Wer war der Vater des Märchenkönigs?
MÜNCHEN - König Max von Bayern litt an Syphilis und war wohl unfruchtbar. Vier Ersatz-Zeuger von Ludwig II. kommen in Frage - ein weiteres von vielen Rätseln um den Märchenkönig.
Legendär war König Ludwig II., der Kini, in jeder Hinsicht – bis heute ranken sich viele Mythen um Leben und Sterben des Märchenkönigs. Nach dem Tod von König Max II. bestieg Kronprinz Ludwig mit erst 18 Jahren den Thron. Doch schon mit seiner Geburt am 25. August 1845 in Schloss Nymphenburg begannen die Rätsel, denn viele fragten sich: Wer ist sein Vater?
In den bis vor kurzem noch unter Verschluss gehaltenen Memorabilien des Architekten Leo von Klenze, der zur engsten Umgebung von Ludwig I. und dessen Sohn Max II. zählte, ist die Vaterschaft von König Max II. in Frage gestellt. Klenze erwähnt den Hofarzt mit den Worten, „daß wohl alle Kinder des Königs (Ludwig I.) unfruchtbar bleiben würden“.
So geschehen bereits bei Sohn Otto, dessen Ehe als König von Griechenland kinderlos blieb, was den Fortbestand der griechischen Monarchie gefährdete. Von Sohn Max steht fest, dass er sich in seiner Jugendzeit „auf einer Kavalierstour ein verhängnisvolles Unterleibsleiden“ zugezogen hat – was nichts anderes heißt, als dass er sich mit Syphilis infiziert hatte und somit wohl unfruchtbar geworden ist.
Fortbestand der königlichen Linie in Gefahr
Wenn Max also keine Kinder zeugen konnte, war der Fortbestand der königlichen Linie gefährdet. Doch das musste um jeden Preis verhindert werden – sollte dies zum gezielten Seitenspung der Königin Marie Friederike von Preußen geführt haben, aus dem dann Ludwig II. hervorging? Und davon müssen alle im nahen Umfeld des königlichen Schlafzimmers gewusst haben.
Vier Kandidaten in der Nähe der königlichen Familie kommen in Frage: Seit 1848 sind monatliche Zahlungen an das „Nordlicht“ Wilhelm von Doenniges von 1000 Gulden aktenkundig: „An H.R. Doenniges für geheime Zwecke“. Max und Doenniges kannten sich aus ihrer gemeinsamen Studentenzeit und von „Kavalierstouren“ in Göttingen.
Dann gibt es noch den Kammerdiener Tambosi, über den sagte Max zu Klenze: „Ich weiß sehr wohl, daß Tambosi der schlechteste Kerl in meinem Staate ist, aber ich kann ihn gar zu gut gebrauchen.“ Ein zweiter Kammerdiener wird laut Klenze von einem „unbekannten Wilderer“ erschossen. Von ihm hatte Klenze kurz davor „Mittheilungen über die Ursache der Kränklichkeit des Königs“ erfahren, und er schreibt weiter: „Ich will diese Details hier nicht wiederholen.“
Hauptmann 1. Klasse Ludwig von der Tann
Doenniges bekam Schweigeld, Tambosi war ein schlechter, aber doch brauchbarer Kerl und ein plaudernder Kammerdiener wurde erschossen. Wussten sie zuviel über den Hauptmann 1. Klasse Ludwig von der Tann? Auch er war ein enger Jugendfreund von König Max II., der sich im Frühjahr 1844 als 29-Jähriger wegen einer Münchner Studentin erfolgreich auf Pistole duellierte, dafür nicht belangt oder bestraft wurde und der wenige Wochen später als persönlicher Adjudant des Königs berufen wurde.
12 Monate danach wurde Kronprinz Ludwig, der Märchenkönig geboren. Klenze vermerkte in seinen Aufzeichnungen „Der König ist erpressbar“ und Egon Caesar Conte Corti schrieb, dass von der Tann eine „lange und innige Freundschaft bis zum Tod“ mit Max II. verband. Wenn also Max nicht der Vater war, so beibt im Grunde nur einer als möglicher Erzeuger übrig: Ludwig von der Tann.
Heinz Gebhardt
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- Ludwig II. (Bayern)