Wenn Münchens Mief bleibt, muss Bayern blechen

Um "wirksamere Maßnahmen" gegen Luftverpestung muss sich der Freistaat laut Gericht jetzt wirklich kümmern – wie genau, bleibt dunstig.
von  Anja Perkuhn

München - Die Umweltschützer reden vom großen Sieg gegen die Luftverpester, die Auto-Lobbyisten schimpfen, weil sie die Mobilität in Gefahr sehen: Das Verwaltungsgericht München hat am Mittwoch die bayerische Staatsregierung verpflichtet, wirksamere Maßnahmen als bisher zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid in der Landeshauptstadt zu ergreifen. Konkret geht es um nicht eingehaltene Grenzwerte an Stachus und Landshuter Allee.

Von einem kompletten Diesel-Verbot ist schon die Rede

Das Gericht bestätigt damit im Wesentlichen sein Urteil von 2012: Damals wurde Bayern nach einer Klage der Deutschen Umwelt-Hilfe (DUH) zu einschneidenderen Maßnahmen verpflichtet, als bislang im Luftreinhalteplan enthalten. Grünen-Stadträtin Sabine Nallinger begrüßte das Urteil als "notwendige Korrektur des offenkundigen Unwillens der politische Verantwortlichen des Freistaats und der Stadt, tatsächlich wirksame Maßnahmen zur Senkung der Schadstoffbelastung zu ergreifen".

Welche konkreten Maßnahmen der Freistaat ergreifen muss, legte das Gericht nicht fest. Vom kompletten Diesel-Verbot in der Innenstadt redeten da jetzt schon einige – wie DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Der erklärte nach dem Urteil, Käufer von Neuwagen sollten jetzt auf gar keinen Fall Diesel-Autos erwerben, da auch Euro 6 Diesel 20-50 Mal höhere Stickoxid-Emissionen hätten als moderne Benziner.

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Diese und andere mögliche Vorgehen, derart regulierend in den Verkehr einzugreifen, lehnen Auto-Lobbyisten erwartungsgemäß ab: "Das sind massive Einschränkungen der Mobilität", sagte Michael Haberland von "Mobil in Deutschland". Damit verschlimmere man die Immissionen.

Zumindest das Diesel-Verbot wird wohl nicht allzu schnell kommen. Das Bayerische Umweltministerium teilte mit: "Die Staatsregierung sieht pauschale Einfahrverbote für Dieselfahrzeuge in bayerischen Innenstädte nicht als Lösung an und lehnt diese ab."

"Der Ball liegt im Feld des Freistaats", heißt es aus dem Umweltreferat

Die lokale Politik hält sich zum Thema bedeckt: Umweltreferentin Stephanie Jacobs erklärte, es sei zuerst der Freistaat als Beklagter gefragt. Maßnahmen wie eine City-Maut oder Blaue Plakette bedürften einer Rechtsgrundlage, die nur der Freistaat oder Bund schaffen kann. "Aus meiner Sicht liegt der Ball nun nach wie vor im Spielfeld des Freistaats", sagt Jacobs.

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Die finanzielle Strafe bei Nicht-Einhaltung wird übrigens nicht allzu sehr wehtun: 10.000 Euro Zwangsgeld muss der Freistaat dann zahlen – Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verdient in einem Monat mehr an Grundbesoldung.

Mögliche Maßnahmen

Blaue Plakette

Die Blaue Plakette – oder Euro 6-Plakette – sollen nur Fahrzeuge bekommen, die wenig Stickoxide ausstoßen. Kommunen und Städte können selbst festlegen, wo in bereits bestehenden Umweltzonen eine eventuell engere, blaue Zone hinzukommt. Unter anderem die DUH und die Bayerische Staatsregierung gehen davon aus, dass dadurch vielen Dieselfahrzeugen ein grundsätzliches Innenstadt-Verbot droht.

City Maut

Die Innenstadtmaut oder City-Maut ist eine Erhebung von Gebühren für die Nutzung innerstädtischer Straßen. In einigen europäischen Städten gibt es die City-Maut, in Deutschland setzte sich das Prinzip der Umweltzonen durch.

Autofreie Innenstadt

Vorreiter ist die norwegische Hauptstadt Oslo. Dort hat der Stadtrat im Oktober 2015 beschlossen, die Innenstadt bis zum Jahr 2019 komplett für Autos sperren zu wollen. Andere Städte wie etwa Brüssel wollen zumindest Teile der Stadt autofrei werden lassen, zunächst aber nur testweise.

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