bierl" in der Maxvorstadt derzeit an. Normalerweise können die Werke in den Räumen in der Amalienstraße als Ausstellung besichtigt werden. Heuer können bei (Kauf-) Interesse Einzelbesichtigungen vereinbart werden.
"Föhring 19. August 1848"

Das Aquarell aus dem Jahr 1848 zeigt München von Oberföhring aus gesehen. Der Maler Wilhelm Scheuchzer (1803-1866), gebürtiger Schweizer, hat überwiegend idealisierte Betrachtungen der Alpen und des Alpenvorlands hinterlassen. 1830 ließ sich Scheuchzer in München nieder. Er hatte enge Verbindungen zum bayerischen Königshaus und schuf einige zeitgenössische Ansichten von München.
Viele seiner Gemälde sind von dokumentarischem Wert, da sie zeigen, wie die Stadt im 19. Jahrhundert ausgesehen hat. Hier ließ der Maler den Vordergrund skizzenhaft und konzentrierte sich auf die Isar.
"Das Rösselturnier im Georgs-Saal auf der Neuveste"


Noch heute erinnert das Glockenspiel im Spielerker des Münchner Rathauses an die Vermählung von Herzog Wilhelm V. von Bayern mit der 23-jährigen Renata von Lothringen im Jahr 1886 auf dem Marienplatz.
Anlässlich der Hochzeit erschien ein Festbuch von Hanns Wagner, darin enthalten sind zahlreiche Radierungen von Nikolaus Solis (1541-1583), die das Festgeschehen zeigen. Hier zu sehen zwei Ausschnitte aus dem Rahmenprogramm
"Das Tal mit der Hochbrücke und Roßschwemme in München"

Unterhalb des Petersbergls am heutigen Viktualienmarkt führten die Fuhrleute ihre Pferde nach der Arbeit ins Wasser. Die sogenannte Roßschwemme ist in München seit dem 15. Jahrhundert belegt. Hier links hat sie der Maler Gustav Kraus (1804-1852) in einem Aquarell aus dem Jahr 1838 festgehalten.
Im Hintergrund sind die Heilig-Geist-Kirche, der Alte Peter, der Rathausturm sowie die Hauben der Frauenkirche zu sehen. Am Stadtbach werden die Pferde gerade zur Tränke geführt. Über die Brücke transportiert ein Zweispänner Getreidesäcke, die er am Schrannenplatz – dem heutigen Marienplatz – aufgeladen hat.
Der Buchdrucker Gustav Kraus kam 1824 nach München. Er lernte unter Wilhelm von Kobell die Landschaftsmalerei an der Akademie der Bildenden Künste. Seine Aquarellmalereien dienten Kraus als Vorlage für seine Lithographien. Er sah sich weniger als Maler, sondern mehr als Grafiker. Seine Stadtansichten und Ereignisbilder verlegte er teils selbst. Viele von ihnen wurden für die Bebilderung von Reiseführern verwendet. Das brachte ihm den Ruf des Bildberichterstatters der Biedermeierzeit ein. 1977 widmete das Münchner Stadtmuseum Kraus eine große Einzelausstellung, eine der wenigen überhaupt.
Ein 27 bayerische Fuß langes Panorama der Stadt

Karl Grünwedel (1815-1895) hat im Jahr 1864 eine Art Reiseführer zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gestaltet. Auf einer Gesamtlänge von 7,63 Metern (27 bayerische Fuß) hat er einen bebilderten Spaziergang durch ganz München geschaffen.
Der Weg führt vom Siegestor durch die Ludwigstraße bis zur Feldherrnhalle. Die Brienner Straße, der Wittelsbacherplatz sowie das ehemalige Haus von Lola Montez in der Barer Straße sind ebenso abgebildet wie der Glaspalast, Liebigs Laboratorium oder der Gärtnerplatz.
Bei dem Panorama handelt es sich um 13 Lithographien in Tondruck – einer Drucktechnik aus dem 19. Jahrhundert. Maler Grünwedel war Mitglied der Akademie der Bildenden Künste. Er arbeitete auch als Porzellanmaler für König Ludwig II. und stattete Schloss Linderhof sowie Herrenchiemsee aus. Grünwedels ältester Sohn Albert (1856-1935) machte sich als Ethnologe einen Namen. Er organisierte zwei der vier deutschen Expeditionen nach "Chinesisch Turkistan". Von dort brachten sie zahlreiche Kulturgüter mit zurück.
"Das Pferderennen bei der Hochzeit von Kronprinz Ludwig"

Zur Hochzeit von Kronprinz Ludwig von Bayern und Therese Charlotte Luise von Sachsen-Hildburghausen wird im Oktober 1810 ein Pferderennen veranstaltet. Mit Blick von der Theresienhöhe aus auf die Festwiese hat Wilhelm von Kobell (1766-1853) dieses Spektakel dokumentiert.
Seine aquarellierte Radierung zeigt die Rennbahn "von 11200 Schuh" (knapp 3,5 Kilometer), wie er auf dem Papier vermerkt. Die Sieger benötigten für das dreimalige Umrunden demnach 18 Minuten.
Blick auf München vom Isarhochufer

Der Hofmaler Max Joseph Wagenbauer (1774-1829) ist für seine Landschafts- und Tierbilder sowie die genauen Naturstudien bekannt. Gemeinsam mit anderen Künstlern stattete er 1811 den Speisesaal in Schloss Nymphenburg mit großen Gemälden bayerischer Seen aus. In dieser kolorierten Lithographie ist München vom Isarhochufer aus zu sehen. Der Betrachter steht oberhalb von Untergiesing.
"Innere Ansicht der Ortschaft Thalkirchen bey München"

Carl Gottfried Eichler stammte ursprünglich aus Augsburg, arbeitete aber ab 1818 in München als Maler. Von ihm sind einige Druckgrafiken sowie Zeichnungen erhalten.
Oben abgebildet ist eine Radierung von Eichler aus der Zeit um 1820. Zu sehen ist darauf im Hintergrund die Pfarrkirche St. Maria Thalkirchen. Im Vordergrund kümmert sich ein Knecht um eine Viehherde. Daneben ist ein Bauernhof dargestellt, eine typische Szene aus dem Münchner Umland im 19. Jahrhundert. Der Betrachter steht an der Fraunbergstraße.
Abbildung des Schäfflertanzes

Welche Kleidung trugen die Menschen in Ober- und Niederbayern während der Regentschaft von König Max I. Joseph oder Ludwig I.? Einen Hinweis darauf liefert ein Buch von Felix Joseph Lipowski aus dem Jahr 1828. Darin sind zeitgenössische bayerische "National-Costume" sowie Volksbräuche zusammengestellt worden. Neben dem Hochzeitsmahl in einer Schenke am Schliersee ist der Schäfflertanz in München auf einer der Lithographien abgebildet.
Der Tanz der Gesellen der Fasshersteller ist in München seit dem 18. Jahrhundert belegt. Eine Legende besagt, er sei erstmals während der Pestepidemie von 1517 aufgeführt worden, um den Menschen die Freude zurück zu bringen. Das lässt sich mit Quellen nicht belegen – zumal es vermutlich in diesem Jahr überhaupt keinen Pestausbruch gab.
Trubel am Marktplatz

Ein Blick über den Marienplatz zeigt: Hunde, Soldaten, ein gescheiter Ratsch unter Freunden – in der Münchner Altstadt ist der Trubel auch um 1840 groß. Festgehalten hat diese Alltagsszene der Künstler Leopold Rottmann (1812-1881).
Bei der Darstellung handelt es sich um eine sogenannte Aquatina-Radierung, ein Verfahren der künstlerischen Druckgrafik. Die Bilder, die durch diese Technik entstehen, ähneln einer Tuschezeichnung. Von einer Aquatina-Platte lassen sich etwa 100 Abzüge herstellen. Der in Heidelberg geborene Landschaftsmaler Rottmann war ein versierter Grafiker. Seit 1840 lehrte er Lithographie an der Akademie der Bildenden Künste in München.
Er war Zeichenlehrer von Kronprinz Ludwig sowie von Prinzessin Therese von Bayern.
Vier Rottmann zugeschriebene eindrucksvolle Landschaftsmalereien sind Teil der Sammlung der Pinakothek der Moderne.
Lesen Sie auch: Historische Bilder - Die Commerzbank öffnet ihr Foto-Archiv