Weßling: Knochenfunde in Baugrube
Ein Arbeiter findet in der Gemeinde Weßling die Überreste von zwei Menschen. Jetzt ermittelt die Polizei. Und der Ort rätselt. Pfarrer will Knochen würdig bestatten.
Weßling - Kleine Ein- und Mehrfamilienhäuser, Geschäfte, ein Aldi, eine Tankstelle, viel Grün und ein kleiner See – die 5168-Seelen-Gemeinde Weßling liegt idyllisch rund 25 Autominuten westlich von München. Gewaltverbrechen kennt man hier nur aus dem Fernsehen und der Zeitung.
Doch jetzt hat das Örtchen vermutlich einen Doppelmord aufzuklären. Bei Grabungen an einer Baustelle sind zwei skelettierte Leichen gefunden worden.
„Die Weßlinger Zeitgeschichte muss umgeschrieben werden – Mord im Dorf“, findet Chorleiterin Gertraud Reinke (62). Ihr Häuschen liegt direkt neben der Baustelle an der Hauptstraße. Gleich hinter ihrem Maschendrahtzaun ist eine riesige Baugrube.
Das Fundament für das Mehrfamilien- und Geschäftshaus steht schon. Mit einem Bagger baut ein Arbeiter am Freitag, gegen 16.30 Uhr, weiteres Erdmaterial an den Seiten der Baugrube ab. Plötzlich tauchen Knochen auf der Schaufel den Minibaggers auf. Sie liegen nur ein Meter tief in der Erde. Der Arbeiter stoppt sofort die Maschine.
Die Polizei wird alarmiert. „Da war was los“, sagt Rentner Ulrich Reinke (64), der gerade in seinem Garten Arbeiten am Zaun durchführt. Mehrere Polizeiautos, Kripo und die Feuerwehr treffen am Einsatzort ein.
Scheinwerfer werden in der Dämmerung aufgebaut. Die Grube hinten rechts ist ausgeleuchtet. Vorsichtig wird weiteres Erdmaterial abgekratzt.
Nach und nach kann die Polizei immer mehr Knochenmaterial ausgegraben. „Plötzlich stand einer von denen vor unserer Tür. Der brauchte schnell einen großen Karton. Für die Knochen, hat er gesagt“, erinnert sich Gertrud Reinke, die 1950 in Weßling, das Landkreis Starnberg liegt, geboren wurde.
„Genau da drüben ist mein Elternhaus. Das direkt an dem Knochenfundort angrenzt. Zu meiner Zeit ist hier niemand verschwunden oder umgebracht worden“, sagt Frau Reinke. Deshalb glauben sie und ihr Mann: „Das müssen sehr alte Knochen sein.“
Die Geschichte der kleinen Gemeinde reicht bis ins Jahr 15 vor Jesus Christus zurück, als die Römer über die Alpen nach Bayern zogen. Vergessene Gebeine auf einem ehemaligen Friedhof können es auch nicht sein.
Der katholische Geistliche Anton Brandstetter von der örtlichen Pfarrei Christkönig sagt: „An dieser Stelle gab es nie einen Friedhof.“ Die alte nicht mehr genutzte Kirche liegt an der anderen Uferseite am See. 1939 ist dann das neue Gotteshaus eingeweiht worden, das zwei Straßenzüge vom Fundort entfernt liegt.
Gerichtsmediziner müssen jetzt klären, wie alt die Knochen sind und welches Geschlecht die Toten hatten. Falls Spuren von Gewalt an den Knochen zu erkennen sind, ist von einem Verbrechen auszugehen.
Pfarrer Brandstetter sagt: „Wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind, werden wir einen würdigen Ort finden, um die Knochen zu bestatten.“
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