Wie Geschäfte mit Düften Tricksen

MÜNCHEN - Weihnachten und Düfte – das gehört zusammen. Der Geruch von Lebkuchen, Glühwein und Würstl liegt in der Luft, hier und da riecht es nach Zimt und Tannen. Ja, so ist das gerade im Advent. Selbst die Erinnerungen an frühere Feste haben eine ganz eigene Note: Die Gans im Ofen, die Plätzchen – ach, war das schön. Dass Düfte und Gefühle eng zusammenhängen, haben jetzt auch Verkäufer erkannt – und nutzen das, um Kunden beim Shoppen zu verführen.
Duft-Marketing heißt dieser Trend. Mit dem Einsatz von künstlichen Düften geben Geschäfte und Ketten ihren Kunden voll eins auf die Nase. Dabei stützen sich viele auf die Erkenntnisse des Duft-Experten Hanns Hatt. Der Professor für Zellphysiologie beschäftigt sich seit 40 Jahren mit der Wirkung von Düften. Hier verrät er, wie sie wirken – und wo man an der Nase herumgeführt wird.
AZ: Guten Tag, Herr Hatt. Viele Firmen setzen auf Düfte, um den Umsatz zu steigern. Wirkt das überhaupt?
HANNS HATT: Düfte haben sehr großen Einfluss auf Erinnerungen und Emotionen. Die Nervenbahnen der Nase haben eine direkte Verbindung, eine Art Standleitung, zum limbischen System und Hippocampus. Mit Düften kann man deshalb Erinnerungen hervorrufen und Stimmungen oder Entscheidungen beeinflussen.
Eine Duft-Attacke auf unsere Gefühlswelt?
Zum Teil, ja. Der Duft von Brot oder Kaffee etwa trifft uns auf der Gefühlsebene. Er ist wunderbar und lecker, wir kriegen Lust, diesen Geschmack auf der Zunge zu spüren.
So weit die Theorie. Gibt es Studien, die eine Duft-Wirkung beim Marketingeinsatz belegen?
Ja, die gibt's. Nicht allzu viele, das gebe ich zu. Aber es gibt Zentren in Berlin, Göttingen, Paderborn oder Wien, die sich mit Verkaufssteuerung beschäftigen. Einige deren Studien zeigen: In bedufteten Innenräumen war der Umsatz höher, Kunden fühlten sich wohler und blieben länger.
Riecht nach Manipulation.
Ach, das ist ganz normal. Wir sind doch selbst die größten Manipulateure. Wir benutzen Parfums und beduftete Seifen, Deos und Shampoos, um andere zu beeinflussen – damit sie uns „besser riechen“ und uns gut leiden können. Außerdem gibt es längst visuelle Manipulation. So sind die Farben von Suppendosen nach Marketing-Gesichtspunkten ausgewählt – und denken Sie ja nicht, dass die Waren in einem Supermarkt ganz zufällig aufgestellt sind. Basics wie Zucker, Brot oder Kaffee sind meist über das Geschäft verteilt, damit Kunden einen gewissen Weg durch den Supermarkt gehen – und auf dem Weg dorthin noch ein paar andere Waren kaufen.
Waren aber kann ich sehen – Duft nicht. Das ist doch viel subtiler.
Stimmt. Deswegen sage ich immer: Die Leute müssen nicht nur mit offenen Augen, sondern vor allem mit offener Nase durch die Welt gehen! Alle eingesetzten Düfte sind bemerkbar – man muss nur auf sie achten.
Wie sieht die Zukunft im Duft-Marketing aus?
Man könnte Düfte von Waren auf Etiketten auftragen, etwa bei Wein oder Shampoos. Dann müsste man die Flaschen nicht mehr öffnen. Es gibt auch Versuche, Duft bei Kinowerbungen einzusetzen. Oder den Einsatz von Gerüchen beim Internet-Surfen. Nach dem Motto: Wenn ich auf einer Homepage ein Parfum kaufen will, soll ich es auch gleichzeitig riechen können. Das funktioniert noch nicht wirklich. Aber es wird kommen.