Diese vier Münchner setzten sich für Menschen in größter Not ein
München - Elf Menschen nahmen am Freitag in der ersten Reihe des Maximiliansaals der Regierung von Oberbayern Platz. Männer, Frauen und Jugendliche. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie haben anderen Menschen in größter Not geholfen und dabei teilweise sogar ihr eigenes Leben riskiert.
Elf Menschen aus Oberbayern werden durch ihre Taten zu Helden – und erhalten eine Auszeichnung
"Hier sitzen Menschen, denen man nicht gleich ansieht, dass sie Helden sind“, sagte Regierungspräsident Konrad Schober, "es sind Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft. Jeder kann also jemand sein, der sich für das Gemeinwohl einsetzt.“
Er überreichte vier von ihnen die Urkunde "Öffentliche Anerkennung für eine Rettungstat“. Drei erhielten die Bayerische Rettungsmedaille, zwei das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt und zwei den Verdienstorden am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die AZ hat mit unseren Münchner Helden gesprochen.
Rettung aus dem Riemer Badesee

Im August 2022 ist Annette Scherf im Riemer Badesee schwimmen. Sie bemerkt, dass ein junger Mann sich nicht mehr über Wasser halten kann. Noch bevor sie ihn erreicht, geht der Mann unter. Ohne zu zögern taucht Scherf nach dem Mann. Sie findet ihn und kann ihn an die Wasseroberfläche ziehen.
Unter enormer Kraftanstrengung schafft Scherf es, den Mann an das 80 Meter entfernte Ufer zu bringen. Mit der Hilfe von dessen Bruder zieht sie ihn aus dem Wasser. Rettungskräfte bringen ihn ins Krankenhaus. "Leider habe ich ihn seitdem nicht wiedergesehen. Er wurde sehr schnell in die Klinik gebracht.“
Für ihren Einsatz bekam Annette Scherf am Freitag die Bayerische Rettungsmedaille verliehen. Ihr Handeln war nicht selbstverständlich, das verdeulicht ihre Erinnerung an den Tag: "Der ganze See war voller Menschen und kaum jemand hat es mitgekriegt. Es war nicht leicht, ihn herauszuziehen. Es hat mir am Ende sein Bruder geholfen, aber sonst keiner. Das macht auch traurig.“
Sie rät Menschen, die Ähnliches beobachten: "Man muss in so einer Situation handeln. Natürlich muss man auch auf sich achten, und schauen, wozu man in der Lage ist. Aber dieses bisschen Mut aufzubringen, ist wichtig.“ Die Rettungsmedaille macht sie stolz, stolzer als sie anfangs gedacht hätte. Durch die Verleihung konnte sie den Tag noch einmal Revue passieren lassen. "Ich bin im Nachhinein immer noch so froh, dass ich gehandelt habe, wie ich gehandelt habe“, sagte die Münchnerin am Freitag.
Lebensgefahr in der Isar-Strömung

Vor knapp vier Jahren, im Juli 2021, ist George Baron von Brockdorff in der Nähe der Marienklausenbrücke an der Isar. Er beobachtet, ein Mädchen in der Strömung; es scheint in Gefahr zu sein.
Beim Baden gerät die Neunjährige in eine starke Wasserwalze und kann sich nicht aus der lebensbedrohlichen Situation befreien. Der Münchner springt vom Ufer ins Wasser und erreicht das Mädchen kurz vor einer Betonmauer. Dann versucht er, mit ihr das Ufer zu erreichen.
Zwei Passanten helfen ihm und dem Mädchen mit einem Rettungsring auf die Betonmauer. Rettungskräfte bringen die beiden daraufhin ans Ufer und somit in Sicherheit. "Ich habe das Mädchen mit ihren Eltern nach dem Tag wieder getroffen. Die Eltern sind unglaublich froh, dass die Situation so ausgegangen ist“, sagte von Brockdorff am Freitag bei der Verleihung in der Maximilianstraße.
Für sein Handeln, bei dem er, ohne zu zögern auch sein eigenes Leben in Gefahr brachte, bekam er vom oberbayerischen Regierungspräsidenten die Bayerische Rettungsmedaille überreicht. "Rückblickend betrachtet finde ich es schwer, rational nachzuvollziehen, wie ich gehandelt habe. Das war einfach instinktiv“, sagte er.
Welchen Rat hat er für Menschen, die wie er mitbekommen, dass eine andere Person in Lebensgefahr gerät? "Wenn einem so etwas passiert, sollte man auf sein Bauchgefühl hören. Und es ist ganz wichtig, um Hilfe zu rufen“, so von Brockdorff. Er freue sich über die Medaille, aber "letztendlich geht es um den Menschen“. sw
Richter und Rettungsschwimmer

Flutkatastrophe im Ahrtal, Hochwasser in Dresden, G7-Gipfel in Elmau – kaum ein bedeutendes Ereignis, wo Prof. Dr. Harald Jatzke nicht vor Ort war. Der studierte Jurist und Richter am Bundesfinanzhof kam über seinen Vater zum Ehrenamt. Er ist langjähriges Mitglied der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die größte freiwillige Wasserrettungsorganisation Deutschlands.
Mit seiner in Berlin absolvierten Sanitäterausbildung ist Jatzke bestens gerüstet, um überall dort mit anzupacken, wo es gerade brennt. Für sein jahrzehntelanges Engagement in der DLRG wurde ihm der Verdienstorden am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Auch während seiner Tätigkeit als Richter nahm er sich immer wieder Zeit, um bei Krisen in den Einsatz zu gehen.
Das Ehrenamt bedeute ihm viel, besonders das Gemeinschaftserlebnis in der DLRG schätze er. "Die Dankbarkeit in den Augen der Bevölkerung ist mehr wert als jeder Orden“, so Jatzke. Das Ehrenamt sei für ihn eine "persönliche Bereicherung“. Ganz besonders gefalle ihm auch das Rettungsschwimmen selbst. Dort gebe es die einzigartige „Kombination aus Sporttreiben und Retten“, das gebe es so in keinem anderen Sport, erzählt Jatzke. Der Ausgezeichnete wohnt aktuell in München und sitzt im Vorstand der DLRG Bayern.
Medizingeräte für Lwiw

Um Krankenhäuser in der Westukraine zu unterstützen, gründete Dr. Ira Von-Nagy bereits 2005 einen eigenen Verein. In der Anfangszeit habe man vor allem medizinische Geräte gesammelt, die in Deutschland weggeschmissen wurden. "Die haben wir in LKWs runtergefahren“, erzählt Von-Nagy, die selbst Vorsitzende des Vereins ist.
Über die Jahre seien so Gerätschaften im Wert von etwa 140.000 Euro nach Lwiw im Westen der Ukraine gebracht worden, schätzt die Münchnerin. Mit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine veränderte sich die Lage: Medizinische Geräte wurden weiter gebraucht, aber die Vorlesungen, die Von-Nagy vor Ort gehalten hatte, konnte sie nicht mehr anbieten. Auch die Transporte wurden "immer komplizierter“.
Der ukrainische LKW-Fahrer, der die Geräte abgeholt hatte, sei nun eingezogen und aktuell an der Front, so Von-Nagy. Ihr persönlicher Einsatz geht ebenfalls weiter. Mit ein paar Leuten so etwas zustande zu bringen, sei "ein wunderschönes Gefühl“, erzählt die Ärztin.
Sie sammelt weiter Spenden und macht die medizinische Fortbildung der ukrainischen Kollegen online. Für ihr Engagement wurde sie mit dem Verdienstorden am Bande der Bundesrepublik ausgezeichnet. "Es macht einfach Spaß“, erzählt Von-Nagy, „wenn man die Dankbarkeit der Leute vor Ort spürt.“
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