Wespen-Alarm!

Wespen – gerade laden sie sich wieder zu jedem Kaffeekränzchen und Grillabend ein. Tierexperten und Rettungskräfte verzeichnen Rekordzahlen: „Es ist heuer echt extrem“    
von  J. Lenders, T. Gautier
Die Wespe - ungeladener Gast, der immer kommt. Besonders Proteine und Süßes ziehen sie an.
Die Wespe - ungeladener Gast, der immer kommt. Besonders Proteine und Süßes ziehen sie an. © dpa

Wespen – gerade laden sie sich wieder zu jedem Kaffeekränzchen und Grillabend ein. Tierexperten und Rettungskräfte verzeichnen Rekordzahlen: „Es ist heuer echt extrem“

München - Rudolf Nützel hat es auch schon erwischt. Der Chef des Bund Naturschutz (BN) in München lief in diesem Jahr zwei Wespen über den Weg – oder besser: Er trat auf sie drauf. Und hatte flugs einen schmerzhaften Stich im Fuß. Auch beim Grillen oder beim Essen auf der Terrasse ist Nützel vorsichtig: „Sie sind heuer besonders lästig“, sagt der Tierfreund. „Beim Obst essen gehe ich mittlerweile lieber ins Haus.“

So geht es derzeit sehr vielen Münchnern: Ob beim Eis, Kuchen oder Wurstsalat – in diesem Sommer sind Wespen überall ein Stachel im Fleisch. Heuer schwirren besonders viele Wespen durch die Luft. Und sie stechen zu, jedenfalls die Weibchen, die einen Stachel haben. Beim BN-Umwelttelefon haben die Beschwerden und Nachfragen zum Thema Wespe deutlich zugenommen, meldet Nützel. „Es sind mehr Wespen als sonst unterwegs.“

In Zahlen: „Es sind locker über eine Million, vielleicht gar fünf oder zehn Millionen“ der gestreiften Insekten aus der Ordnung der Hautflügler derzeit im Stadtgebiet unterwegs. Das merkt auch Heinz Effenberger von der Münchner Wasserwacht. Er schätzt, dass die Zahl der Wespen-Attacken im Vergleich zum Vorjahr um etwa 20 Prozent gestiegen ist – und damit die Zahl der Stiche.

"Überwiegend sind Kinder betroffen“, sagt Effenberger. Oft sei es mit Kühlen und Fenistil-Creme nicht getan (siehe unten). „Viele sind allergisch.“ Insbesondere bei Stichen im Mundraum werde sofort der Notarzt alarmiert. In Franken starben vor kurzem drei Menschen durch einen Wespenstich. Auch der BRK-Rettungsdienst in Starnberg stellt „qualitativ einen Anstieg von anaphylaktischen Reaktionen fest.“ Der könne derzeit aber noch nicht statistisch belegt werden.

Manche leben recht gut von der schwarz-gelben Plage: Sebastian Manz von der „Pegasus Schädlingsbekämpfung München“ bietet einen Wespennotdienst an, und der ist in diesem Sommer sehr gefragt. „Dieses Jahr ist es echt extrem“, sagt er. Das feucht-warme Klima sei ideal für Wespen. „Wir haben 60 bis 70 Prozent mehr Einsätze.“ Vor allem vor den Ferien war Manz gut beschäftigt, da entfernte er täglich fünf bis sieben Nester im Raum München.

Auch jetzt, da viele im Urlaub sind, ist er jeden Tag im Einsatz. Die Tiere nisten sich zum Beispiel gerne in Rollo-Kästen ein. Dass es so viel mehr Wespen sind als sonst, liegt am Traumwetter im April. „Die Königinnen haben sich früh um die Staatenbildung gekümmert“, sagt Rudolf Nützel. Mehr Zeit zum Brüten – mehr Wespen. Doch nicht alle stürzen sich auf unser Essen: „Die einzigen, die darauf reagieren, sind die Gemeine und die Deutsche Wespe“, sagt Nützel.

Dumm nur, dass die auch am häufigsten vorkommen. Gemeine Wespen bilden Staaten von bis zu 10.000, die Deutschen Wespen von bis zu 7.000 Insekten. Dagegen verschmähen Hornissen, Grab-, Lehm- oder Feldwespen, die sonst noch in München vorkommen, unser Mittagessen. Bevorzugt stürzen sich die Wespen auf eiweiß- oder zuckerhaltige Speisen, also auf Fleisch und Obst.

Laut Nützel haben sie an ihren Antennen spezielle Sensoren, mit denen sie diese Nahrung orten. „Diese Wespen nehmen generell viel Proteine zu sich“, sagt Nützel. „Das macht sie gleichzeitig sehr nützlich für Menschen. Sie vertilgen nämlich auch Mücken und Fliegen, die sie zerkauen und als Nahrung an ihre Larven weitergeben.“ 

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