Wie echte Kölner Jecken den Fasching in München erleben
München - Ein bestimmtes Gericht, die Mentalität oder die Familie: Heimat bedeutet für jeden etwas anderes. Schwierig wird es dann, wenn das Zuhause des Herzens viele Kilometer entfernt ist und das Heimweh einsetzt.
Ein bisschen so geht es Elke Tietz (54), als sie beruflich vor über 20 Jahren nach München zieht. Geboren ist sie in Siegen, gelebt hat sie lange in Köln. "Die Rheinländer haben einfach eine andere Mentalität. Das hat mir gefehlt", erinnert sie sich.
Karnevalsverein in München: Alles beginnt in einer Kölsch Kneipe am Viktualienmarkt
Damit ist sie nicht alleine. Viele ihrer Kollegen bei der Versicherung, bei der sie arbeitet, kommen aus Köln. Aus dem gemeinsamen Vermissen etabliert sich schließlich der "Kölner Abend", erklärt Tietz. Angefangen hat alles in einer Kölsch-Kneipe am Viktualienmarkt, die es heute nicht mehr gibt. "Bald wurde uns die ohnehin zu klein", erinnert sich die Wahlmünchnerin. "Schon bald waren wir 300 Leute", sagt sie und lacht. Mit ihrem Stammtisch ziehen sie um in ein größeres Lokal.
Und neben dem Kölsch und der Mentalität ist es auch die Lust nach Karneval, der die Menschen dort eint. "Aus einer Kölsch-Laune hat sich schließlich die Idee entwickelt, einen eigenen Karnevalsverein zu gründen", so Tietz. Denn so sehr sie und ihre Freunde den Fasching in München mittlerweile schätzen gelernt haben: Mit dem Bohei in Köln hat der Münchner Fasching freilich wenig zu tun.
Der Karnevalsverein ist auch über die Stadtgrenzen von München hinaus bekannt
Am 19. Juni 2001 schreiben sie schließlich eine Satzung nieder: Der Verein "Köln Münchner Karnevalsverein superjeile Zick" war geboren. Tietz und ihre Freundin Mandy Splettstößer sitzen heute im Vorstand. Rund 200 Mitglieder haben sie. Nicht nur Kölner sind dabei.
"Alle, die den Karneval und die Musik lieben, sind bei uns willkommen", sagt Tietz. Getroffen wird sich regelmäßig, der Verein ist längst über die Münchner Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Aber was ist nun der große Unterschied zwischen Fasching in München und Karneval in Köln? Eine Situation beschreibt Tietz als bezeichnend. "Beim Umzug der Stadt – es war schlechtes Wetter und die Menschen hatten Schirme dabei – haben wir mit Kamellen geworfen (Anm. d. Red. kleine Süßigkeiten).
In Köln drehen Menschen die Schirme um, um sie aufzufangen. In München haben die Leute die Schirme hochgehalten, um nicht getroffen zu werden", erinnert sie sich und lacht. Das ist viele Jahre her.
Eines der Kölner Gesetze: "Et hätt noch emmer joot jejange"
Auch das Verhältnis zu Kostümen sei ein ganz anderes. Tietz: "In München muss das Kostüm schön sein. In Köln nimmt man sich lieber selber auf den Arm, die Leute sind bereit, sich lächerlich zu machen."
Auch die Mentalität erwähnen die beiden immer wieder. "Der Kölner ist halt eine Frohnatur. Die Kölner Gesetze drücken das sehr gut aus", sagt sie und nennt Beispiele wie "Et hätt noch emmer joot jejange" oder "Et es wie et es".

Der große Unterschied zwischen Karneval und Fasching: Die Größe der Biergläser
Und noch eine Erklärung hat Splettstößer parat: "Mit einem Kölschkranz gibt man viel schneller netten Menschen mal eins ab. Mit einer Maß für 15 Euro macht man das weniger. Es liegt also schon alleine an der Glasgröße, dass der Rheinländer schneller ins Gespräch kommt", scherzt sie.
Seit der Gründung veranstaltet der Verein regelmäßig Partys ganz im Zeichen des Karnevals. "Es gibt Kölsch vom Fass, es läuft ausschließlich Kölner Musik. Letzten Samstag haben wir mit 600 Leuten sensationell gefeiert", sagt Tietz.
Warum schon vor Fasching? So sehr sie ihr Kölsches Gefühl durch den Verein und die Kölner Abende nach München geholt haben und auch den Fasching hier zu schätzen wissen: Für die beiden Frauen geht es – wenn irgend möglich – jedes Jahr zum Karneval nach Köln. "Karneval ist so viel mehr als Kölsch und Kostüme: Er ist integrativ, karitativ und einfach herzlich", schwärmt Tietz.
Karneval verbringen die Wahlmünchnerinnen in Köln
Am Münchner Fasching würden sie trotzdem nichts ändern. "Das sind einfach zwei kulturell unterschiedlich gewachsene Dinge", findet Splettstößer. Aber als Jeck könne man kaum anders, als nach Köln zu fahren, um auch als leidenschaftliche Wahlmünchnerinnen mal wieder ein bisschen echtes Karnevalsgefühl aufzusaugen.
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