Werbekampagne soll Erzieher nach München locken

­Die Stadt sucht händeringend bundesweit nach Erziehern für die Kindertagesstätten.
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Kleinkinder in einer Münchner Kinderkrippe: Es fehlt an Erzieherinnen.
dpa Kleinkinder in einer Münchner Kinderkrippe: Es fehlt an Erzieherinnen.

MÜNCHEN - ­Die Stadt sucht händeringend bundesweit nach Erziehern für die Kindertagesstätten.

München steht vor einem Problem: Weil die Stadt ihr Betreuungsangebot für Kinder ausbauen soll, müssen bis 2013 mehr als 2000 neue Erzieher eingestellt werden. Mit dem Argument „schön, aber teuer“ bleiben indes die Pädagogen der bayerischen Metropole fern. „Auf dem Land hat man als Erzieher einfach mehr Geld“, erklärt Kathrin König von der Münchner Agentur für Arbeit. Dabei hat sich München zum Ziel gemacht, ein Versprechen der Großen Koalition einzulösen: Jedes Kleinkind solle von 2013 an Anspruch auf einen Betreuungsplatz bekommen. Doch die deutschlandweit gestiegene Nachfrage nach Erziehern, die dem Ruf aus Berlin gefolgt war, erhöht den Konkurrenzdruck auf München. „Wir tun eine Menge um die Vorteile der Stadt zu betonen“, sagte der Münchner Personalreferent Thomas Böhle. „Erzieher sollen Feuer fangen, in dieser Stadt zu leben und zu arbeiten“, sagte er mit Blick auf eine ungewöhnliche Werbekampagne.

Anzeigenkampagne

Sie soll ein Lockruf für unentschlossene Erzieher sein, die vom hohen Preisniveau der Stadt abgeschreckt werden. Seit November letzten Jahres macht München in einer bundesweit angelegten Kampagne Werbung in eigener Sache. Zunächst schaltete das Personalreferat mit einem Gesamtbudget von 250 000 Euro Anzeigen in Fachblättern, demnächst zieren Plakate mit lachenden Kindergesichtern fünf deutsche Großstädte. Münchens neuester Einfall aber setzt aufs Erleben ­ zu „Schnupperwochenenden“ lädt die Stadt nun Erzieher in die Landeshauptstadt ein.

Allerlei Vergünstigungen und Gutscheine für Museen und Fußballspiele sollen das Test-Wohnen versüßen. An Infoabenden lernen die Besucher außerdem die Münchner Vorteile kennen: unbefristete Arbeitsverträge, kleine Klassen mit 8 bis 12 Kindern pro Erzieher und eine monatliche Zulage von 105 Euro. Außerdem haben Teilnehmer der Kampagne Aussicht auf deutlich günstigere Wohnungen. „Die Bewerberzahl hat sich seit Beginn der Kampagne verdreifacht“, berichtete Böhle. Rund 100 Erzieher haben sich seit November bei Münchner Einrichtungen beworben.

Am Schnupperwochenende München erleben

Doch München gilt unter Erziehern nach wie vor als unbeliebt. Nicht ohne Grund. „Wir haben eine hohe Lebensqualität, die bezahlt werden muss“, erklärt Böhle. Aktuelle Studien machen München als Deutschlands teuerste Stadt aus. Dagegen verdient nach Angaben des Arbeitsamts eine 25-jährige verheiratete Erzieherin mit Kind monatlich rund 2200 Euro brutto. Mit durchschnittlich 12 Euro pro Quadratmeter, von denen das Personalreferat ausgeht, sind die Münchner Mietpreise etwa doppelt so hoch wie in Berlin. Zum leben bleibt also nicht viel übrig. „Das Gehalt ist überall gleich“, erklärt König. Daher können sich Erzieher in München nur einen niedrigeren Lebensstandard leisten als in anderen deutschen Städten. Dagegen hält Böhle die aktuellen Gehaltsgrenzen von Erziehern in Spitzenpositionen – bis zu 3800 Euro brutto beziehen sie an städtischen Einrichtungen in München.

„Hier herrscht im Moment wirklich ein Mangel an Erziehern“, heißt es im Münchner Arbeitsamt. „Man muss aber davon ausgehen, dass das Interesse an dem Beruf weiterhin gegeben ist“, sagte Böhle mit Blick auf die fünf Münchner Fachakademien. Die Bewerberzahl an der städtischen Akademie beispielsweise übertraf im vergangen Jahr die Anzahl der Plätze um das Fünffache. Daraufhin erhöhte die Akademie die Anzahl der Ausbildungsplätze. Laut Personalreferat ist auch die Einstellungsquote von Erziehern gestiegen. Im Jahr 2007 kamen 250 neue Erzieher in München hinzu, im Jahr darauf 300. Nun hofft die Stadt mit ihrer Kampagne auf rund 420 Neueinstellungen pro Jahr.

Angst vor dem Erziehernotstand

Hintergrund der Münchner Kampagne zur Gewinnung von Erziehern ist das Ende 2008 verabschiedete Kinderförderungsgesetz (KiföG) der Bundesregierung. Es sieht vor, die Zahl der Betreuungsplätze für die unter Vierjährigen bis Juli 2013 deutschlandweit auf rund 750 000 zu verdreifachen. Von den rund 12 Milliarden Euro, die der Ausbau kosten soll, übernimmt der Bund 4 Milliarden Euro. Die restlichen Kosten lasten auf Ländern und Kommunen. Mit dem Gesetz solle es in Zukunft leichter werden, Familie und Beruf zu vereinbaren, sagt Böhle.

Denise Donnebaum

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