Wie in München über Telegram Drogen verkauft werden

Mehr oder weniger offen werden auf Telegram Drogen verkauft - teils in eigenen München-Gruppen. Die Polizei kennt das Phänomen.
von  Lukas Schauer
Auch in München werden Drogendeals teilweise über Telegram-Gruppen abgewickelt. (Symbolbild)
Auch in München werden Drogendeals teilweise über Telegram-Gruppen abgewickelt. (Symbolbild) © imago/photothek

München - Kokain, Heroin, Haschisch, Ecstasy, Crystal Meth: Es gibt nichts, was es nicht gibt in den Telegram-Drogengruppen, in denen ganz offen mit neuer oder besonderer Ware geworben wird.

In dem Messenger-Dienst, der bei Usern, die auf Anonymität Wert legen, beliebt ist – aber auch bei Verschwörungsideologen, Querdenkern oder Corona-Leugnern – gibt es für München gleich mehrere Channels und Gruppen, in denen Rauschgifte aller Art erworben werden können – ein bisschen Suchleistung genügt. Das ist deutlich einfacher als etwa im Darknet – was Dealer wie Konsumenten zu schätzen wissen. München ist freilich nicht allein, für viele große Städte gibt es derlei Kanäle, besonders im Fokus steht natürlich auch Berlin.

Auch Bilder von der Ware werden geteilt.
Auch Bilder von der Ware werden geteilt. © Screenshot Telegram

Telegram gilt als sicher und anonym

Telegram ist deswegen so beliebt, weil der Messenger-Dienst als "sicher" bzw. Chat mit Verschlüsselung gilt – zu Unrecht, wie einfache Tests beweisen. Weil aber zum Beispiel einander fremde Nutzer nicht die Telefonnummer des anderen sehen können, hat sich der Dienst dennoch ein gewisses Image erworben, was Anonymität angeht. Wohl auch deswegen hatte Telegram in den letzten Monaten immer mehr Zulauf. Und: Wer keine Lust auf Chats in den "offenen" Gruppen hat, gründet einen Channel. Das kann auf Telegram ebenfalls jeder anonym. Nur der Gründer des Kanals kann dann Nachrichten verfassen, die Abonnenten sind passive Leser. Telegram selbst stammt aus Russland, die Gründer gelten als äußert unkooperativ, wenn etwa Strafverfolgungsbehörden anklopfen.

Auf Telegram gibt es mehrere solcher Channels und Gruppen.
Auf Telegram gibt es mehrere solcher Channels und Gruppen. © Screenshot Telegram

Drogen-Channels auch in München

Die größte Drogen-Gruppe für München hat rund 1.700 Mitglieder, die meisten Nachrichten sind Gesuche. "Koka München?" etwa wird kurz gefragt oder "Kann jemand morgen mit Speed aushelfen? Nur Bar" oder "schreibt, wenn ihr xtc besorgen könnt am besten südlich von münchen". Ein paar aktive Verkäufer stellen zudem Videos von ihrem Angebot in den Chat.

Preis, Treffpunkt und andere "Formalitäten" werden dann per Secret-Chat vereinbart. Besonders praktisch: Zur Übergabe lässt sich im Chat der genaue Standort teilen, das vermeidet etwaige ungewollte Kontakte oder suchende Blicke.

Drogendeals per Telegram: Was die Ermittler sagen

Die Münchner Polizei will sich auf AZ-Anfrage nicht groß zu dem Thema äußern, auch aus ermittlungstaktischen Gründen. Man kenne das Phänomen und derlei Gruppen aber natürlich, teilt ein Sprecher mit. Nach AZ-Informationen gab es auch schon Festnahmen in Zusammenhang mit solchen Drogen-Geschäften. Das Problem für die Polizei: In Telegram können die Beamten wie bei anderen verschlüsselten Plattformen auch nur recht eingeschränkt ermitteln. Oft braucht es daher verdeckte Ermittler, die solche Gruppen infiltrieren.

In dem Messenger-Dienst bleiben die Nutzer anonym - das schätzen Dealer wie Käufer.
In dem Messenger-Dienst bleiben die Nutzer anonym - das schätzen Dealer wie Käufer. © Screenshot Telegram

Dass Messenger-Dienste wie Telegram Rauschgifthandel immer einfacher machen, zeigt auch ein Blick in die Kriminalstatistik für München. "Die mittels Internet begangenen Rauschgiftdelikte bewegen sich auf sehr hohem Niveau. Wurden 2018 noch 50 Rauschgiftdelikte mit dem Tatmittel Internet registriert, waren es 2019 mit 110 Fällen mehr als doppelt so viele", schreibt die Polizei dazu. Insgesamt registrierten die Beamten im Jahr 2019 6.636 Fälle von Rauschgiftkriminalität. Das war "der zweithöchste Wert seit Beginn der diesbezüglichen Aufzeichnungen beim Polizeipräsidium München im Jahr 1958".

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